Alltag, Behinderung, Familie, Gedanken

brummel

Es gibt so wenig Begegnung mit nichtbehinderten Menschen. Wir sehen sie, der Kerle spricht – wenn er gut drauf ist – sie an, manche schauen kurz und drehen sich wieder weg. Mit Kindern ist es noch spezieller. Sie gucken, gucken, gucken interessiert und wenn nicht ich die Kinder anspreche, dann passiert nichts und eine Chance der Begegnung ist vertan.

Bald ist Diakoniefest und die Band in der die Junioren mitspielen, wird dort auftreten. Das wird garantiert ein großer Spaß für die Musikerinnen und auch für die Zuhörerinnen. Es wird leider nicht die Resonanz bekommen, die sie eigentlich verdient haben. Sie werden immer den Behindertenbonus haben. Dabei sind sie gut! Nach dem Konzert wird uns kaum jemand ansprechen und wenn ja, werden es dieselben Menschen wie letztes Jahr sein. An diesem Tag werden mehr behinderte Menschen jedweder Art zu sehen sein – einen Moment im Fokus zu stehen ist gut. Aber wir wollen gar nicht im Mittelpunkt stehen, wir wollen selbstverständlich dabei sein. Überall dabei sein. Nicht als besonderes Grüppchen, sondern normal mittendrin. Mein Traum ist, loszugehen ohne nachzudenken, dass ich vorher Helferinnen akquiriere – ich werde genug Hilfe vor Ort finden, denn es ist völlig okay behinderten Menschen zu helfen. Dieser Traum ist schön, aber leider nur ein Traum!

11:00Uhr – Oh happy day. Morgen beginnen die Special Olympics World Games, leider viel zu weit weg vom Dorf!

Alltag, Gedanken

sie hat nicht geweint

Nach 12 Stunden Schlaf bin ich am Morgen müde erwacht – eigentlich wollte ich mich umdrehen und weiterschlafen. Aber das miefige Bett, der Durst und auch der Hunger trieben mich raus. Mein aktuelles Lesebuch ist Schund, das andere zu schwer – gewichtsmäßig und intellektuell! Meine Bauchschmerzen sind grandios. Ich gefalle mir nicht im Spiegel, die Falten sind wie eingemeißelt und Schatten liegt unterm Auge. Meine erste Handlung nach dem Kaffee machen ist, mir millimeterdick Creme ins Gesicht zu schmieren – aufpolstern! Geholfen hat das nichts. Außer, dass ich glänze, wie eine Speckschwarte.

In die Kirche gehen will ich nicht, mit dem Pfarrer habe ich keine Berührungspunkte. Warum wir uns gegenseitig nicht so recht mögen, liegt an unserer jeweiligen Geschichte, die eine komplett andere Sozialisierung hat. Mir ist eh schlecht! Aber daheimbleiben will ich nicht.

Nicht weit weg hat der Schrauben-Würth mehrere Museen. In seinem Verwaltungsgebäude zeigen behinderte Künstler ihre Bilder und Skulpturen. Dahin fahre ich, darüberhinaus noch ein bisschen weiter ins Hohenlohische. Landschaftlich wunderschön. Ich bin herrlich unterwegs. Keiner stört sich an meinem verknitterten Gesicht, weil ich niemanden begegne. Dass mein Magen Achterbahn fährt, ist mir egal. Mittagessenzeit – sowieso vorbei.

Als ich nachmittags wieder Zuhause bin, habe ich Durst und will mich noch nicht im Haus verkriechen. Vorne rein, schnell ein anderes Paar Schuhe an, zum Garten wieder raus – tief fallen und in den Weinbergen sein. Raus zum See. Auf dem Feldweg fällt mir eine ältere Dame auf, die in sich gekehrt ist. Ich spüre, dass sie genau wie ich Gesellschaft braucht. Gemeinsam sind wir langsam – sie mit Gehwägelchen, ich mit lädierten Füßen, da ich vorher mit Schühchen unterwegs war – zum Weinhäuschen. Sie erzählt mir ihre Geschichte und wenn ich zu Wort komme, ich ihr meine. Ihr Mann war vor nicht einmal sechs Wochen gestorben und sie hat noch keine einzige Träne geweint. Warum hat sie mir plausibel erklären können. Er war lange krank, zum Schluss nur noch eine Hülle. Sein Sein, so sprach sie, hat sich nach und nach verflüchtigt. Wir sprechen über Sterbehilfe, über das Leben vor dem Leben, über ihren Beruf als Verlagssekretärin, über ihre Kinder, die beide eine Professur haben. Wir sprechen über Kunst, die Liebe und über Gedichte. Wir reden sehr lange. Ich vergesse für einen Moment mein Magengrummeln. Beschwingt geh ich heim – dort habe ich erst einmal geko… – wollt ihr gar nicht wissen!

Ich liege mit Wärmflasche auf dem Sofa und denke gerne an den heutigen Pfingstsonntag!

Alltag, Kuddelmuddel

Nähmaschine wieder heile

Passt ja, passt ja richtig gut! Seit dem Winter war die Maschine defekt, jetzt geht sie wieder und rattert wie neu. Diverse Ärmelbündchen muss ich annähen, einige Hemden vom Kerle in der Länge kürzen, hier und da eine Jeans ausbessern. Mein Töchting möchte ein Handtäschchen und für mich selbst will ich’s wagen, mir ein passendes Top zu nähen – die es zu kaufen gibt sind mir unter den Achseln viel zu weit ausgeschnitten. Da sieht man ja alles, tz, tz, tz.

Ich habe Nachholbedarf. Für den Stoff muss ich ins schwedische Möbelhaus – ich freu mich wirklich drauf!