unsichtbare Krankheit

Ich möchte darüber sprechen, habe ich doch lange genug versucht sie zu verstecken. Nicht nur, dass ich Autistin bin, auch, dass ich Angst habe, ist eine Tatsache, die zu mir gehört und mich immer noch prägt. Reiß dich doch zusammen und du musst dich deiner Angst stellen, diese Sätze schaden eher, als dass sie mir helfen. Implizieren (ist das eigentlich das richtige Wort?) sie bei mir doch, dass ich selbst schuld bin. 

Aber sind Menschen schuld daran, dass sie Krebs haben? Oder sich das Bein gebrochen haben?

Seelische Krankheiten sind nicht sichtbar und werden in der Gesellschaft immer noch stigmatisiert und tabuisiert. Es ist leichter über Rheuma oder Rückenschmerzen zu erzählen, als über Ängste und Panikattacken zu reden. Es fehlt vielerorts das Wissen, dass auch die Seele krank werden kann. Eine Bekannte wollte mich davon überzeugen, dass psychische Krankheiten keine sind, sondern nur eine Prüfung. Wir müssen nur die Erkenntnis erlangen, dass kosmische Einflüsse bestehen und wir lernen müssen, Angst und Selbstzweifel auszuhalten.

Sie wollte meine Informationen nicht, war fest von ihrer Meinung überzeugt. Du kannst doch lachen, bist fröhlich, jeder Mensch hat mal schlechte Phasen, sagt sie mir. Aber welche Kraft mich diese Fassade kostet, das sieht sie nicht. Dass auch die Symptome der Angst nicht immer gleich sind und die Auswirkungen derer schwanken – an manchen Tagen gehts mir prächtig und am nächsten versinke ich in Zukunftsängsten!

Es ist wichtig ernstgenommen zu werden. Es braucht kein Mitleid, aber auch nicht diese Sprüche wie, dass man mir nichts ansieht und deswegen könnt‘s auch nicht so schlimm sein.

Es ist extrem anstrengend und stigmatisierend sich ständig rechtfertigen und erklären zu müssen. Du bist mal wieder ziemlich zickig und zynisch, dann mach doch dein Ding alleine. Ich ziehe mich für eine Weile zurück. Kannst dich ja dann melden, wenn du dich wieder beruhigt hast. Weiß diejenige, die das sagt überhaupt, dass sie eine Backpfeife ausgeteilt hat?

Empathie und ein Gespräch im geschützten Raum, wohlwollend, erst einmal zuhörend – so etwas wünschte ich mir.

Kategorien: Behinderung, Gedanken

6 Kommentare

  1. Danke auch von mir, liebe piri,
    bei jedem Satz von Dir habe ich innerlich genickt und mir gedacht, besser kann es nicht auf den Punkt gebracht werden.
    Du beschreibst genau meine Erfahrungen – auch mich hat es sehr betroffen gemacht, wie eine bestimmte Person in dieser so qualvollen Zeit mich mit Rat-schlägen zugemüllt hat.
    Ich wünsche Dir einen gut verbrachten Tag, liebe Grüße, C Stern

  2. Seit etlichen Wochen lese ich nun deinen Blog, liebe Piri, und nehme jedes Mal etwas mit für mich: Danke, dass du dich so mitteilst! Günter

  3. Ängste MUSS man ernst nehmen und sie nicht verharmlosen!!!
    Der einfühlsame Umgang mit Menschen, die unter Ängsten leiden, ist entscheidend zur Unterstützung und Genesung. Und der Umgang mit Ängsten erfordert Zeit, denn jeder Mensch hat sein eigenes Tempo bei der Bewältigung von Ängsten.
    Das Eingeständnis eigener Ängste ist ein wesentlicher erster Schritt zur Bewältigung dieser, liebe piri.

    :heart:

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