Behinderung, Gedanken, Kuddelmuddel

Bleiben Sie gesund!

Wenn man es doch nur selbst in der Hand hätte – in diesen Tagen, in der, zwar abklingenden, Pandemiezeit, gesund zu bleiben. Es hängt doch von so vielen Faktoren ab und ist eigentlich wahre Glückssache! Der gleiche dumme Spruch, den ich immer höre, ist: Pass auf dich auf! Natürlich passe ich auf mich auf. Das ist selbstverständlich. Vielmehr wünschte ich mir, jemand anderes würde auch zusätzlich auf mich aufpassen. Zu dem, wie ich auf meine Junioren aufpasse!

Neben mir liegt das Buch von Gabriele von Arnim: Das Leben ist ein vorübergehender Zustand. Ich bin in der Lektüre noch nicht weit gekommen, müsste ich, wenn ich all das anstreichen sollte, was mich innerlich sehr berührt jedes Wort unterstreichen. Sie schreibt von einer diffusen Angst, die nicht zu benennen ist. »Es« — das war der ständige Angstschmerz, der sich wie eine wässrige Lösung in den ganzen Körper ergoss. Zehn Jahre lang sitzt die Angst mit am Tisch — oder ihre kleinen Cousinen Unruhe, Sorge, Bangigkeit sitzen neben mir auf dem Sofa [_] Ja, so ist es, denke ich, lege das Buch an die Seite und kann nicht benennen, was mich umtreibt. Dann höre ich draußen auf der Straße Stimmen und wünsche mir nichts sehnlicher, als dass diese Menschen sehen, was ich mache und vielleicht nicht wegsehen, wenn in ihrem Umfeld jemand Hilfe braucht. Ein Essen vielleicht. Oder einfach nur da sein – für den Pflegenden, nicht nur für den zu Pflegenden. Bleiben Sie gesund, klingt da manchmal wie Hohn.

Wie so oft, wenn ich schreibe, verlässt mich hier wieder der Mut schonungs- und emotionslos über meine Situation zu berichten – kann doch niemand, der nicht in einer ähnlichen steckt, auch nur ansatzweise nachvollziehen, wie belastend oder auch nicht, die Aufgabe ist. Mag sein, dass mein Töchting gerade ins Bett pinkelt – sie wollte nicht aufstehen und das respektiere ich. Sie jetzt aufs Klo setzen zu wollen, fordert mir mehr Kraft ab, als später das Bett neu zu beziehen. Oder, wenn der Kerle mal wieder nichts isst, dann muss ich sehr abwägen, ob ich ihn dränge oder lasse. Es könnte sein, dass ich dann an zwei Fronten kämpfen müsste. Meine Kraft ist begrenzt, da muss ich haushalten und dennoch habe ich es nicht selbst in der Hand gesund zu bleiben. Auch kann ich nur bedingt auf mich aufpassen, denn ich habe Verantwortung.

Bedenkt bitte nächstes Mal, wenn ihr etwas so dahinsagt – ich nenne es Phrasen dreschen – was ihr sagt und überlegt vielleicht einmal, wie so etwas bei euch ankommen würde.

Dankeschön!

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Nachtrag um 9:10 Uhr: Irgendwie ist es doch schön, wenn ich Kommentare bekomme – wird doch der Beitrag gelesen. Offensichtlich feindliche Kommentare werde ich aber dennoch – wenn’s mir auch in den Fingern juckt – nicht freischalten!

Veröffentlicht von piri

In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ☀️ ❤️ Viel lieber als Likes, sind mir Kommentare herzlich willkommen.

5 Gedanken zu „Bleiben Sie gesund!“

  1. isa sagt:

    Bleib gesund wird ja derzeit allgemein als Höflichkeitsformel genutzt so wie „schönen Tag noch“ und „Dankeschön“. Man nennt es auch gute Manieren. Es ist nicht immer passend, aber auch nicht negativ gemeint. Wenn ich sage bleib gesund, dann sage ich es nicht als Phrase sondern meine und wünsche ich das auch. Ich benutze es auch als Höflichkeitsformel. Ebenso schreibe ich „mit freundlichen Grüßen“ am Ende von Briefen. Wie das bei jemanden ankommt hängt von seiner inneren Einstellung und Laune ab. Insofern habe ich alles bedacht. Gesundheit ist das, was ich dir am meisten wünsche, denn sie ist existenziell wichtig für dich, bei allem was du zu leisten hast. Genauso wünsche ich dir seelische Gesundheit und damit Wege aus Sackgassen :-)

  2. isa sagt:

    Mein Kommetar ist gerade mal weg… Oder?

    1. piri sagt:

      Nein, ich muss ihn nur freischalten.

  3. christine b sagt:

    jetzt in coronazeiten hat man mir oft persönlich oder über internet gewünscht, dass ich gesund bleiben möge.
    wenn das so leicht ginge!
    aber ich nehme diese floskel als freundschaftlichen, lieben wunsch für mich an und weiß, sie meinen es gut und wünschen mir das beste. das finde ich auch ganz schön.

    1. piri sagt:

      So wird sie auch gemeint sein — nur Autisten nehmen eben das Gesagte wortwörtlich und wenn ich es so sehe, habe ich es nicht in der Hand! Ich weiß inzwischen, dass es liebgemeint ist.

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