Mal wieder ein geklauter Titel und ein gestohlenes Thema!
Nichts möchte ich machen, einmal gar nichts. Nicht Betten waschen, weil sie nass sind. Nicht die Waschmaschine mehrmals ein- und ausräumen, den Trockner füllen oder den Wäscheständer. Mag nicht ständig Angst haben, wenn der Kerle wieder hustet und das Töchting im Rollstuhl hin und herwackelt, weil sie aufs Klo muss, aber nicht geht. Möchte kein Geschirr von sonst wo holen und in den Spüler stellen. Habe keine Lust auf Saharastaub überall und festgefahrenen Dreck im Teppich. Möchte mir nicht Gedanken machen, was die Junioren essen können und ob sie das auch mögen. Mag keine unverhofften Telefonanrufe, in denen mir zum Beispiel gesagt wird, dass Carsten gekotzt hat. Will nicht die unterschwellige Botschaft hören, dass ich ihn abholen soll. Warte stattdessen auf einen Anruf, der nicht kommt und traue mich nicht nachzufragen. Möchte auch nicht hören, dass ich doch bloß fragen muss. Wenn ich mich aber nicht traue? Möchte die Spinnweben nicht sehen und das Schokoladenosterpapier aus den Bettritzen kratzen. Die Waschmaschine piept schon wieder. Wenn der Garten es könnte, würde er es auch mit großem Getöse tun. Im Bad liegt ein Handtuch im Waschbecken, das andere ebenso nass vor der Badewanne. Ich täte gerne streiken! Mein Bauch tut weh, Carstens Windel war okay. Jedenfalls hat der Anrufer nicht auch noch etwas von Blut dort erzählt. Der Kaffee – ihr ahnt es – ist kalt. Gebt mir eine Decke, eine große, ich möchte mich verkriechen.
… und ich möchte endlich jemanden haben, mit dem ich reden kann, ohne dass mir derjenige den Rat gibt, es doch Schritt vor Schritt anzugehen. Das weiß ich alles. Ich möchte jemanden, der es mir nicht nur sagt, sondern mit mir zusammen macht, ohne es zu tun. Überforderungsgefühle sind auch so ein Aspergerdings. Wenn ich nachdenke, weiß ich, dass ich das packe. Aber jetzt sehe ich erst einmal nur den Berg und der scheint von Tag zu Tag zu wachsen. Am Nachmittag kommt eine Bekannte, hat sie vor 2Wochen gesagt. Aber sie vergisst oft in ihren Kalender zu gucken. Ich bräuchte nur nachfragen… Ach, hatten wir das nicht schon mal? Möchte mich nicht um alles kümmern. Will nicht immer da sein. Mag nicht allzeit bereit sein.
Möchte. Einfach. Mal. Nichts. Tun. Müssen.
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Wie mir geht es vielen Müttern von behinderten Kinder, geht es vielen pflegenden Angehörigen. Ich bin zusätzlich selber behindert, denn Im Autismus-Spektrum zu sein, empfinde ich als solche. Ich werde alleine gelassen. Selbsthilfegruppen finden abends statt und im Aspergerfall gibt es kaum alte Autisten, die sich austauschen können/wollen.
Gerel sagt:
Auch ohne alle deine Pflichten zu haben, ist dies Selbst-versorgen-müssen desöfteren eine Qual.
Liebe Grüße von Gerel
piri sagt:
Ich denke auch mit zunehmenden Alter wird es beschwerlicher. Auch wenn man, wie du ja es auch bist, alleine ist.
Frau Frogg sagt:
Du hast ja aber auch einen sehr anspruchsvollen und arbeitsreichen Alltag und viel Verantwortung. Kein Wunder, dass Du Dir mal Ruhe wünschst.
C Stern sagt:
Du schreibst mir mit Deiner Schilderung aus der Seele! Es sagt sich so leicht dahin, das „Auf-Sich-Selbst-Achten“. Es braucht auch die Möglichkeit dazu …
Im Moment hebe ich nicht ab, wenn ich eine bestimmte Telefonnummer sehe. Die sehe ich mindestens zwei Mal täglich. Ein Anruf bedeutet immer einen Auftrag, etwas zu besorgen. Und die Frage, wann ich endlich wieder vorbeikomme. Dabei ist alles Notwendige mehr als reichlich vorhanden.
Ich mache alles dann, wenn ich bereit dazu bin. Jedes Mal ist so ein Besuch bei meinem Vater sehr aufwühlend. Ich möchte einfach nicht mehr müssen. Er ist bestens umsorgt, ich habe genug andere Verpflichtungen.
Ganz liebe Grüße zu Dir, liebe piri!