Gedanken, Musik

Edith Piaf

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Mein Ohrwurm für heute!

Die Putzhilfe war das zweite Mal da. Ich habe gelitten. Sie putzt okay, hat ein bisschen ihre eigene Ordnung, aber das ist es nicht. Eine fremde Person, mit der ich mich nicht unterhalten kann, weil ihr deutsch sehr rudimentär ist – eine fremde Frau in unseren Privaträumen stresst mich allein durch ihre Anwesenheit. Nach einer Stunde habe ich gedacht: Kann sie denn nicht endlich mal wieder gehen! Das sind typische Gedanken von jemanden, der im Autismus-Spektrum unterwegs ist. Außerdem komme ich mir ausbeuterisch vor – ich lasse jemanden unseren Dreck wegputzen. Eigentlich fühle ich mich bemüßigt ihr zu helfen… Aus dem Haus mag ich auch nicht, sie kennt sich noch nicht aus und fragt mich immer wieder wo was an Putzmitteln ist und etwas hingehört.

Jetzt ist sie weg und ich spüre, dass so ganz langsam meine Anspannung weicht. Könnt ihr das verstehen? Oder ist das ein typisches Asperger-Ding?

Alltag, Behinderung

zehn Minuten noch

„Mama, bitte noch 10 Minuten!“ Es ist kurz vor sieben Uhr und eigentlich sollte der Kerle baden. Ich lasse ihn liegen. So kann er noch etwas länger schlafen. Das bringt zwar meinen gesamten Ablauf durcheinander, schafft aber zufriedene Menschen. Währenddessen hat sich mein Töchting ihr T-Shirt ausgezogen und bibbert: „Das Fenster ist auf, es ist kalt!“ Ich trage sie ins warme Bad und setze sie aufs Klo. Heute scheint die Toilette gewachsen zu sein, denn sie fällt fast rein. Auch sitzt sie völlig schief, klagt über Hüftschmerzen und weint bitterlich, als ich sie korrigiere. Also schnell anziehen und auf den sicheren Rollstuhl setzen. – Zwischennotiz: es fällt mir gerade ein, dass ich beiden ihre THC-Tropfen nicht gegeben habe. – Als sie endlich auf dem Rolli saß, lachte sie auch schon wieder! 

Des Kerles 10 Minuten waren vorbei und ich schnappte ihn mir, um ihn anzuziehen und zu wickeln. „Och Mama, die Hose mag ich nicht. Gibts keine andre?“ Na klar gibts eine andere. Das war das Stichwort für Wiebke: „Mama guck mal, ich hab mich vollgeschmiert.“ Sehr genüsslich zeigt sie mir ihr verstecktes T-Shirt, das einen kleinen Kakaofleck hat. Ich zeige ihr den Vogel und ziehe den Hoodie runter.

Zum Frühstücken bleibt nicht viel Zeit, Kakao trinken und das Vesper einpacken. Der Kerle verirrt sich schon wieder in den Weiten des Weltalls und muss Galaxien retten. Das Töchting guckt aus dem Esszimmerfenster und beobachtet sehr genau, was und wer vorbeiläuft. Als der Werkstattbus endlich vor der Einfahrt steht und der Busfahren nicht sofort ins Haus kommt und stattdessen mit dem hilfsbereiten Nachbarn noch ein Schwätzchen hält, wird sie unruhig – es passt nicht in ihren Plan, dass J. nicht sofort zur Haustür kommt. Das bekommt er auch sofort zu hören! Er lacht es weg, der Mann ist einfach klasse. Aber dann muss noch das Bilderbuch mit und Carsten braucht ein bestimmtes Spielzeugauto und die Trinkflasche ist nicht bruchsicher verpackt und den Anorak will sie dann doch lieber daheim lassen …

 

 

Behinderung, Gedanken, Kuddelmuddel

was Schönes

Das muss ich erzählen! Ich habe zwar großes Lehrgeld bezahlt und so richtig konnte mir die nette Frau auch nicht helfen, weil ich im Vorfeld eine ganze Menge verbockt habe, aber diese Gesprächspartnerin konnte mich voll umfassend verstehen. Das alles, weil ich meinen Mut zusammengenommen und mich als Mensch im Autismusspektrum geoutet habe. Sie ist nämlich selber Asperger-Autistin und so konnte ich endlich mal so reden, wie mir auch tatsächlich zumute war. 

Zuhause habe ich mich hingesetzt und noch einmal gründlich nachgedacht, meine zweitbeste Lösung des Problems – die erste funktioniert ja wegen meiner Ungeduld und Fehler nicht – mit der bin ich nun auch zufrieden. Drückt mir die Daumen, dass der Plan auch so klappt, wie ich ihn mir ausgedacht habe.