Alltag, Behinderung, Gedanken

Hallo, ist jemand Zuhause?

So eine Frage gibts hier nicht. Wir wohnen zwar auf dem Dorf, aber es kommt außerordentlich selten bis gar nicht vor, dass jemand kommt und: „Hallo, ist jemand Zuhause?“ fragt! Im Grunde sind wir auch hier sehr isoliert. Sehr viele Menschen kennen die Junioren vom sehen, nur werden beide nicht angesprochen. Ich würde mich so freuen wenn einfach mal jemand vorbeikommt, ein bisschen bleibt, mit uns redet oder spielt etc. – Dorfnormalität eben. So wie es in der Nachbarschaft fast täglich passiert. Wir beißen nicht und Behinderung ist auch nicht ansteckend. Gerade heute bin ich darüber wieder sehr traurig!

16:19 – heute einmal wieder ein Fortsetzungsbeitrag: Dem Töchting muss ich jeden Bissen in den Mund reden. Dafür hat der Kerle ein Winzigschälchen Erdbeeren gegessen und kommentiert nun Bundesligaspiele. Er liegt auf seinem Gartenkissen und scheinbar geht’s im gut. Wenn er denn wenigstens noch etwas anderes essen würde?

Gerade in diesen Momenten vermisse ich MamS so sehr – auch nach über zehn Jahren. Wir könnten uns die Aufgaben teilen. So springe ich hin und her. Motiviere meine Tochter und den Sohn und merke einmal wieder, wie unterschiedlich sie doch ticken!

17:26 – noch viel zu schön, um rein zu gehen. Deswegen wird das Tablett auch draußen aufgeladen.

Abendbrotpizza um 18:58 – und ich habe mir wieder ein Brandbläschen eingefangen!

 

Beim Kerle funktioniert essen manchmal mit Tablett vor der Nase!

Behinderung, Bücher, Familie, Gedanken

jetzt ist die Sonne weg

Bis vor fünf Minuten war die Sonne da. Mit ihr mein schlechtes Gewissen, weil ich nicht alleine mit den Junioren spazieren gehen wollte.

Der Juniorensamstag ist formidable – ihnen gehts prächtig. Ich habe vorgelesen und lese nun abwechselnd Mascharoman und Sachbuch über AD(H)S und Aspergerautismus. Fasziniert mich beides! Berührt mich, regt mich an und auch auf. Mir öffnet beides die Augen. Ich schreibe, streiche durch, verdichte und rekapituliere …

Ein vertontes Gedicht von Mascha Kaléko

… und jetzt ist erst mal Ende Gelände!

Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

Langeweile

Schmuddelwetter am zweiten Weihnachtsfeiertag. Es regnet sich ein. Mir ist langweilig! Dabei hätte ich genug zu tun. Aufräumen, ein bisschen putzen – die Plätzchenkrümel und Schokoladensplitter – ich könnte auch einfach Wiederholungen im Fernseher angucken und diese neu entdecken. Aber ich lauere. Lauere darauf, dass mein Töchting ruft und aufs Klo will. Lauere, dass der Kerle vielleicht doch kotzt – er hat schon mehrmals besorgniserregend gehustet: „Mama nein, ich werde das nicht tun!“ Nur gewiss ist das nicht. Weiß ich, wie sein Magen reagiert. Er hat in letzter Zeit so viel gegessen, das ist verdächtig. Dünn und klein wird er bleiben, aber wenigstens stabil sollte das Gewicht sein! Wir haben keine Personenwaage, aber mehr als dreizehn Kilo bringt er sowieso nicht drauf. Es ist müßig sich übers Gewicht zu definieren!

Mir ist langweilig! Obwohl langweilig darf ich gar nicht sagen, ich habe genug zu tun. Nur das was ich gerne möchte, nämlich mich in mein Bett zu legen – mit einem Schmöker – das kann ich nicht. Hab immer ein Ohr und ein Auge bei den Junioren. Keiner, von denen, kann allein auf Klo oder sich was zu essen machen. Beide kommen nicht an den Kühlschrank, das Töchting vielleicht dann, wenn ich sie vorher auf den Rollstuhl gesetzt habe. Aber auch nur einen Kakao kann sie sich nicht selbst machen. Der Kerle würde auch auf dem Rolli sitzend, die Kühlschranktür nicht aufbekommen. Mir ist in soweit langweilig, dass mir eine Gesprächspartnerin fehlt. Es ist, bei allen Geräuschen, so still hier. Natürlich reden wir miteinander. Aber mir fehlt der Austausch auf Augenhöhe. Weihnachten gibts keine Helfer*innen, Weihnachten ist das Fest der Familien…

Heute Nachmittag gehen wir ins Kino!