Gedanken, Gedicht

Deutschland singt und klingt

Fragen über Fragen

Hat Deutschland allen Grund zu singen
Und sollen diese Lieder klingen
Ist’s wirklich gut in diesem Land
Mit fremden Melodien
Sind wir einig
Vater- Mutterland
Ist’s gleich im Norden
Süden, Osten, Westen
Wer gibt hier Weisheiten zum besten

Und wenn’s nicht klingt
Das, was da singt
Wenn Zwietrachten zwischen den Zeilen
Hervorkriechen zuweilen
Nach zweiunddreißig Jahren
Können wir zusammen singen
Aber bis die Lieder einig klingen

© piri ulbrich

Allgemein, Behinderung, Gedanken

herbstliche Gedankensplitter

„Sag nicht immer, dass du Asperger-Autistin bist. Damit kannst du dich nicht rausreden!“ Ich weiß inzwischen, was mir dieser Mensch damit sagen will. Ich solle nicht so unhöflich sein, mehr Rücksicht nehmen, die Befindlichkeiten des anderen spüren und vor allem berücksichtigen. Ich solle mich mehr zurücknehmen und auch mal gutgemeinte Ratschläge annehmen – er oder sie würden sich freuen Ratschläge zu bekommen und außerdem wären es doch sehr kluge und empfehlenswerte Ratschläge. Diese auszuschlagen wäre total rücksichtslos und distanziert. Weiß eigentlich der- oder diejenige was Autisten sind? Oder besser gesagt, was ins Autismusspektrum gehört? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich solle sich der oder die Autistin nur zusammenreißen und endlich mal normal sein. 

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Heute Nachmittag habe ich die Junioren um die Ecke gebracht! Sie dürfen eine Nacht bei einer relativ neuen Helferin schlafen. Die Initiative ging von der Helferin aus und es geschieht nicht einmal auf Honorarbasis – sie macht es völlig freiwillig und gratis. Nicht umsonst – sie bekommt eine Menge Lachen dafür. Die Zeit, die ich geschenkt bekomme, nutze ich früh ins Bett zu gehen.

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Leben ist anstrengend – aber schön anstrengend. Als ich vorhin im Regen nach Hause ging fühlte ich mich frei. Am Ende war ich bis auf die Haut nass, hatte aber eine Tüte mit Blättern und Kastanien gesammelt. Meine Füße taten mir weh und die Lunge pfiff auf Minibronchien. Es gibt Longcovid! Gibt es auch so was wie Longsepsis? Ich möchte Longcovid nicht kleinreden – das ist sicherlich sehr schlimm. Aber ich knapse hin und wieder auch an Erschöpfung und den Nachwirkungen meines Organversagens – besonders an dem der Lunge. Meine Nierenwerte sind im Normbereich, aber ich habe seit Wochen eine chronische, wenn auch leichte, Blasenentzündung. Da fällt mir ein, dass   des Kerles Blasengeschichte vom Tisch ist. Solange er keine Schmerzen hat, wird nichts geschehen. Das ist ärztlich abgesegnet! Zum Kardiologen muss ich dringend. Ich habe ja so einen merkwürdigen Gendefekt LQT-Syndrom. Aber ich kann mich nicht um alles kümmern …

 

Gedanken, Gedicht

Tagebuch

Die Wolken treiben dahin
an diesem Morgen, wie die
Worte in meinem Herzen,

bis sie verschwinden, wie die
Wolken in diesen Morgen,
der Morgen in diesen Tag,

und der Tag in den Sätzen:
Das war eine Wolke oder
das war ein Morgen

verschwunden sein wird.
Ich denke, daß alles endet,
indem es beginnt,

und es ist Montag, und die Dinge
verschwinden, und ich gehe
aus dem Haus, über die

Straße, über den Platz, deine
Bemerkung erinnernd: „Unsere Liebe
ist wirklich“, wie dieser Morgen,

diese Wolken, dieser Tag,
wie die Worte in meinem Herzen
wirklich wirklich

gewesen sein werden

© Kurt Drawert

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Meine Wolken haben sich verdichtet in einen grauen Himmel. Es ist ja nicht so, dass ich grau nicht mag. Ich finde diese Farbe sogar sehr spannend. In keiner anderen gibt es interessantere Schattierungen. Ganz hell, ganz dunkel. Fröhlich, trist, fast neutral, asphaltgrau, graue Strähnen, fast schwarze anthrazitgraue Gedanken. Weiße Schlieren im mittelgrau – und dann ein roter, blutroter Klecks …