Kuddelmuddel

Zehen und Zinkverband

Von Fingern und Zehen
schneid ich schnell mir die Zeit
– doch manchmal, da hätt’ ich gern mehr!

Hätt’ mehr für die Liebe
und Mitmenschlichkeit
– doch wo krieg’ ich sie her?

©petra ulbrich

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Carsten hat sich – wie könnte es besser sein? – gerade den großen Zeh gebrochen. Dieser ist blitzeblau, mindestens doppelt so dick und wir gehen nicht zum Arzt. Stattdessen gibt’s ein Kühlpack und ich versuche – wenn ich dran darf und das Schmerzmittel wirkt – die beiden äußeren Zehen miteinander zu fixieren. Was anderes würde ein Arzt auch nicht tun. Eigentlich heißt es: Schmerz lindern und abwarten. Der Kerle meint dazu: „Dumm gelaufen! Dabei kann ich gar nicht laufen!“

Gedanken, Gedicht, Junioren

Ich sterbe

Sehr provozierend – ich weiß. Aber auch ihr sterbt!

Unser Sterben beginnt, lange bevor wir geboren werden. Zeit online Wissen, eine Seite, auf der ich gerne stöbere, weil auch ein Laie, wie ich, vieles versteht, hat mich nachdenken lassen. Ich sterbe und ich habe auch davor Angst. Wahrscheinlich nicht einmal vor meinem eigenen Tod, wie es Mascha Kaléko schrieb:

Memento
Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,
Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich todentlang
Und laß mich willig in das Dunkel treiben.
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem gleiches widerfuhr;
– Und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,
Doch mit dem Tod der andern muß man leben.

(aus:  Verse für Zeitgenossen)

Ich habe Angst, meine Junioren allein zu lassen. Was passiert mit ihnen, wenn ich nicht mehr da bin? Es wird Zeit, dass ich meine uralte Patientenverfügung, die Zukunft der Junioren  – wenn ich sie nicht mehr versorgen kann – und die Finanzen kläre. Ich scheue es, wie der Teufel das Weihwasser. Es ist verrückt! Aber ich werde es diesen Herbst/Winter verstärkt angehen. Noch geht es mir gut, noch sterbe ich nur den Tod, den alle sterben. Aber auch der kann sehr schnell kommen, kann plötzlich zuschlagen.

Erst letztens habe ich in einer Traueranzeige schmerzlich erfahren müssen, dass eine Studienkollegin gestorben ist. Nach langer schwerer Krankheit, hieß es. Was es war, werde ich nicht erfahren – tut auch nicht zur Sache, befreundet waren wir nicht. Wachgerüttelt hat es mich dennoch!

Behinderung, Junioren, Kuddelmuddel

Sie sind wieder da

Die Junioren sind gestern Abend wieder heil und (!) gesund im Heimatort angekommen. Sie hatten eine schöne Zeit, auch wenn der Kerle  gekotzt hat – die Betreuer sind damit sehr gut klar gekommen, haben Carsten einfach umgezogen, ihm seine Freiräume gelassen und ansonsten nicht gedrängt. Gut, das geht im Urlaub besser, als zuhause und fremde Menschen sind nicht so nah dran wie ich – aber es funktioniert. Carsten sieht aus wie ein Spitzmäuschen – ich werde päppeln müssen. Wiebke hat einfach nur genossen und ihr Ding durchgezogen. So möchte ich das auch können!

Hier sind nun kleinere Hügel an Wäsche zu waschen, das Wetter lädt dazu ein, im Bett zu bleiben, eventuell heiße Suppe zu essen – kurz, alles das zu tun, was wir monatelang nicht machen konnten …

So long – ich bin nicht mehr allein und die Einsamkeit hat grad wenig Chancen sich breit zu machen. Ich weiß aber, dass auch wieder andere Tage kommen – deswegen werde ich schweigend genießen!