Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

Kompliziert

Macht’s nicht komplizierter, als es ist! So, wie es ist, ist es eh schon umständlich genug.
Wenn beide Junioren mit mir zusammen im Keller schlafen, dann heißt das für mich Gewichtheben – und trotzdem werde ich nicht, auch nur ansatzweise solche Muckis wie Carsten bekommen! Ein Beweisbild gibt es nicht, weil immer noch Bilder heruntergeladen werden und ich nicht möchte, dass fremde Menschen meine Kinder auf ihrer Festplatte speichern.

Carsten hat als älteres Baby, da war er ca. ein Jahr alt, an den Daumen seines Papa, Überschlug gemacht. Ergo, er hat sich mit seinen Händen an den Daumen gehalten und dann Schwung geholt und sich gedreht – verständlich? Carstens Oberarme sind stahlhart, ohne jedes Gramm Fett. Zu seinem Leidwesen, denn er möchte so gerne eine Ratte tätowiert haben. Aber ins Muskelgewebe tätowieren? No way!

Bei mir könnte man gut. Fettgewebe ist auch da – nur will ich kein Tattoo. Nur ein bisschen mehr Kraft in den Armen, dass ich mein Töchting locker tragen kann. Zum Glück ist mein Rücken top. Die Schultermuskulatur ist angespannt und momentan meckert auch der ehemals angebrochene Halswirbel, aber ich mache fleißig Krankengymnastik – auch wenn’s hier und da knackt! Noch trage ich Wiebke relativ zügig die Treppe hoch und das Leichtgewicht Carsten eh mit links. Kompliziert wird es, wenn es viele Dinge und Menschen sind, die von oben nach unten, oder andersherum, transportiert werden müssen. Dann laufe ich treppauf, treppab – meine Lieblingsbeschäftigung wird das nicht. Denn dann schnaufe ich, wie eine alte Dampflok bei Bergfahrt.

Wir sind ein gutes Team, wir meistern die Morgen gut – und wenn ich die Junioren im kühlen Keller schlafen lassen kann, so werde ich sie, ohne Murren, rauf- und runtertragen. Egal wie kompliziert es ist.

Behinderung, Junioren, Kuddelmuddel, Musik

Wiederholungen | immer wieder

Wiederholungen müssen sein, sind notwendig, manchmal überlebenswichtig, sie geben Routine, stumpfen aber auch ab.

Ich weiß nicht, wie oft ich heute schon gesagt habe: „Trink was!“ Zu beiden Junioren – zu Wiebke besonders. Es ist anstrengend und es nervt! Die Balance zu finden, zwischen nicht mehr hören können und der Notwendigkeit, dass ja etwas getrunken werden muss, damit sie nicht austrocknen – diese Balance zu finden, ist eine Gratwanderung. Dass die Herrschaften frühstücken – das habe ich aufgegeben. Dafür habe ich eine Begleitung zum Jazzkonzert  (Ruth Sabadino) am Mittag auf der BuGa organisieren können. Ich bin I. sehr dankbar, dass sie ihre eigenen Pläne einfach über den Haufen wirft und mit uns Musik hören geht …

Junioren

Lass uns reden

Lass uns offen in die Situation schauen. Ich habe Bauchschmerzen während ich das hier schreibe. Ich will es nicht wissen. In meiner Ursprungsfamilie herrscht die Meinung: Was ich nicht sehe/sehen will, gibt es nicht! Aber ich kann meine Augen nicht mehr verschließen. Carsten wird sterben. Wann, weiß ich nicht. Wir werden alle sterben. Wann wissen auch wir nicht. Jetzt, nachdem ich es geschrieben habe, möchte ich es schnellstens wieder löschen. Ich will es nicht wahrhaben, muss mich doch fügen. Deswegen, genau deswegen werde ich gegen die Angst anschreiben. – Nicht immer, aber immer öfter. Denn wenn klare Verhältnisse sind, dann schreibt/lebt es sich leichter, weil nicht auch noch Vertuschungsversuche angestellt werden müssen.

Carsten liegt noch im Bett und schläft. Zum Glück schläft auch Wiebke. Der Kerle hat gestern Abend versucht der Fußball WM der Frauen zu folgen. Das Zuschauen erforderte seine ganze Konzentration. Seine Augen sehen, wenn er müde ist, doppelt. Versucht einmal einem Ball zu folgen, wenn er scheinbar zweimal vorhanden ist. Ich habe große Hochachtung vor Carsten. Viel besser ist es, er hört das Spiel. Wie wir die richtige Kombination zwischen Bild und Ton finden – die Carsten auch selber beeinflussen kann – weiß ich noch nicht. Aber vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken und der Kerle hat seinen Weg, Fußball mitzubekommen, schon längst gefunden. Es hat ihn geschlaucht, er war fix und fertig und er schlief heute Nacht und schläft, wie ein Murmeltier.

Ich werde beide nicht wecken. Wie ich allerdings Essen in sie reinbekomme, weiß ich auch noch nicht. Wiebke macht mir keine Sorgen, sie isst und hat ein Hungergefühl. Carsten muss ich wirklich zwingen. Aber ich muss aufpassen, dass ich ihn nicht überfordere, ihn bevormunde, ihn entmündige. Diese Gratwanderung zwischen festhalten und gehenlassen, zwischen Flügel geben und wurzeln – das ist verdammt schwer auszubalancieren!

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Mein Kaffee ist einmal wieder kalt geworden …