Behinderung, Gedanken

darf ich?

Eigentlich interessiert es mich nicht, ob ich darf oder nicht. In der Nacht waberte ein Gedanke in meinem Kopf herum, ob ich überhaupt von der Angst erzählen darf – hat doch jeder hin und wieder Angst und es scheint selbstverständlich zu sein. Angst als Krankheit wird komisch angeguckt. Du siehst doch ganz normal aus. Schau sie sie dir an deine Angst, dann kannst du sie angehen! Ja, wenn das so einfach wäre. Es ist einfach, sagt eine vermeintliche Freundin; du muss es nur wollen. Damit wird mir unterstellt, dass ich mich in meiner Situation häuslich eingerichtet habe und eigentlich gar nichts ändern will. Lerne klagen, ohne zu leiden! Ein bisschen anders ist das schon – bei jedem ist es anders, nie gleichen zwei Schicksale einander. Es gibt bestimmt Menschen, die mich ob meines Lebensstil beneiden und ganz viele, die mich bedauern. 

Jetzt meine Frage: darf ich meine Angst zum Thema machen? Bitte, ich will keine Antworten, dass das hier ja mein Blog ist und ich machen kann, was ich will usw. und so fort. Natürlich darf ich. Aber es soll auch nicht das alleinige Thema sein. Ich möchte jedoch unsichtbare Krankheiten sichtbar machen. Angst ist neben Depression gar nicht so selten und kann viel besser kaschiert werden, als Rückenschmerzen. Zudem hat Angst den Makel, dass man doch selbst etwas ändern kann – wenn man denn nur will. Es gibt viele Medikamente. Wenn diese aber nicht wirken? Die Nebenwirkungen zu stark sind und wenn man dann zunimmt, das Selbstwertgefühl leidet?

Ich bin eine gute Schauspielerin. Mir sieht man nicht an, dass es mir schlecht geht, dass ich Angst habe und wenn ich in Panikattacken stecke, dann verkrieche ich mich eben. Für die Junioren ist das normal. Sie wissen, dass ich sie uneingeschränkt liebe und dass das nichts mit ihnen zu tun hat. Jedenfalls nichts mit ihrer Person. Sie sind weiterhin fröhlich.

∙∙∙∙∙

Danke, dass ihr bis hierhin gelesen habt. Ich wünsche euch einen schönen Sonntag!🍃

Veröffentlicht von piri

Ich bin ganz schön viel und ganz schön wenig, ich bin Mutter, Hausfrau und Dichterin in allen Lebenslagen. Im Autismus-Spektrum bin ich obendrein. In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ❤️ | ✨ Likes✨ sind okay, Kommentare sind herzlicher willkommen.

17 Gedanken zu „darf ich?“

  1. Björn sagt:

    Lass es raus! Ein Blog darf auch ein Spiegel der eigenen Seele sein. Und wir können die angeschlossene Selbsthilfegruppe sein. Aber viel wichtiger noch: so wie Du Dich wohlfühlst!

    1. piri sagt:

      Wenn ich mich denn wohlfühlen täte!? Selbstverständlich lasse ich es raus, denn ein Blog ist auch ein bisschen Anonymität und Schutzraum im öffentlichen Leben.

      Willkommen bei mir…

  2. Violine sagt:

    Ich denke, dass Du einigen helfen wirst, hinter so manche Fassade zu schauen, vllt. auch Betroffenen selbst.

    1. piri sagt:

      Vielleicht – unsichtbare Krankheiten sichtbar machen, vom Makel befreien, dass man es doch selbst ändern kann und was man nicht sieht, gibt es nicht!

      1. Trude sagt:

        Auch körperliche Krankheiten sind nicht für jeden offensichtlich / nachvollziehbar.

        Als ich mich z.B. nach einer schweren Bronchitis mit beginnenden Lungenentzündung durch Spaziergänge wieder ins Leben zurück gekämpft habe, nannte es mein Schwiegervater eine „gesunde Krankheit!“
        Und nach meiner Rückkehr an den Arbeitsplatz musste ich beim Abteilungsleiter anfangen, weil ich „gesehen worden war“.

        Ich will damit nur sagen, daß viele Leute ignorant gegenüber Dingen sind, von denen sie keine Ahnung haben.

  3. dergl sagt:

    Wer hat eigentlich diesen Quatsch in die Welt gesetzt, man könne an medizinisch diagnostizierter Angst auf jeden Fall selber was ändern? Die verantwortungslosen Leute, die bei so was meinen jedes ihrer schlechten Verhalten gegenüber der Person sei „Konfrontationstherapie“ (das dürfen nur ausgebildete Medizinerinnen und keine Laiinnen), weil ihnen hat als Kind geholfen unters Bett zu gucken, dass da kein Monster ist?

    Man kann da nicht immer selber was dran ändern. Das lernt man von qualifizierten Leuten, auf deren Plätze man teilweise lange wartet. Vielleicht verschreiben diese qualifizierten Leute (Therapeutinnen und Ärztinnen) hilfreiche Medis oder Apps, aber auch das bringt es nicht für jede Person. Ich sollte so eine App vom Klinikum verschrieben bekommen, ging aber nicht, weil sie nicht barrierefrei ist. Wenn man sie verschrieben bekommt, bezahlt sie die Krankenkasse, also auch das ist nichts, wo Lai*in mal eben finden kann, man solle es doch mal ausprobieren.

    Und manchen Leuten geht es nie besser, die kann man nur stabil halten. Muss man sich auch klar machen.

    Dieses „Du musst nur wollen“ ist ableistisch-abwertender Unsinn, auch wenn es einigen nicht bewusst ist.

    1. piri sagt:

      Und wieder fühle ich mich von dir verstanden. Gerade Ableismus erfahre ich, sowohl in die eine Richtung, als auch in die andere, immer wieder. Das leider auch mit der Behinderung der Junioren und mit meiner. Menschen im Autismus-Spektrum haben häufig auch Angststörungen.

    2. Margrit sagt:

      Hihi, das mit dem Monster unterm Bett ist klasse. Überhaupt diese ganze Antwort, finde ich. Spricht mir aus der Seele.

  4. Trude sagt:

    Liebe Piri,

    es ist ganz allein deine Sache, über was du hier berichtest. Und ich finde es macht dich aus, das du auch das Thema Angst behandelst.
    Wir haben doch alle mal Ängste. Die einen mehr, die anderen weniger und bei wieder anderen ist es krankhaft. Und es ist doch grundsätzlich schwierig bin unmöglich, ernsthafte Erkrankungen selbst zu heilen ….

    Ich wünsche dir einen sonnigen Sonntag.
    Trude

    1. piri sagt:

      Ja, das habe ich doch geschrieben, dass das hier mein Blog ist und das wollte ich eigentlich nicht noch einmal bestätigt haben. Dass alle Ängste haben ist auch klar, meist sind das wahrscheinlich Sorgen – das unterscheide ich und auch bei krankhaft und krank sein unterscheide ich. Ich nehme es mit der Sprache sehr genau, weiß aber was du mir damit sagen willst. Eine körperliche Krankheit ist greifbar, sogar bildgebend, im Blutbild nachweisbar. Angst und Depression ist immer noch in vielen Köpfen als Einbildung bekannt!

      1. Trude sagt:

        Auch körperliche Krankheiten sind nicht für jeden offensichtlich / nachvollziehbar.

        Als ich mich z.B. nach einer schweren Bronchitis mit beginnenden Lungenentzündung durch Spaziergänge wieder ins Leben zurück gekämpft habe, nannte es mein Schwiegervater eine „gesunde Krankheit!“
        Und nach meiner Rückkehr an den Arbeitsplatz musste ich beim Abteilungsleiter antanzen, weil ich „gesehen worden war“.

        Ich will damit nur sagen, daß viele Leute ignorant gegenüber Dingen sind, von denen sie keine Ahnung haben.

  5. Anne Seltmann sagt:

    Hallo liebe piri!

    Du darfst!!!

    Außerdem gibt kein richtig oder falsch, wenn es um Gefühle geht. Deine Angst ist echt, aber sie definiert nicht, wer du bist.
    Es ist okay, Angst zu haben, denn sie zeigt, dass du fühlst, dass dir etwas wichtig ist und dass du auf dich achtest. Sie bedeutet nicht, dass du schwach bist, sondern dass du auf dem Weg bist, etwas zu überwinden. Alles in deinem Tempo!

    :heart:

    1. piri sagt:

      Nur alleine geht es jetzt nicht mehr!

  6. mo sagt:

    (((piri))) :heart:

  7. C Stern sagt:

    Liebe piri,
    so, wie Du schreibst, kann man Angst und Panikattacken nicht im Außen erkennen.
    Sorgen sind noch einmal etwas anderes als Angst – und erst recht werden Ängste massiv anstrengend, wenn eine Angsterkrankung dahintersteckt.
    Da ich im gesamten Vorjahr selbst massivst davon betroffen war, kann ich ein Lied davon singen, wie sich die Außenwelt verhalten hat: Von massiver Überforderung, weil nicht wissend, wie damit umgehen bishin zu äußerst groben sprachlichen Entgleisungen: Gib dir doch selbst einen Ar***tritt, das war der „Rat“ meiner Schwester. Sie hat es bis heute nicht verstanden. Von ihr habe ich mich sehr zurückgezogen, weil mich ihre Art kränkt.
    Mir haben Medikamente und Gesprächstherapien sowie eine mehrwöchige Reha geholfen, ich musste allerdings länger auf die passenden Medikamente eingestellt werden, Gewichtszunahme inklusive. Mit dem Wollen allein war es auch bei mir nicht getan.
    Du bist noch einmal in einer ganz anderen Situation als ich, da Du ja nicht nur Verantwortung für Dich hast, sondern auch für Deine Kinder.
    Wie Du das alles schaffst, ist einfach großartig. Meinen tiefen Respekt dafür!
    Ich wünsche Dir eine gute Nacht, liebe Grüße!

    1. piri sagt:

      Ich habe wunderbare Kinder. Sie leben einfach fröhlich und zufrieden. Heute Nachmittag habe ich vorgelesen und wir haben zusammen gelacht. Wiebke hat mir eine Träne abgewischt und Carsten hat mich geküsst und danach haben sie das gemacht, was ihnen Spaß macht. Bewundernswert!

      Sie sind gerade ins Bett gegangen :good:

  8. frau frogg sagt:

    Ja, Du darfst, wenn Dir danach ist und Du das Gefühl hast, dass Du hier verstanden wirst. Ich glaube, Du wirst hier verstanden. Es tut mir leid, dass ich das alles gerade erst jetzt lese, war viel unterwegs in den letzten Tagen.

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