Behinderung, Gedanken

aufgeben gilt nicht

Allerorts lese ich, dass Menschen, die mit Menschen arbeiten – Pflegekräfte, Erzieher * innen, Lehrer * innen, Ärzt * innen, etc. pp. – ausgebrannt sind! Ich kann sie verstehen und sehe es mit großer Sorge.

Als ich letztens mit einer (fast) befreundeten Ärztin über den Streik der Lokführer sprach und ich sagte, dass pflegende Angehörige überhaupt keine dieser Möglichkeiten haben und diese sagt: „Natürlich können Pflegekräfte streiken!“, da wuchs in mir ein hochheiliger Zorn, der nur geschluckt werden konnte. Die Frau hört auf, geht in Rente, vorzeitig, weil sie nicht mehr will. Sie reitet lieber und kümmert sich um ihre Pferde! Ganz abgesehen davon, dass ich keine Pferde habe, kann ich nicht einfach den Bettel hinschmeißen. Auch nicht, wie so manche Lehrkräfte, die vor großen Klassen stehen, wo nur ein Drittel der Schüler deutsch spricht. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich diese Menschen verurteile. Nein, ich verstehe ihre Nöte. Ich verstehe, dass sie nicht mehr können. Aber wer badet das aus? Wer hat schlussendlich das Nachsehen? Wenn keine Lehrer * innen mehr unterrichten, wenn niemand mehr da ist, der pflegt. Wenn wir noch größeren Ärztemangel haben und kranke Menschen ein Dreivierteljahr auf einen Lungenfacharzttermin warten müssen? Wer kümmert sich um behinderte Menschen, und sei es nur in besonderen Werkstätten? Inklusion geht nur mir Unterstützung. Aber wenn diese niemand leisten will? Oder kann?

Mir wird immer wieder ans Herz gelegt, meine Junioren doch nun endlich in ein Heim zu geben. Nein, das kann ich nicht. Es muss auch anders möglich sein, dass sie zufrieden, fröhlich, glücklich sind – und am ‚normalen‘ Leben teilhaben können. Nee, ich gebe nicht auf! Ich bin körperlich fit. Hier und da zwickst vielleicht auch mal – vor allem in der Seele – aber ich werde nicht aufgeben!

Veröffentlicht von piri

In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. | Viel lieber als Likes, sind mir Kommentare herzlich willkommen.

6 Gedanken zu „aufgeben gilt nicht“

  1. Verwandlerin sagt:

    Ich gebe auch nicht auf. Aber ich möchte an eine andere Schule, an der ich mehr Wertschätzung erfahre. Der Beruf an sich macht mir noch Spaß.

    1. piri sagt:

      Ich wünsche dir, dass du nicht ausbrennst und hoffe, dass du in eine andere Schule wechseln kannst.

      1. Verwandlerin sagt:

        Ich danke dir sehr, liebe piri!

  2. Myriade sagt:

    Hast du nicht schon die Schule gewechselt?

    1. Verwandlerin sagt:

      Nein, nur den Antrag gestellt…

  3. Trude sagt:

    Liebe Piri,

    ich verstehe deinen Ärger. Klar können Pflegekräfte streiken. Aber wer privat angehörige pflegt eben nicht.
    Im Moment befindet sich die ganze Welt im Umbruch. Ich hoffe das es für alle ein gutes Ende gibt.

    Die Tochter meiner Kartenschwester Christel ist übrigens geistig und körperlich behindert auf die Welt gekommen. Sie ist allerdings bei weitem nicht so stark eingeschränkt wie deine Junioren.
    Durch den Einsatz ihrer Eltern ist es ihr gelungen stark verspätet einen Hauptschulabschluss (ohne Fremdsprachen) zu erlangen. Danach haben sich ihre Eltern schweren Herzens entschlossen sie in eine spezielle Ausbildungsstätte an der Ostsee ziehen zu lassen. Dort hat sie den Beruf der Hauswirtschafterin (ohne Finanzen) erlernt und arbeitet inzwischen in einem Hotel im Housekeeping und als Küchenhilfe.
    Sie hat zwar eine Betreuerin vor Ort, bestreitet ihr Leben allerdings größtenteils selbst bestimmt in ihrer eigenen Wohnung.
    Eine Entwicklung die niemand erwartet hatte. Schon gar nicht die Leute, die von Anfang an dazu geraten hatten, das Kind abzugeben.

    Ich wünsche dir einen schönen Start in die Woche.
    Trude

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