Behinderung, Gedanken

Gratwanderung

Beiträge über die Behinderung meiner Junioren zu schreiben, ist eine Gratwanderung. Einerseits möchte ich Verständnis wecken und Menschen mit Behinderung aus dem Verborgenen holen, andererseits will ich meine Kinder auch nicht vorführen.
Zwischen diesen beiden Polen gibts eigentlich keine absolute Grenze. Der Übergang ist fließend. Wir haben es gerade gestern wieder erlebt. Umso mehr verblüfft mich, dass hier im Blog die nicht so schönen Begebenheiten geliked werden und das positive Erlebnis kaum Beachtung findet! Das beobachte ich auch auf instagram, wo ich seit Neuesten aktiv bin. Ich habe dort neue Kontakte entdeckt – entdeckt ist das richtige Wort, denn ich habe noch keine Kontakte geknüpft, weil es mir unendlich schwer fällt, das zu tun. Aber ich verfolge einige Kanäle. Unter anderem einen, in dem ein behinderter Junge die Hauptperson ist. Inwieweit er vorgeführt wird, obliegt jedem Einzelnen zu beurteilen – ich jedenfalls bin wieder einmal sehr zwiegespalten. Ohne zu viel zu verraten – ich möchte die Identität nicht aufdecken – die Eltern generieren dadurch eine Menge Geld und Spenden für einen wichtigen Verein, der sich um behinderte Kinder, die Erforschung eines seltenen Syndrom und dem Wohlbefinden der Eltern bemüht. Aber darf man deswegen sein Kind dafür gebrauchen? Eins, das nicht einmal sein Einverständnis dazu geben kann? Heiligt der Zweck die Mittel? Ich bin da ganz schön aufgewühlt. Mein instagram-Account ist privat. Aber ich brauche auch ein Netzwerk und das erreiche ich nicht, wenn ich privat bleibe. Aber ich möchte meine Kinder nicht […] Tja, es ist eine Gratwanderung!

Veröffentlicht von piri

In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. | Viel lieber als Likes, sind mir Kommentare herzlich willkommen.

7 Gedanken zu „Gratwanderung“

  1. WolfganH sagt:

    Ich war jahrelang bei Instagram. Aber dann hat es mir nicht mehr gefallen, die Art, wie sich Menschen da präsentieren. Es gibt sehr gute Accounts, um die es mir leid tut, aber ich brauche das nicht mehr. Wie du das mit deinem Kerle und deiner Tochter machst, kannst nur du am besten einschätzen. Letztendlich musst du dich nur fragen, ob du zu dem stehst, was du machst.

  2. Sammelmappe sagt:

    Du hast dich aus guten Gründen für die Privatheit entschieden. Nichtsdestotrotz kann eine Entscheidungen auch neu treffen.
    Ich wünsche dir viel Kraft und Erfolg, wenn du dich für einen neuen Weg entscheidest.

    Und das gleiche, wenn du genauso weitermachst wie bisher.

  3. C Stern sagt:

    Ich kann Dein Gefühl zu dieser Gratwanderung in so manchem auch als mein eigenes Gefühl nachvollziehen! Ein sehr wichtiger Beitrag, der auch Deine zwiespältigen Gefühle gut nachvollziehen lässt.
    Wir wollen auf so wichtige Dinge aufmerksam machen, allerdings auf diese Weise, niemanden vorzuführen. Ja, es ist ein sehr schmaler Grat – und es ist anstrengend, immer wieder auszuloten! Ich habe schon den Eindruck, dass Dir das sehr gut gelingt und ich weiß auch, dass es Dir sehr wichtig ist.

    Ich habe zweimal den von mir so bewunderten Pianisten David Helfgott live erlebt. Oft hat man seiner Frau und seiner Umgebung vorgeworfen, diesen Mann vorzuführen. David wurde gesund geboren, aber die Erziehung seines Vaters hatte dramatische Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von David. Dennoch war genau die Musik sein Weg zurück ins Leben, nachdem er viele Jahre in Heilanstalten verbracht hat. Er braucht immer Menschen an seiner Seite, die ihn unterstützen, aber auf der Bühne, da steht er ganz allein – oder mit einem Orchester. Ich habe Gänsehaut, weil ich es immer sehr intensiv fühlen konnte, wie SEHR er dieses Spiel liebt, er läuft ins Publikum und fällt Menschen um den Hals. Er lacht und summt vor Freude – und sein Spiel ist eine Wucht. Ich habe nie einen spielfreudigeren Künstler auf der Bühne erlebt – und nie einen, der deutlicher zeigt, wie viel ihm sein Publikum bedeutet!
    Was wäre sein Leben ohne all das? Nein, David Helfgott wird nicht vorgeführt – er wird geliebt und geachtet, auch aufgrund seines so liebevollen Wesens! Und vor allem, das Wichtigste überhaupt: Er liebt und genießt, was er tut!
    Liebe Grüße, C Stern

  4. Syntaxia sagt:

    Ich könnte mir vorstellen, dass du dort ein Portal findest für einige Themen. Es heißt dann immer noch nicht, dass du alles preisgibst. Vielleicht ist es immer ein Abwägen, egal ob Blog oder anderes Medium.
    Letztlich wird es dein Bauchgefühl wohl entscheiden?!

    ..grüßt Syntaxia

    1. piri sagt:

      Sehr wahrscheinlich finde ich dort – wenn ich denn den Mut habe mich zu melden – Menschen, die für mich ein Netzwerk sein können. Ist das jetzt zu kryptisch? Dem Blog bleibe ich jedenfalls erhalten!

  5. altesweibsbild sagt:

    Dann möchte ich dir gerne ein paar Vorschläge machen, so von wegen Input und so, vielleicht ist da ja etwas für dich dabei umärml

    @papabroe & @mamabroe, ich hatte dir an anderer Stelle schon einmal von Daniel Bröckerhoff erzählt, pflegende Eltern so mitten aus dem Leben…

    @feemail , hat vor kurzem erst herausgefunden, das sie Autistin ist, mit zwei zuckersüßen Jungs, von denen wohl der Große auch neurodivergent ist…

    Die zeigen beide ihre Kinder nicht, erzählen aber sehr anschaulich über den täglichen Struggle, den Mangel an Hilfe, den Wust an Bürokratie…

    Liebe Grüße ❤️

    1. piri sagt:

      Ich guck mal rein, danke!

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