Alltag, Behinderung

Alltag

…oder – Es geht wieder los!

Eigentlich sollten bei diesem Projekt von Ulli auch Bilder gezeigt werden, aber glaubt mir – diese wollt ihr nicht sehen. Beziehungsweise lasse ich euch nicht sehen!

Um 4:00Uhr bin ich wach geworden, weil auf der inoffiziellen Abkürzung –  Privatweg! – an dem Haus, in dem wir wohnen, ein Mann entlang getorkelt ist. Zwar hat er keinen Lärm gemacht, aber die kleinen Bewegungslichtchen und seine Stirnlampe haben ihn verraten. Ich war zu feige, um ihn zu stellen, denn das hätte ich gut und gerne machen können. Nachts, im dunklen jemanden anzusprechen, das traue ich mich dann doch nicht. Hätte ja wer weiß wer sein können.

Ein bisschen viel Konjunktiv. Dafür kommt nun die harte Realität. 

Der Kerle ist wach. Um 4:00Uhr morgens. Er spielt mit dem Tablet. Ich gehe in das Zimmer und kann grad noch sein elektronisches Spielzeug an die Seite schaffen, da stößt es auch schon aus ihm heraus. Er würgt nicht einmal. Es kommt, wie eine Fontäne.  Im hohen Bogen. Grobstückig.  Eirig und astronautig, der Geschmeidigkeit wegen. Wir haben noch keinen Ton miteinander geredet und die Sprache bleibt mir im Hals stecken, während der Kerle kotzt. Ich renne einen Eimer holen. Als ich endlich den aus dem Spülenschrank hervorgezogen habe, ist der Ausbruch auch schon wieder vorbei. Carsten hockt im Bett und guckt sich die Bescherung an. 

Kopfkissen, Bettdecke, Bettbezug, sogar der Teppich  – alle haben partizipiert. Nicht gleichmäßig.  Das Kopfkissen ist eindeutiger Sieger. 

Der Kerle hat mittlerweile seine Sprache wiedergefunden und meint lapidar: „Du Mama, jetzt ist es raus!“

Behinderung, Familie, Junioren, Kuddelmuddel

Quasseln ohne Ende

Um 16:00Uhr kommen die Junioren aus der Werkstatt heim. Wiebke zieht sich erst einmal in ihr Zimmer zurück und muss für sich alleine sein. „Mama, ich kann nicht gleich, komme später!“ Sie beschäftigt sich, spielt mit den Puppen oder guckt Videos beziehungsweise Bücher an.

Carsten dagegen braucht Aktion. „Was spielen wir? Wann kommt M.?“ Aber auch ohne spielen steht die Schnute nicht still. Es sprudelt nur so aus dem Kerle. „Du Mama, ich habe eine neue Freundin. Sie hat meine Hand gestreichelt und mir einen Kuss gegeben. Ich muss mich rasieren – du musst mich rasieren, ich kratze!“ Tatsächlich sieht Carsten wie ein Murtchen aus, Haare schneiden ist auch fällig. Aber das wird vermutlich wieder einer Vergewaltigung gleich kommen. Auch den Bart kann ich nur schneiden, wenn wir alle tiefenentspannt sind. Mir kommt zugute – und das werde ich gnadenlos ausnutzen – dass Carsten verliebt ist und seine Liebste die Stacheln moniert hat.

Inzwischen weiß ich gut Bescheid, über Regenbogenfische, dass sie gesnoezelt haben, er dabei eingeschlafen ist und dass er drei Erbsen gegessen hat, die Aushilfe nicht gekommen ist und dass sie trotzdem Musik gemacht haben. Er war für eine Stunde arbeiten – in der Lernwerkstatt und Ch. hat ihn dort gebeten nicht so viel zu reden, denn dass würde die anderen von der Arbeit abhalten. Was sie während der Musikstunde gesungen haben, weiß ich inzwischen auch, weil er mir jedes Lied vorgesungen hat – wirklich jedes! Auch das von der Nordseeküste!

Als Wiebke kam, hat sie auch gesungen! Haben wirklich beide die gleiche Musikstunde genossen?

Jetzt ist Stille. Carsten isst, ja er isst Krabben und Wiebke schaut ganz gebannt zu …

Wie geht ihr mit Dauerquasslern um?

Behinderung, Familie, Junioren, Kuddelmuddel

Quasselstrippe

Carsten kaut mir ein Ohr ab. Von der Sekunde an, als er wach war, redete er heute Morgen ohne Punkt und Komma. Von Weltraumabenteuern, die er nächstens bewältigen konnte, bis zu der ungeliebten Betreuerin, die noch mindestens eine Woche krank geschrieben ist und dass ihm das einerseits freut, andererseits aber auch nicht, weil die Gruppe unterbesetzt ist und keine guten kognitiven Angebote stattfinden. Er redet davon, dass es langweilig ist und er sich auf die Physiotherapie freut. – Ich nicht, denn mir tun noch immer sämtliche Gelenke weh!

Wiebke hat sich gestern Abend noch geschminkt und ist so schick ins Bett gegangen. Da sie sich selber ausziehen kann und ich um 22:00Uhr nur kurz gucke, ob sie auch zugedeckt ist, habe ich die Kriegsbemalung nicht gesehen. Baden, Bett waschen, Teppich putzen – denn der wurde kurzerhand mitgeschminkt. „Ich will aber heute nicht turnen!“ Mein Töchting ist gerade auf Oppositionskurs. Gestern wollte sie schon nicht zur Bandprobe, weil‘s ihr da zu laut ist. Als ich zum abholen kam, war sie noch feste am trommeln…

Wenn ich Kommentare bekomme, dann freu ich mich sehr. Wenn ihr wollt, könnt ihr uns auch gerne etwas in den imaginären Hut werfen!