Hat unsere ganze Generation einen Knacks? So kommt es mir vor, wenn ich im Internet Blogs lese. Wir sind keine Kriegskinder und dennoch hat uns der Krieg immer begleitet. Unsere Väter waren Soldaten und haben Schlimmes erlebt. Unsere Mütter jung im Krieg und auch sie hatten Traumata, die sie nicht losgelassen haben. Ich habe gelernt, dass sich Traumata vererben können, dass diese solange an die Oberfläche gespült werden, bis sie verarbeitet sind. Nicht nur gelernt, sondern auch schmerzlich erfahren habe ich das. Generation nach Generation durchlebt in abgewandelter Form, die schicksalhaften Begegnungen der Vorfahren.
Erwartet von mir keine wissenschaftliche Abhandlung, ich schreibe emotional und so kann ich vieles, was meine Mutter mir angetan hat verstehen. Aber, dass mein Sohn fast jede Nacht schreit, wie es sein Großvati fast jede Nacht getan hat, das beängstig mich. Carsten wird überfallen, sagt er und er wird entführt und ist gefangen. Er will da raus und kann nicht. Mein Vater war einer der letzten Kriegsgefangenen, die aus Sibirien heimkamen. Nie hat er was erzählt und dennoch wussten wir alle von seinem Leid. Zeit seines Lebens war er unstetig, immer auf dem Sprung – quasi auf der Flucht. Nichts war fertig bei ihm, alles konnte er, meinte er. Anerkennung dafür hat er vergebens gesucht. Da sind die Schnittmengen mit mir, nur ist es bei mir so, dass ich denke nichts wirklich zu können.
Mein Großonkel war blind, ein armer Mann, der ein Zimmerchen hatte, das wir nötig hatten, denn wir wohnten zu siebt in zwei Zimmern. Dieser Onkel hat mich oft auf seinen Schoß gesetzt, aber ich wollte das nicht. Mit ein bisschen Fantasie könnt ihr euch vorstellen, was passiert ist. Jetzt hängt dessen Regulator bei mir im Wohnzimmer und meine Hassliebe ist dieser Uhr sicher.
Kuddelmuddelgedankenchaos