Gedanken

einen Brief schreiben

Lieber Hans,

heute Morgen habe ich dich wieder einmal sehr vermisst. Dein Kopfzurechtrücken, wenn die Angst überhandnimmt. Dein liebevoll vorwurfsvolles Gucken, wenn sich bei mir wieder hoffnungslose Panik und Betriebsamkeit breit macht. Eine Welle schwappte über, riss mich mit und spülte mich in ein Meer aus Tränen.

Hört das nie auf, das vermissen? Trauer kommt in Wellen, aber niemand hat mir gesagt, dass auch noch Jahre später ein Tsunami draus werden kann. Ab und zu gibt es einen Hoffnungsschimmer. Der Himmel bricht auf und ich habe das Gefühl, du zwinkerst mir zu. Deine Kinder schaffen es besser, sie sind es, die mich heute auch zum lachen gebracht haben. Ich liebe dich, aber ich möchte dich auch endlich loslassen können. Es sind nicht nur die leisen und lauten Sorgen, die das Leben bestimmen – es sind auch der alltägliche Kram, der Sand im Getriebe ist. Du fehlst auch als Vermittler zwischen den Generationen und als Fels in der Brandung, wenn aus einer Mücke ein Elefant wird oder wenn eine Entscheidung immer wieder auf die nächste lange Bank geschoben wird.

Dein Platz ist in mir. Ich weiß, dass du nie wieder die Tür aufschließen, nie mehr mir gegenüber am Tisch sitzen und mich nie wieder umarmen wirst. Aber ich weiß auch, dass du tief in meiner Seele verankert bist. Manchmal bist du sogar da – im Regentropfen in der Buchenhecke – aber dann bist du so plötzlich, wie du gekommen bist, wieder weg. Lässt mich allein. Nicht gut – mir fiel es doch schon immer schwer Abschied zu nehmen.

Kann man entscheiden aufzuhören zu trauern? Rose Ausländer – du weißt, ich mag ihre Gedichte, schreibt:

Was vorüber ist
ist nur vorüber
Es wächst weiter
in deinen Zellen
ein Baum aus Tränen
oder vergangenem Glück

Lieber Hans, unser Glück kann uns keiner mehr nehmen – aber das darf es nicht gewesen sein. Ich möchte noch mehr davon. Wenn nicht mit dir, dann eben mit anderen …

Familie, Gedanken

Ein Versuch relaxed zu sein

Es passt so gar nicht. Aber nachdem die Junioren letzte Woche malade waren, klopfen ganz schüchtern der Schnupfen und seine Brüder die Gelenkschmerzen bei mir an. Ich will sie nicht reinlassen …

Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren, Musik

Jeder Morgen

Jeder Morgen ist gleich und doch nicht derselbe. Der Kerle ist wach und hat gute Laune, wenn ihm auch der Rücken schmerzt und er mittelschwer unterzuckert ist. Das Töchting zieht sich die Bettdecke übers Gesicht und beginnt erst einmal zu motzen! Was, das kann ich nicht verstehen. Heute hat sie tatsächlich wieder einmal aus Trotz ins Bett gepinkelt – mit Ankündigung. Aber ich war leider nicht schnell genug! Irgendwas ist. Nur was? Sie äußert sich nicht. Stattdessen meckert sie über blöde Hosen und darüber, dass sie keine Jacke anziehen will. In solchen Zeiten kommt Carsten definitiv zu kurz. Er badet! „Ich will nicht baden!“, kommt es aus Wiebkes Zimmer. Ja, sie müsste eigentlich, aber ich lasse es …

Gefrühstückt haben sie wieder beide nicht. Wenigstens hat Carsten getrunken und Wiebke hat ihre Flasche. Sie wird auf dem kurzen Weg zur Lebenswerkstatt diese im Bus leeren. Nicht auskippen – trinken!

Ich mag keinen Kaffee. Heute nicht. Dabei habe ich mir richtig guten gekauft. Ich mag aber gar keinen Kaffee. Er regt mich an – heute regt er mich auf. Statt Kaffee zu trinken, ziehe ich Betten ab und beschäftige Minna, die ihreszeichens meine Waschmaschine ist.