Behinderung, Gedanken

aushalten

Lieber die Straßenseite wechseln, wenn der Ehemann der kürzlich verstorbenen Nachbarin sich nähert. Das Essengehen mit der frischgetrennten Freundin vermeiden, weil man nicht mehr weiß, wie man sie noch trösten soll. Den Krankenbesuch hinauszögern, weil das Leid nicht mitanzusehen ist. Haben wir das Aushalten verlernt? Einfach wachen. Auf andere oder sich selbst aufpassen. Nicht in Aktionismus verfallen oder weglaufen, sondern Trauer und Schmerz, Verzweiflung und Hilflosigkeit, Streit und Disharmonie zulassen und aushalten – miteinander zumindest für eine Weile. […]  © Ulrike Berg

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Wie ist das bei euch? Könnt ihr aushalten? 

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Eigentlich wollte ich heute über das Nichtgesehen werden meiner Junioren schreiben. Habe ich so auch indirekt …

Alltag, Behinderung, Bücher, Familie, Gedanken, Junioren

morgens still

Ich bin nur kurz Zeitung holen, die Morgenluft ist kalt. Meine bloßen Füße frieren und ich zittere. Am Esstisch schlage ich die Seiten auf, übersehe wohlweislich die ersten politischen Seiten. Ich mag mich nicht erschlagen lassen von dem ganzen Elend.

Zehn Minuten später ruft mein Töchting nach mir – ich bin noch nicht mit dem Kaffee fertig – sie muss aufs Klo. Sie lässt sich überreden und legt sich dann doch noch mal ins Bett. Der Kerle pennt eh noch. Wir sind heute alleine. Es wird ein Vorlesetag. Für den Sohn gibts: Über die Grenze von Maja Lunde – ein Buch über Flucht aus Norwegen nach Schweden im Jahr 1942. Sehr aktuell, sehr emotional. Mein Töchting liebt zur Zeit Fantasiegeschichten mit Hexen, wilden Kerlen und Kauderwelsch.

Wieder zehn Minuten später ruft der Kerle, dass er Durst hat. Aufstehen will er nicht. Wie ich denn darauf käme, es sei doch schließlich Samstag. Und außerdem solle ich mich auch wieder hinlegen, ich sähe müde aus. Wie er das aus dem Blickwinkel seiner Sandmannaugen sehen kann!

Zwei Minuten später. Das Töchting singt und ist hellwach. Ich decke sie noch etwas zu. Sag ihr, dass um kurz nach sieben am Wochenende ihre Freunde noch schlafen. Geglaubt hat’s sie es sicherlich nicht. Aber leiser sind die Lieder.

Mein Kaffee ist kalt. Die Zeitung zerfleddert. Ein Gedicht geschrieben. Meine nackten Füße immer noch verfroren. Das Gedankenkarussell in Gang gebracht.

In zehn Minuten bestücke ich die PEG. Pragmatisch beginnt der Tag.

Gedanken, Kuddelmuddel

da hab ich was gefunden

Und wer sich in leutseligem Gethue Niederen gegenüber gefällt, der schwatzt, lacht, gesticulirt und schneidet Fratzen, macht sich zum Affen und nennt es affabel. | Georg von der Gabelentz