Behinderung, Gedicht

dazu gibt es keine Überschrift

Ein Kind stirbt
und die Welt geht unter
Es ist schwer im Mai zu sterben
wenn das Leben draußen erwacht

Niemand fragt danach
wenn ein Kopfgewitter beginnt
wenn‘s drunter und drüber geht
im Hirn des kleinen Menschen

Niemand fragt ob’s Frühling, Sommer, Herbst
oder Winter ist
Ein Äderchen platzt und der Wettlauf beginnt
nur gewinnen kannst du das fast nie

Ein Kind stirbt
der Himmel wird schwarz
Tulpenfelder werden grau
die Gänseblümchen schließen ihre Blüten

Windräder drehen, als wollten
sie abheben und in den Himmel fliegen
Es ist verdammt hart
den Eltern nicht helfen zu können

Gott beschütze…

© piri ulbrich

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Ein Kind aus einer Elterngruppe kleinwüchsiger Kinder wird gehen müssen. Mir geht’s schon nicht gut damit. Wie geht’s dann erst den Eltern, Geschwistern und Angehörigen – leider ist die Welt niemals gerecht!

Gedicht

noch zu früh

Man sollte etwas früher schlafen gehen…
Und anstatt dessen wird es immer später.
Sehr viele gibt es, die das nicht verstehen,
Doch mancher sagt mir auch: ja, das versteht er.

Man möcht nicht mehr; man trödelt nur so rum.
Man sollte endlich seine Brief schreiben.
Doch plötzlich ist die Zeit dann wieder um;
Man hat nicht Lust; man läßt es wieder bleiben.

Die tiefe Nacht sieht sich vertraulich an;
Man raucht schon wieder eine Zigarette.
Man hat ja schließlich seine Pflicht getan,
Was tut man jetzt? – Nichts mehr, man geht zu Bette.

Man tut es nicht; man fühlt sich so privat…
Und eigentlich wird man jetzt richtig munter.
Die Tage sind doch manchmal desperat.
Man ist auch mit den Nerven runter.

Man hört die Leute oben geh’n zur Ruh.
(Die Frau mit ihrem Tritt bringt mich zum rasen!)
Was noch? Ja, richtig, ist der Gashahn zu?
Und in die Küche mit den Blumen – Vasen!

Ist’s Licht aus? Und die Türe zugemacht? –
Man muss weiß Gott, nach allem selber sehen…
Worüber habe ich heute so gelacht?
Ich weiß nicht mehr; – man sollte schlafen gehen.

Lessie Sachs

Gedanken, Gedicht

zehn vor sieben

Erst gleich aufstehen, in zehn Minuten etwa.
Vorher noch schlafen
die Decke über den Kopf ziehen
oder den Bauchnabel streicheln.
Nach links und rechts gucken
Jedes der Kinder schläft noch
Bitte nicht husten, das könnte sie wecken
Straßenlärm übertönt das Vögelgezwitscher

Das Licht im Kopfkino erlischt:
der Tagesfilm beginnt

Aufstehen – die zehn Minuten sind vorbei

© piri ulbrich