Was wissen wir schon voneinander? Oft leben wir nebeneinander her, reden und sprechen zwar miteinander, aber kennen tun wir uns nicht.
Das schreibt grad die richtige! Eine Autistin, die, wenn sie es nicht muss, kaum ein Gespräch mit ihren Nachbarn führt. Es schmerzt mich und, ihr könnt mir glauben – ich arbeite daran, ich bemühe mich wirklich, nicht immer gleich nach dem Grüßen wegzulaufen. Mir fällt es verdammt schwer, habe ich doch immer das Gefühl etwas falsches zu sagen und zu schwafeln. Zum Glück gibt es Carsten, der keine Scheu hat und drauflosquatscht.
Unsere unmittelbaren Nachbarn kenne ich, mit denen rede ich auch hier und da ein paar freundliche Worte. Ein richtiges Gespräch kann man das nicht nennen; das tut mir leid. Aber ich weiß auch gar nicht, ob sie mich kennen lernen wollen? Ich selber tätˋs schon gerne, aber ich trau mich nicht! Viel zu blockiert bin ich. Das wesentliche ist schnell gesagt und mehr – so denke ich – ist nicht nötig, um sich auszutauschen. Je älter ich werde, merke ich, dass da noch was ist und knappe Worte bauen eher eine Barriere auf, als dass sie diese einreißen. Smalltalk liegt mir nicht – aber vielleicht sollte ich es lernen.
Denn, nur wenn man voneinander weiß, kann man sich kennen lernen …
Was willst du, was ich für dich tun kann?
Das war die zentrale Frage im heutigen Fernsehgottesdienst.
mijonisreise sagt:
Ich denke, wenn es dir ein wirklich wichtiges Anliegen ist, Kontakt herzustellen und zu vertiefen, wirst du deinen Weg schon finden. Handicap hin oder her. Auch die völlig „normalen“ haben damit ihre Schwierigkeiten, heute mehr, als früher
piri ulbrich sagt:
Es ist nicht so einfach. Ich stehe mir mit dem Kontaktaufbau selber im Weg und möchte mich niemanden aufdrängen. Dabei ziehe ich mich mehr und mehr zurück…
Weena sagt:
Mir geht es aber auch so und bin keine Autistin. Oder ich weiß nichts davon. Ich denke eher, bei mir liegt es an den Depressionen oder weiß der Kuckuck.
Man sagt ja auch, dass man durch Hunde sehr schnell Kontakte bekommt. Ja, kriegt man. Hilft bloß nüscht, wenn man den Mund nach dem Grüßen nicht weiter aufkriegt.
LG Weena
Paula sagt:
Auch Nichtautisten können sehr reserviert sein. Ich z.B. wohne seit 20 Jahren in einem Haus mit 4 Etagen mit jeweils 2 Wohnungen und hatte bisher keine Lust die Nachbarn näher kennenzulernen nach netten Plaudereien auf dem Flur, sie interessieren mich nicht, und ich sie auch nicht. Das stört mich nicht, weil meine Freiheit mir sehr viel wichtiger ist als gute nachbarschaftliche Kontakte.
Eine Ausnahme: seit einigen Monaten haben ein deutsch-tunesiches Ehepaar, die ich bis dahin kaum gesehen hatte, und ich uns angefreundet. Ich habe sie spontan zum Kaffeetrinken eingeladen (am Sonntagnachmittag mit selbstgebackenem Kuchen), als sie mir persönlich an der Wohnungstür herzliches Beileid nach dem Tod des Mannes gewünscht hatten. Solche zuerst distanzierten und höflichen Rituale können hilfreich sein. Inzwischen begrüßen wir uns mit französisch-arabischen Küsschen auf beide Wangen, und eine Einladung nach Tunesien habe ich auch schon bekommen!