Behinderung, Junioren

hypothetische Frage

Was ist besser, die eigene Blasenentzündung oder die vom Töchting? Ich plädiere da eher zur eigenen – macht lange nicht so viel Stress und Arbeit!

Dabei ist morgen sowieso betreuungsfreier Tag in der Werkstatt und ich habe noch nichts eingekauft. Wird lustig. Vor allem, eine logistische Herausforderung!

Nachtrag 9:30 Uhr: Ich bin traurig und erschöpft. Dem Kerle geht es gerade wieder halbwegs gut, da tut sich eine neue Baustelle auf. Manchmal möchte ich auswandern …

Alltag, Behinderung, Bücher, Familie, Gedanken, Junioren

morgens still

Ich bin nur kurz Zeitung holen, die Morgenluft ist kalt. Meine bloßen Füße frieren und ich zittere. Am Esstisch schlage ich die Seiten auf, übersehe wohlweislich die ersten politischen Seiten. Ich mag mich nicht erschlagen lassen von dem ganzen Elend.

Zehn Minuten später ruft mein Töchting nach mir – ich bin noch nicht mit dem Kaffee fertig – sie muss aufs Klo. Sie lässt sich überreden und legt sich dann doch noch mal ins Bett. Der Kerle pennt eh noch. Wir sind heute alleine. Es wird ein Vorlesetag. Für den Sohn gibts: Über die Grenze von Maja Lunde – ein Buch über Flucht aus Norwegen nach Schweden im Jahr 1942. Sehr aktuell, sehr emotional. Mein Töchting liebt zur Zeit Fantasiegeschichten mit Hexen, wilden Kerlen und Kauderwelsch.

Wieder zehn Minuten später ruft der Kerle, dass er Durst hat. Aufstehen will er nicht. Wie ich denn darauf käme, es sei doch schließlich Samstag. Und außerdem solle ich mich auch wieder hinlegen, ich sähe müde aus. Wie er das aus dem Blickwinkel seiner Sandmannaugen sehen kann!

Zwei Minuten später. Das Töchting singt und ist hellwach. Ich decke sie noch etwas zu. Sag ihr, dass um kurz nach sieben am Wochenende ihre Freunde noch schlafen. Geglaubt hat’s sie es sicherlich nicht. Aber leiser sind die Lieder.

Mein Kaffee ist kalt. Die Zeitung zerfleddert. Ein Gedicht geschrieben. Meine nackten Füße immer noch verfroren. Das Gedankenkarussell in Gang gebracht.

In zehn Minuten bestücke ich die PEG. Pragmatisch beginnt der Tag.

Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

Langeweile

Schmuddelwetter am zweiten Weihnachtsfeiertag. Es regnet sich ein. Mir ist langweilig! Dabei hätte ich genug zu tun. Aufräumen, ein bisschen putzen – die Plätzchenkrümel und Schokoladensplitter – ich könnte auch einfach Wiederholungen im Fernseher angucken und diese neu entdecken. Aber ich lauere. Lauere darauf, dass mein Töchting ruft und aufs Klo will. Lauere, dass der Kerle vielleicht doch kotzt – er hat schon mehrmals besorgniserregend gehustet: „Mama nein, ich werde das nicht tun!“ Nur gewiss ist das nicht. Weiß ich, wie sein Magen reagiert. Er hat in letzter Zeit so viel gegessen, das ist verdächtig. Dünn und klein wird er bleiben, aber wenigstens stabil sollte das Gewicht sein! Wir haben keine Personenwaage, aber mehr als dreizehn Kilo bringt er sowieso nicht drauf. Es ist müßig sich übers Gewicht zu definieren!

Mir ist langweilig! Obwohl langweilig darf ich gar nicht sagen, ich habe genug zu tun. Nur das was ich gerne möchte, nämlich mich in mein Bett zu legen – mit einem Schmöker – das kann ich nicht. Hab immer ein Ohr und ein Auge bei den Junioren. Keiner, von denen, kann allein auf Klo oder sich was zu essen machen. Beide kommen nicht an den Kühlschrank, das Töchting vielleicht dann, wenn ich sie vorher auf den Rollstuhl gesetzt habe. Aber auch nur einen Kakao kann sie sich nicht selbst machen. Der Kerle würde auch auf dem Rolli sitzend, die Kühlschranktür nicht aufbekommen. Mir ist in soweit langweilig, dass mir eine Gesprächspartnerin fehlt. Es ist, bei allen Geräuschen, so still hier. Natürlich reden wir miteinander. Aber mir fehlt der Austausch auf Augenhöhe. Weihnachten gibts keine Helfer*innen, Weihnachten ist das Fest der Familien…

Heute Nachmittag gehen wir ins Kino!