Gedanken, Gedicht

den Tag beschwören

Jetzt geht sie aus, die Kaffeemaschine – jetzt, da ich noch einen Crema trinken wollte!
Jetzt wacht sie auf, die Herzenssonne – jetzt, da ich traurig und verzagt bin.
Jetzt singt sie, die kleine Frau im Zimmer – jetzt, da die Glocke vom Hügel schallt.
Jetzt kitzelt mich Kakaogeruch – jetzt lacht’s im ganzen Haus.

© petra ulbrich

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Guten Morgen, es ist Sonntag. Der Kerle guckt bedröppelt, zieht die Decke übers Gesicht und ich höre ihn verschmitzt kichern.

Gedicht

noch einmal Rilke

Berühre ruhig mit dem Zauberstabe
das Ungenaue, das du um mich scharst,
und du wirst wieder wissen, wie du Knabe
und in der Dinge Freundschaft warst.

Berühre nochmals, und es wird sich zeigen,
daß dich die Liebende empfing,
weil aller Glanz, den Himmlische verschweigen,
aus deinem Neigen in sie überging.

Ein drittes Mal berühr, um zu erfahren,
daß Macht sich giebt und sich entzieht,
und nun sei rein in deinem Offenbaren
und sage dienend, was geschieht.

Rainer Maria Rilke

Gedicht

Jakob

Jakob war der Büffel seiner Herde.
Wenn er stampfte mit den Hufen
Sprühte unter ihm die Erde.

Brüllend ließ er die gescheckten Brüder,
Rannte in den Urwald an die Flüsse,
Stillte dort das Blut der Affenbisse.

Durch die müden Schmerzen in den Knöcheln
Sank er vor dem Himmel fiebernd nieder
Und sein Ochsgesicht erschuf das Lächeln.

Else Lasker-Schüler

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Jakob, ist eines meiner Lieblingsgedichte. Dieses Ochsenlächeln ist tröstlich. Wenn sogar das Rindvieh anfängt zu lächeln, ist die Welt noch nicht verloren.