So sehr gerne würde ich euch meine Aspergerprobleme nahebringen. Aber es scheint nicht zu gehen. So wenig, wie ein Fisch fliegen kann – mit wenigen Ausnahmen – so wenig kann ich erklären, wie es ist Autistin zu sein. Immer irgendwo anzuecken, meist mit meiner viel zu radikalen Ehrlichkeit. Damit, dass ich Kleinigkeiten sehe, die andere nicht wahrnehmen, dass ich motorisch manchmal ein Stoffel war und es heute auch noch bin. Zu erklären versuchen, dass ich manche Mimik nicht deuten kann. Dazu gehört auch die immer wiederkehrende Diskrepanz mit dem Like-Sternchen unter den WordPress-Beiträgen. Ich bin sehr direkt. Das haben manche Kommentierende schon zu spüren bekommen. Dabei bin ich mit der Zeit schon sehr gemäßigt. Ich überlege im Vorfeld lange, bevor ich lospoltere. Das schränkt mich sehr ein, macht mich unsicher. Ich möchte nicht als grob und ungehobelt gelten. Asperger-Autistin zu sein, fühlt sich an, wie auf einem anderen Stern zu sein. Mein Töchting ist auch Autistin und man könnte meinen, wir verstünden uns gut, weil wir ähnlich ticken. Dem ist nicht so. Sie lebt viel mehr in ihrer Welt, zumal sie auch noch kognitiv eingeschränkt ist. Ich muss Kompromisse machen und verstehe dennoch manchmal nicht warum? Bei meiner Tochter, bei meinen Mitmenschen und überhaupt. Meine Wahrnehmung ist logisch und ich sage (habe gesagt – weil ich es anders lernen musste), rede Klartext. Nicht lange um den Brei herum, nicht verklausuliert. Das kommt nicht gut an. Ich kann zum Beispiel nicht zwischen den Zeilen lesen. „Aber, warum schreibst du dann Gedichte? Die sind doch interpretierbar!“ Tja genau, warum schreibe ich Gedichte? Weil meine Gedichte die Sache auf den Punkt bringen. Aus dem Grund schreibe ich keine langen Geschichten, weil ich mich mit wenigen Worten effizient ausdrücken will. Nur verstehen tut mich kaum jemand, so wie ich manche ellenlangen Auslassungen nicht verstehe. Menschen, die reden um des Redens willen, denen höre ich meistens nach einer Weile nicht mehr zu […]
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Sorry, meine Kinder brauchen meine Aufmerksamkeit. Ich wollte nur versuchen zu erklären, warum Autisten so missverständlich sind und selbst missverstehen. Es gibt in den Weiten des Internets gute Webseiten von Autisten, die sicherlich verständlicher sind, als mein unwissenschaftlicher Beitrag hier.
Verwandlerin sagt:
Ich finde deinen Beitrag trotzdem hilfreich, danke!
freiedenkerin sagt:
Ich verstehe dich sehr gut, Petra. Und in deiner Beischreibung erkenne ich manches wieder, das mir auch zu eigen ist…
Anderen erkläre ich Asperger Autismus hin und wieder auf diese Weise: Auf unserer Hardware – Gehirn, Seele – wurde ein anderes Betriebssystem installiert.
Liebe Grüße!
Lutz sagt:
Ein guter Text in all seiner Kürze.
Danke, dass Du das Deinen Leserinnen und Lesern erklärst.
piri ulbrich sagt:
Danke für dieses Kompliment. Dabei war der Text noch nicht einmal überlegt geschrieben.
Daniela Heinen sagt:
Wenn ich nochmal drüber nachdenken, finde ich, dass du es eigentlich gar nicht besser hättest beschreiben können!
Myriade sagt:
Ich habe bei dir schon eine Menge über Asperger-Autismus erfahren. Dass dabei auch manchmal die Fetzen fliegen, ist ja nicht so schlimm :)
piri ulbrich sagt:
Fetzen fliegen!? Aber manchmal wäre es doch schön, wenn alle (einschließlich mir) davon ausgehen, dass wir niemanden verletzen und wehtun wollen. Damit wäre schon sehr viel mehr Verständnis füreinander vorhanden und es würden weniger Fetzen fliegen.
Grinsekatz sagt:
Dann ist das eben so.
Ich schaue dennoch gerne hier herein.
Oder gerade deswegen.
Lieben Gruß, Reiner
Karfunkelfee sagt:
Mit der Direktheit anderer kann nicht umgehen, wer selbst unsicher ist.
Dann „fliegen die Fetzen“.
Es gibt ein altes Sprichwort: „Wer austeilt, muss auch einstecken können“.
Das finde ich sehr klug.
Denn bei vielen beobachte ich, dass sie zwar prima austeilen können und auch verletzend dabei sein können, doch wenn dann eine Gegenwehr kommt, sind sie empfindlich beleidigt.
Danke für die Erklärung des Asperger-Autismus.
Du beschreibst es hilfreich und gut, finde ich.
Liebe Grüße
Amélie
isa sagt:
Diagnosen werden allgemein an Mängeln festgemacht. Mir war deshalb immer wichtig Aspergerkinder auf ihre Stärken und positiven Besonderheiten zu stellen. Und ohne Zweifel hast du jede Menge Stärken und gute Eigenschaften. Was könnte dir helfen, dich nicht immer wieder entschuldigend in diese Diagnoseschublade setzen zu müssen?
piri ulbrich sagt:
Was könnte mir helfen? Eine gute Frage, auf die ich (noch) keine Antwort habe. Vielleicht anerkannt zu werden, nicht immer daran festgemacht zu werden, dass ich die Mutter zweier behinderter Menschen bin. Aber darauf habe ich keinen Einfluss und ich kann nur das ändern, was ich selbst ändern kann. Mein Selbstbewusstsein, meine Selbstbehauptung liegt darnieder. Natürlich muss ich mir selbst sagen, dass das, was ich mache, gut ist – aber haben dies Problem nicht alle?
Martin sagt:
Schön, dass und wie du es uns erklärst.
Danke
christine b sagt:
danke petra für deine gute erklärung, super geschrieben.