Behinderung, Gedanken

Sonntagssingen

Wiebke singt schon eine Stunde und erzählt sich, beziehungsweise ihrem Papagei, fantastische Geschichten, die nur sie und ihre Kuscheltiere verstehen. Aufstehen mag mein Töchting auch nicht. Muss sie auch nicht. Kakao ist geliefert! Ob ich wirklich wissen will, was sie plappert? Ich glaube nicht. Ein bisschen Geheimnisvolles sei ihr gegönnt. Sie hat eh zu wenig. Ihr Leben ist viel zu wenig intim. Oft sehr öffentlich. Immer abhängig. Wenig selbstbestimmt.  Stets ist jemand da, der/die ihr sagt, was sie tun und lassen soll. 

Mir, als Mutter, wird der Vorwurf gemacht, wenn die Junioren unbequem werden und herumzicken, dass ich nicht eingeschritten habe, dass ich sie nicht ordentlich erzogen habe und dass ich ihnen nicht die Schranken gewiesen habe. Viele sehen dann nur die kleinen behinderten Menschen. Dass diese längst erwachsen sind, und dass andere Menschen in deren Alter, längst eigene Kinder haben und ihre Fehler selbst verantworten müssen, das sehen viele Beobachter nicht. Sie sehen nur, dass ich anscheinend nichts im Griff habe. Natürlich nicht immer. Wenn’s gut läuft, ist es auch gut. Wenn’s schief läuft und die Junioren auffallen, dann bin ich es, die es verantworten muss.

Meine Tochter liegt noch im Bett, der Kerle sowieso. Er hat mal wieder nichts gegessen. Kotzt seit Tagen und macht mir Sorgen. Ambivalenz hoch drei, denn nebenbei und zwischendrin ist das Leben schön. 

Veröffentlicht von piri

In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ☀️ ❤️ Viel lieber als Likes, sind mir Kommentare herzlich willkommen.

9 Gedanken zu „Sonntagssingen“

  1. Trude sagt:

    Ich liege auch noch im Bett und genieße es, heute keine konkreten Verpflichtung zu haben.

    Ich bezweifle, daß die Leute, die euch erzählen, was ihr zu tun und zu lassen habt, es besser hin bekommen würden. Außenstehende können immer schön reden.

    Dem Kerle wünsche ich gute Besserung

    1. piri sagt:

      Carsten ist nicht krank, er kotzt nur aus unerfindlichen Gründen. Schon seit er auf der Welt ist. das macht es nicht besser und die Sorgen sind deswegen nicht kleiner. genau das macht es so schwierig damit umzugehen.

      1. Trude sagt:

        Kenn ich von mir selbst.
        Ist natürlich ein ganz anderer Fall:
        Bei mir lag es letztendlich an der wohl schon ewig kaputten Gallenblase. Seit sie raus ist ist mir fast nie mehr übel. Und dann gibt es immer einen Grund.

        1. piri sagt:

          Nur finden wir den Grund nicht.

  2. mo sagt:

    Was für ein liebevolles Foto.

  3. dergl sagt:

    Wo ich das Bild sehe: Ich hoffe, die Papageien sind im Briefkasten gelandet. Ich weiß nicht, ob sie Wiebke gefallen, aber ich hoffe es, weil ich an sie denken musste, als ich sie gesehen habe. (Extra in seperatem Umschlag an sie selbst adressiert gesendet, damit ihr jeweils was eigenes an Post habt. Sie das und du die Geburtstagspost. Falls du noch nicht am Kasten warst – kann ja vorkommen -, die sind Mittwoch auf die Reise gegangen und müssten da sein.)

  4. anneeulia sagt:

    Ja und dann gibt es die Kinder die viel zu früh trotz ihrer Art der Behinderung erwachsen werden und später mehr auf Hilfe angewiesen sind als SIE jemals wollten.
    Aber ne ganze Zeitlang ihr eigenes Leben gelebt haben und zudem andersherum die Eltern unterstützten wo SIE nur konnten.
    Du machst es ganz richtig so finde ich.
    Lass die Leute reden,
    die haben nichts besseres zu tun als dummes Zeug zu reden.
    Und wenn SIE in eurer Situation wären würden Sie doof da stehen.
    Schönen Sonntag Euch noch.
    Hier liegt auch gerade noch alles im Bett.
    Gruß Ann-Kris

    1. piri sagt:

      Deinen ersten Satz verstehe ich nicht so ganz.

      Jeder tut das in dem Moment, in dem er oder sie das tut doch immer aus der aktuellen Entscheidung heraus. Ach, das ist jetzt auch nur eine Binsenweisheit… Was ich damit sagen will ist, dass wir alle nur unsere Entscheidungen treffen können, niemals für andere. Ob sie gut oder schlecht sind, stellt sich erst mit der Zeit heraus…

      …und schon sind‘s wieder nur Plattitüden, die ich schreibe – ich verstehe auch meine Kritiker. Die meisten meinen es ja gut!

      1. anneeulia sagt:

        Stimmt,
        manchmal ärgert es einen im nachhinein und man kann es nicht ändern,
        manchmal nicht.
        Aber ein Kind dem erklärt wird das es nie laufen lernt und dann diesen starken Willen hat und es doch später besser kann als sso manch Gesunder und sogar Wanderturen macht und ein ganz normales Leben führt .
        Sie wusste immer im Alter wird es zurück in den Rolli gehen.
        Leider früher als gedacht.
        Mit dem Schicksal abfinden wollten sich dieses Kind,
        nie und die Eltern nicht.
        SIE sollte laut der Ärzte nie uber 50 werden,
        heute ust SIE 52 und ihre inzwischen writ über 80 jährige Mutter kümmert sich um ihre Tochter die inzwischen im Pflegerolli sitzt.
        Ich finde wer nicht beurteilen kann was man fur seine „behinderten“ Kinder alles tut, sollte lieber den Mund halten.
        Und die Leute machen lassen.
        Ich denke Du weißt was DU tust und wirst auch wissen was deine beiden Kinder wollen.
        Privatsphäre ist halt auch nicht immer gegeben unter solchen Umständen.

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