Behinderung, Gedanken, Junioren

Versprechungen

Wir alle müssen lernen mit Versprechungen umgehen zu können. Gerade ist eine geplatzt – einfach so. Peng! Die schillernde Seifenblase ist plötzlich nur noch glibberiges Wasser. Ich habe so gehofft und jetzt ist meine ganze schöne Planung wieder völlig durcheinander gewirbelt. Ich habe extra für eine Reise, von der ich nicht wusste das sie wirklich funktionieren kann, Termine abgesagt. Ich, die große Angst hat, jemanden abzusagen, habe das getan. Nun stehen wir da und haben nichts. Nicht die Reise und die anderen Aktivitäten sind ebenso perdu. Wiederholen geht auch nicht, weil diese Termine anderweitig vergeben sind. Alles deswegen weil ein Mensch mich hingehalten hat – aus Nachlässigkeit und vielleicht auch ein bisschen Feigheit vor der Verantwortung. Wir können nächste Woche nicht, wie geplant, verreisen. Der Faden, an dem ich hing, ist gerissen. Ich falle und muss zusehen, dass ich nicht zu hart aufschlage. Wenn‘s nur um mich ginge, wäre ich nur halb so traurig. Ich muss den enttäuschten Junioren erklären, dass wir daheimbleiben! Aber immerhin haben sie einen Trost: Ostern fahren beide auf eine Freizeit in die bayrischen Berge. 

Aufgeschrieben klingt alles nicht dramatisch, mein Bauchgrummeln ist in mir drin… Das Leben geht immer, immer, immer weiter – oder nicht?

Alltag, Gedanken, Kuddelmuddel

Samstagnachmittag

Schiefersteine

Manche leben mit einer so erstaunlichen Routine, dass es schwerfällt zu glauben, sie lebten zum ersten Mal. | Stanislaw Jerzy Lec

Die Nachbarin von Gegenüber fegt die Straße und schüttelt von Zeit zu Zeit den Kopf ob der abgestorbenen Monstergrashalme von meiner Seite. Ich werde nen Teufel tun, die alle einzusammeln. Sind eh wenige, und jetzt ist auch das große Büschel abgeschnitten! Neidisch gucke ich auf ihr sauberes Haus, wie es drinnen aussieht kann ich mir denken. Bestimmt nicht so chaotisch wie bei uns. Der Nachbar mit dem akkuraten Garten hat seine Tage strukturiert, freitags geht er frühmorgens einkaufen und samstags ist Putztag. Wenn er nicht daheim ist, steht auch nichts vor der Haustür und abends pünktlich werden bei einer anderen Nachbarin die Rollläden runtergelassen – zu meiner Schande muss ich gestehen, ich vergesse das oft. So kann jeder reingucken und wir liefern unfreiwillig pantomimisch gratis ein Theaterstück. 

Der Kerle hört Bundesligaberichterstattung – volle Pulle Lautstärke und kommentiert stimmgewaltig jedes Tor. Es fallen viele Tore! Mir fallen die Ohren aus, ich tät gerne schwerhörig sein. Das Töchting räumt auf. Carstens Rollstuhl steht, für sie, an der falschen Stelle und so bugsiert sie selbst ihren Rollstuhl anschiebend den ihres Bruders in dessen Zimmer – auch meuternd kommentierend. Wie kann ich mich erdreisten, den Rollstuhl an falscher Stelle stehen zu lassen? Der Nachbarin Auto gehört ja auch sofort in die Garage. Der Nachbar zur rechten Seite grüßt und saugt weiter den Innenraum seines Auto, ich denke wieder einmal nicht daran meine dreckigen Schuhe auszuziehen und müsste den Flur kehren … 

Gedanken

wie heißt du und warum heißt du so?

Mein Name ist Petra, das heißt die Felsenfeste. Aber habe ich den Namen auch zu Recht? Bin ich wirklich so felsenfest, wie ich vorgebe. Bin ich so ein Fels in der Wüste wie die wunderbare Stadt in Jordanien – so hochherrschaftlich und geheimnisvoll unerschütterlich? Mein zweiter Name ist Rosemarie. Kann ich mich damit anfreunden? Ja, ich mag Rosen sehr gerne, besonders die roten mit den Dornen. Stachelig kann ich gut sein. Mir wird das immer wieder vorgeworfen! Und dann heiße ich auch noch Elisabeth, dieser Name stammt aus dem Hebräischen und setzt sich aus den Wörtern „El“ (Gott) und „saba“ (sieben) zusammen, was „Gott hat geschworen“ bedeutet. Meine Güte schon wieder herrschaftlich. Wenn ich da an die englische Königin denke!

Ich habe die Namen von meinen Taufpatinnen bekommen und an Rosemarie erinnere ich mich, dass das eine starke Frau war. Sie war Bauingenieurin, zwar im Betrieb ihres Mannes und da auch nur Mädchen für alles, aber studiert haben muss sie es ja mal in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie war an manchen Tagen schick und an anderen Tagen trug sie Hosen und ich muss das Wort gebrauchen, war burschikos! Elisabeth war eine Marktfrau. Nicht weniger stark, sie erkämpfte sich einen Platz, an dem fast jeder vorbeimusste und machte so gute Geschäfte. Ich hoffe, dass ich von beiden Frauen profitiert habe. Rosemarie kannte ich nicht lang genug – sie zog weit weg. Elisabeth, meine Tante Lisa, war mir von Zeit zu Zeit eine Vertraute in Kindertagen. Ihr habe ich auch als erstes erzählt, dass ich schwanger war.

Erzählt doch mal, habt ihr auch mehrere Vornamen?