Familie, Junioren

wenn ich mich denn nur gruseln könnte

Das nur sollte fett geschrieben sein – aber in der Überschrift geht das leider nicht! Denn nur gruseln und nicht zusätzlich noch Angst haben, mich alleingelassen fühlen mit meinen Sorgen und Tun, neidisch sein  – ja, das bin ich auch – ist nur ein Teil meiner Wahrheit. Denn wenn die Pastorenfreundin ausschweifend davon erzählt, welche Wanderung sie schon wieder gemacht hat und wo sie spazieren war, dann bin ich nicht nur traurig, dass wir so gar nicht rauskommen, dann bin ich obendrein noch wütend und zornig, wenn sie das herausposaunt, ohne einen Funken Empathie aufzubringen. Nebenbei ist es dann so, dass sie sich bei mir über diese und jenen beklagt, was dieser und jene schon wieder falsch gemacht hat. Ich möchte gar nicht wissen, was sie denjenigen über uns erzählt. Ich möchte kein Mülleimer sein! Ich habe genug eigenen Müll, von dem sie wiederum nichts wissen will. 

Gruseln kann man sich zu genüge über das momentane Weltgeschehen. Corona tut sein bestes und das politische Gefüge driftet fast überall auseinander. Was gerade in den USA passiert, kann sogar auch hier in Deutschland geschehen. Der Reichstag wurde bekanntlich auch schon gestürmt. Über Politik will ich mich nicht auslassen, das überlasse ich Menschen, die kompetenter sind, den größeren Überblick haben. Mein kleines Reich wankt – das macht mir Angst.  Ich wachse über mich hinaus und zerbreche dennoch. Aber ich wiederhole mich immer und immer und immer wieder. Dabei bin ich nicht allein. Es geht vielen so. isa, erzähl doch mal wie dein Tag aussieht? Aber auch andere Familien mit behinderten Angehörigen, die daheim leben, sind isolierten denn je. Aber ich dreh mich im Kreis und die Energie, die ich gebrauche, um mich zu drehen,  muss und sollte ich anderweitig benutzen. Zum Beispiel, dass ich endlich mein Töchting in die Badewanne setze und ihr die Haare wasche …

Veröffentlicht von piri

In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. | Ich freue mich über✨ Likes✨, Kommentare sind herzlich willkommen.

5 Gedanken zu „wenn ich mich denn nur gruseln könnte“

  1. isa sagt:

    Was soll ich schreiben? Ich wohne allein. Seit März war ich nicht mehr weg, nur Balkonien. Nicht einmal einen kleinen Spaziergang. So gut wie keine Besuche.
    Keine Ausnahme, auch nicht Weihnachten. Ich lebe wohlbehütet hinter dem Coronahygieneplan des Pflegedienstes. Ein Schaden an Seh- und Hörnerv wie auch Fatiqueprobleme erschweren zusätzlich die Kommunikation. Immerhin gab es eine Zoom Plattform zum Weihnachtsgottesdienst am Ort.
    Manchmal habe ich das Gefühl nur noch mit Anträgen verschiedener Ämter beschäftigt zu sein und im Nebenjob die Organisation der Assistenz zu betreiben. Immer wieder wird etwas geändert oder gestrichen.
    Corona hinterlässt in vielerlei Hinsicht deutliche Spuren in meinem Leben. Leben ist derzeit vielleicht der falsche Ausdruck. Also in meinem Dasein. Drum muss auch ich alles aufbringen was an Resilienz in mir steckt bis so etwas wie Leben wieder möglich wird.

    1. piri ulbrich sagt:

      Genau so hatte ich gehofft, dass du es aufschreibst. Wir haben wenigstens noch ab und zu die Möglichkeit spazieren zu gehen.

      Aber eigentlich wollte ich nur aufzeigen, dass wir nicht alleine sind, dass es anderen auch nicht gut damit geht. Der Behördenkram wächst mir auch über den Kopf. Anträge für dies, Nachweise für das, dann ist der Rollstuhl kaputt und oder die Sitzschale passt nicht mehr. Dazu kommen Schmerzen vom schiefen Sitzen. Ein Rattenschwanz – und wenn ich denke, es erledigt zu haben, kommen neue Unwägbarkeiten und sei es nur Fußnägelschneiden …

      isa, ich weiß, dass du das schaffst, aber der Preis, den du zahlst ist verdammt hoch. Wir zahlen jeder einen anderen Preis, aber unserer ist auch nicht in eine Tasche zu packen. Und überall sitzen noch ne Menge andere, denen es ähnlich geht. Doch trösten kann mich das nicht.

  2. isa sagt:

    Ich mag mich nicht vergleichen und tröste mich selbst. Damit fühle ich weniger Leid in meiner Isolation. Es hilft mir ja nicht weiter, wenn ich im Leiden aufgehe. Das quält nur unnötig.

  3. christahartwig sagt:

    Das Märchen von einem der auszog, das Fürchten zu lernen, war eines meiner liebsten, als ich ein Kind war. vielleicht, weil ich es nicht verstand, denn ich selbst hätte sehr gerne gelernt, mich nicht zu fürchten. – Besser, man pfeift im Wald, als man lacht nur im Keller.

  4. christine b sagt:

    bin am nachlesen, durch kinder- und enkelferienbesuch hatte ich keine lesezeit.
    was ihr beide schreibt macht mich so betroffen, wie euer sonst auch nicht leichtes leben nochmals durch dieses virus erschwert wird. :-(
    an die behinderten denkt man in diesen zeiten wirklich viel zu wenig! es ist so hart in dieser isolation und ohne rechte hilfe „dahinzuvegetieren“.

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