Was in der Nacht geredet wurde, wischt der Tag aus. | Aus Arabien
09:13 Uhr – Die Betten sind abgezogen und in der Waschmaschine, der Kerle hat mir einen Kuß auf die Wange gedrückt und gesagt: „Du Mama, ich hab dich lieb!“ Ich habe den Volkshochschulkurs QiGong gekündigt, ich wollte da sowieso nur hin, weil ich dachte dort Menschen kennenzulernen. Die Dozentin ist nett, aber die Bewegungen mag ich nicht. So muss man sich trennen und mir, die immer an allem festhält, mir fällt es schwer Ade zu sagen.
10:13 Uhr – Das wird heute ein Fortsetzungsbeitrag mit kleinen Momentaufnahmen: Es passiert wieder, dass sich Menschen zurückziehen, weil sie überfordert mit meiner Situation sind. Im Leben und hier im Blog. Und dabei kann ich es ihnen nicht verdenken (sagt man das so?).
12:39 Uhr –
16:38 Uhr – Wiebke steht am Fenster und wartet, wartet darauf, dass der Fahrer, der sie und Carsten zur Bandprobe abholt, vielleicht doch ein Viertelstündchen eher kommt, um ein paar Späßchen mit ihr zu machen. Sie singt ihre fröhlichen Kauderwelschlieder.
C Stern sagt:
Dein Gedicht finde ich außergewöhnlich schön – und tröstlich! Universelles Getragensein, auch Leichtigkeit ist zu spüren …
Ich kann nur ehrlich schreiben, wie ich es erlebe:
Es kommt vor, dass sich Menschen zurückziehen – aber nicht, weil man ihnen egal ist, sondern, weil sie sich selbst hilflos fühlen, und angesichts von viel Leid nicht mehr wissen, wie sie mit einem umgehen sollen. Aber es kommt auch vor, dass Menschen zurückkehren und dann glaubhaft machen, warum sie einige Zeit weggeblieben sind. Ich kann’s nachvollziehen.
Liebe Grüße, C Stern
piri sagt:
Das ist diese Hilflosigkeit, die man spürt, wenn man auf der Straße einem Obdachlosen nicht begegnen will und so ganz plötzlich die Gehsteigseite wechselt. Ganz unbeabsichtigt! Für deine Ehrlichkeit bin ich dir sehr dankbar.
M. - K. sagt:
Liebe piri, im Persönlichen merkst Du sicher, wenn sich Menschen zurückziehen. Aber hier im Blog? Kann es nicht auch an so vielem liegen, einem Urlaub, selbst erkrankt, zu viel im eigenen Leben, ohne, dass es ein wahres sich zurück ziehen ist, sondern eine Pause?
Ich weiß es natürlich nicht, aber mir kam gleich dieser Gedanke.
Sich von etwas zu trennen, was einem nicht behagt, das ist gut. Menschen lernt man kennen, manchmal über Wege, an die man gar nicht gedacht hat.
Liebe Grüße von mir!
piri sagt:
Ja natürlich kann es alles mögliche sein warum ich denke, dass sich Menschen zurückziehen. Böse Absichten vermute ich nicht, es ist lediglich eine Beobachtung. Ich sehe nur, dass ich alleine bleibe und je mehr ich das bin, umso wunderlicher werde ich und stoße Menschen vor den Kopf. Heute in der Bücherei habe ich fast geheult, als sich die Bibliothekarin nur nach den Junioren erkundigte. „Geht’s denen gut?“ Aber was hätte sie anders sagen sollen? Als ich antworte: „Denen ja!“, war Schweigen. Sie war ebenso hilflos – ich bin dann geflüchtet.
Zum Menschen kennen lernen müsste ich mich trauen eingetretene Wege zu verlassen. Dazu habe ich grade keine Kraft. Die Normalität fordert ihren Tribut.
mona lisa sagt:
Was aber genau erhoffst du dir denn auch über diese Blogbeiträge bzw. die Besucher*innen hier?
Ich finde es manchmal sehr schwierig, angemessen auf deine Beiträge zu reagieren.
Wie kann man/ich angemessen Mitgefühl äußern, ohne in Ratschläge, Tipps etc. abzugleiten?
Das Beispiel der Bibliothekarin scheint mir beispielhaft zu sein:
Du wünscht dir Kontakt, wenn der dann eintritt, ist es ebenfalls schwierig, da du verständlicherweise sehr dünnhäutig bist.
Du machst etwas „um zu“ und merkst, das funktioniert so nicht.
Für neue Wege hast du keine Kraft, doch die alten rauben dir unermesslich viel Kraft.
In einem persönlichen Gespräch könnte man da ggf. vorsichtig, feinfühlend ansetzen, aber hier?
Und mit irgendwelchen dahingeschriebenen Sätzen möchte ich nicht antworten.
Wo ich nicht angemessen meine reagieren zu können, schweige ich lieber, fühle aber mit dir – nur was nutzt dir das konkret in deiner Situation?
Ehrlich gemeinte herzliche, aber auch ein wenig ratlose Grüße
piri sagt:
Ja, ich sehe das Dilemma! Was erhoffe ich mir? Etwas, was ein Blog nicht leisten kann. Weißt du, dass genau solche Kommentare, wie der den ich jetzt beantworte, mich zwar weinen lassen, aber dennoch gut tun. Eventuell wäre es doch gut Tipps zu geben. Es liegt dann an mir, ob ich sie annehme. Merkwürdigerweise ist es so, dass ich von manchen Menschen gerne Ratschläge höre, wenn ich denke, dass sie ehrlich gemeint sind.
Neue Wege zu gehen fällt mir unglaublich schwer. Ich bin ja Asperger-Autistin und somit immer verunsichert, ob ich das, was ich mache überhaupt darf, ob ich nicht einem anderen Menschen damit schade etc, ich wäge ab und denke und denke und denke und sehe ganz viele Hindernisse.
Zur Bibliothekarin: sie hatte keine Zeit, eine lange Schlange Kinder stand hinter mir.
Dankeschön für deine ehrliche Meinung, ich weiß es sehr zu schätzen und grüße herzlich zurück!
Trude sagt:
Ich habe die Erfahrung gemacht, das Menschen aus meinem Umfeld sich zurück ziehen, wenn sie nicht wissen wie mit mir situationsbedingt umgehen sollen.
Bestes Beispiel meine Nachbarschaft, sowohl nach dem Tod meines Mannes, als auch nach dem meiner Mutter.
Wenn ich dann selbst auf sie zugehe verfliegt diese Hürde.
Liebe Grüße
Trude
piri sagt:
Das kann ich nicht – auf Menschen zugehen. Ich bin Autistin und habe große Menschenscheu mit regelrechter Angst davor.
dergl sagt:
Vielleicht kann die Post euch ja ein bisschen helfen, wenn sie ankommt. Ich hab mir Gedanken gemacht, was ich für wen dabei lege.
piri sagt:
Gucken wir mal!