Asperger und Kritik äußern

Jetzt sitze ich hier und habe Bauchgrummeln. Aller-, allerheftigstes Rumpeln in der Magengegend. Nicht nur vom Gebäck, das mir eine Freundin vorbeigebracht hat. Das auch, aber vor allem wegen dem Hefegebäck. Sie war so stolz darauf und es war so schlecht, nicht ein bisschen fluffig und locker, sondern fest und völlig geschmacklos. Eher noch schmeckte alles nach Hefe und Mehl.

Wir wollten heute Nachmittag backen. Die Helferfreundin meinte, sie hätte herumexperimentiert und kleine Schneckchen mit Marmeladenfüllung gebacken. Am Montag kam sie damit an, gab uns ein Versucherle, welches sie vorher eingefroren und dann wieder aufgetaut hat. Auch das war schon grenzwertig – ich schob es aber darauf, dass Hefegebäck nicht gerne eingefroren wird. Heute um halb elf hat sie abgesagt. Sie kommt nicht, hat Rückenschmerzen. Um kurz nach halb elf stand sie vor meiner Haustür und hatte eine Dose in der Hand – mit Probierhefeschnecken. Welche mit Zimt und Frischkäse. Frischkäse habe ich nicht geschmeckt und Zimt auch nicht! „Na, wie schmecken sie dir?“ Und nun war ich in der Bredouille. „Hmmhm, sie sehen ganz anders aus, als ich Hefeschnecken kenne. Was ist da drin?“ Ich konnte nicht sagen, dass mir diese Dinger nicht schmecken. Es fällt mir immer schwer, jemanden zu kritisieren. Ihm oder ihr zu sagen, dass mir das oder jenes nicht passt, nicht gefällt oder nicht schmeckt. Es ist verdammt schwer, ohne zu verletzten, jemanden ehrlich zu sagen, was ist! Ich konnte ihr nicht ins Gesicht sagen, auch nicht verklausuliert, dass mir das Gebäck überhaupt nicht schmeckt. Ganz abgesehen davon, dass ich enttäuscht war, dass sie mir so kurzfristig absagt.

Das Töchting hat eine Schnecke probiert und sofort wieder ausgespuckt. Es liegt also nicht an mir. Der Kerle hat nur dran gerochen: „Igitt, sowas esse ich nicht!“ Aber darum geht’s nicht! Es geht darum, dass ich nicht, ohne wie meine Mutter zu sein (verletzend), jemanden sagen kann, dass mir dies oder jenes nicht passt!

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Hier steht gerade ein Hefeteig warm. Er geht wunderbar auf. Mit viel Butter und gutem Mehl. Ich bin nämlich der Meinung, an Zutaten darf man beim Essenmachen nicht sparen – wir backen am Nachmittag Zimthefeschnecken und die machen mir garantiert keine Bauchschmerzen. Die werden schön fluffig und locker. Aber damit mein Problem noch lange nicht vom Tisch, denn die Helferfreundin kommt sicherlich noch einmal drauf zurück und will Hefeschneckchen mit den Junioren backen …

Kategorien: Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren, Kuddelmuddel

13 Kommentare

  1. Liebe Piri
    Üben, üben, üben: eine Chance, Kritik ehrlich zu formulieren, ohne zu verletzen! Und nimm in Kauf, wenn sich jemand abwendet, du bist nicht ganz allein verantwortlich für die Reaktionen auf deine Worte! Jeder ist auch selbst dafür zuständig, wie sehr er sich verletzen lassen will! Ich habe gelernt, nicht mehr verletzt zu werden, besser ein wenig wütend, das vergeht dann ja auch schnell. Guten Appetit für die Schnecken!

    • Ja, leider ist diese Helferfreundin immer gleich eingeschnappt – nicht nur bei mir, auch bei anderen! „Alle,“ tatsächlich sagt sie es so, „alle wissen nicht zu würdigen, wie sie sich bemüht und es allen recht machen will.“ Da ist es verdammt schwer Kritik ihr gegenüber zu äußern.

      Gegenüber anderen fällt es mir um vieles leichter. Da bin ich lange nicht so verkrampft! Ich selbst kann übrigens seit einiger Zeit sehr gut mit Kritik umgehen. Eben, weil ich es nicht persönlich nehme, sondern sachbezogen!

  2. Sag ihr doch, dass sie das gut gemacht hat, aber ihr esst keinen Zimt und keine Marmelade. Warum sagst du es nicht? Hier schreibst du doch auch, was dir an deinen Helfern nicht gefällt. Und öffentlicher geht es ja nun nicht mehr.

  3. Sie hat es aber nicht gut gemacht und Zimt essen wir, das weiß sie! Es liegt ja nicht an ihr, es liegt an mir, dass ich nicht gut kritisieren kann, ohne dass es verletzend erscheint. Ich bin zu geradeheraus und wenig diplomatisch. Es muss doch ne Lösung geben, dass ich so was lerne. Aber anscheinend fällt das Asperger-Autisten generell sehr schwer. Ich möchte niemanden wehtun – aber ich möchte auch nicht immer zurückstecken.

  4. Passt nicht so ganz, bzw nur am Rande:
    Hefeschnecken lassen sich wunderbar einfrieren (wenn sie ok sind). Hab ich früher manchmal gemacht. Schnecken backfrisch eingefroren und sie dann gefroren mit der Post auf die Reise an den Bodensee geschickt. Meine Tochter haben sie immer geschmeckt. (Sind dann ja quasi beim Transport getaut)

    Soll aber auch heißen: am Einfrieren liegts nicht wenn die Schnecken nicht schmecken

    • Unsere Schnecken, die wir jetzt gebacken haben, sind zu süß geworden. Es waren auch viel zu viele. Die Hälfte habe ich nun eingefroren und ich hoffe, sie bleiben so locker und luftig, wenn ich sie wieder auftaue! Nächstes Mal – weniger Zucker!

  5. Welch ein Dilemma.
    Ich verstehe das nur zu gut, wenn auch eher vom anderen Ende her, denn mir wird oft gerade eine verletzende Direktheit vorgeworfen.
    Ich rede nämlich nicht drum herum oder verklausuliere, wenn ich um meine Meinung gefragt werde. Gerade heraus, ehrlich und direkt.
    Kommt leider nicht immer gut an.

    • Du weißt gar nicht, wie direkt ich sein möchte und wie sehr ich mich manchmal verbiege, um ja nicht als unhöflich verschrien zu werden.

      • Nein, natürlich kann ich nicht wissen, wie direkt Du sein möchtest. Ich kann das nur vermuten.
        Aber ich weiß, was es heißt, sich zu verbiegen, um zu funktionieren. Nicht nur in dieser Frage.

        Und ich weiß, was es heißt, anzuecken und als unhöflich zu gelten (obwohl das gar nicht unbedingt meine Absicht war).
        Beruhigenderweise ist mir Letzteres mittlerweile in den meisten Fällen egal.
        Ich muss nicht immer nur funktionieren. Und ich will das auch gar nicht.

  6. Ach, das kenne ich so gut… Mir erscheint so etwas stets wie ein verbaler Eiertanz. Und der hinterlässt bei mir dann auch ein Bauchgrummeln. Vor allem, wenn ich gegenüber einem Mitmenschen, von dem ich weiß, dass er überaus schnell „eingeschnappt“ ist, mal wieder zu direkt gewesen bin.
    Sei lieb gegrüßt, und virtuell gedrückt.

  7. ich sage dann: sei mir nicht böse, aber das ist nicht mein Geschmack oder … das schmeckt mir nicht.
    Leute die zu mir passen können das ab. Auf andere verzichte ich gerne. Sie machen mir mein Leben nur noch schwerer.

  8. oh, das ist schwierig, aber dennoch sollte man etwas sagen, sehr vorsichtig halt, wenn sie leicht beleidigt ist.

    ich selber hätte so ungefähr gesagt: was könnte man denn da am rezept ändern, dass die hefeschnecken etwas lockerer werden. welches rezept hast du genommen- wieviel mehl, wieviel milch?

    irgendwie muß man was sagen, sonst kommt sie wieder mit sowas an.
    übrigens hatte ich mal selbstgebackenes milchbrot, das zu alt wurde, wir haben die 2. hälfte übersehen.
    in scheiben scheiden und in den toaster, dann geht das harte auch noch recht gut zu essen.
    ober die schnecken in einen “ scheiterhaufen“ stecken. so wird das gericht in österreich genannt- schnecken schneiden und in zucker-zimtmilch wenden bis es angesaugt ist. das könntest du mit deinen auch machen, dann die milch ohne zucker.

  9. Ich verstehe dich total gut! Ich kann überhaupt nicht lügen, das ertrage ich nicht. Aber ich möchte wie du auch nicht verletzen, tue es aber leider oft durch meine Ehrlichkeit. Da gibt es auch einfach nicht die richtigen Worte, fürchte ich. Vor allem, wenn das Gegenüber Kritik schlecht annehmen kann. Leider kann ich dir also nicht raten, aber ich wünsche Dir, dass Du einen Weg findest, der sich gut für Dich anfühlt.

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