Behinderung

hab zwar keine Zeit

… aber das muss ich dringend verlinken, weil ich den Beitrag voll und ganz unterschreiben kann.

Ach noch was – ich war heute Morgen bei der hiesigen kommunalen Behindertenbeauftragten. Viel helfen konnte sie mir nicht, aber wir haben ein sehr gutes Gespräch auf Augenhöhe geführt! Dankeschön

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17:19 Uhr – so, das wollte ich noch schreiben, weil es mich unglaublich stolz macht. Ich habe unerwartet von einer mir fast unbekannten Frau, die mich aber länger schon beobachtet, ein Kompliment bekommen. Ich sei eine tolle starke Frau! Die Aussage kam einfach so im Vorbeigehen und genau das hat mir gutgetan!

Alltag, Behinderung

zehn Minuten noch

„Mama, bitte noch 10 Minuten!“ Es ist kurz vor sieben Uhr und eigentlich sollte der Kerle baden. Ich lasse ihn liegen. So kann er noch etwas länger schlafen. Das bringt zwar meinen gesamten Ablauf durcheinander, schafft aber zufriedene Menschen. Währenddessen hat sich mein Töchting ihr T-Shirt ausgezogen und bibbert: „Das Fenster ist auf, es ist kalt!“ Ich trage sie ins warme Bad und setze sie aufs Klo. Heute scheint die Toilette gewachsen zu sein, denn sie fällt fast rein. Auch sitzt sie völlig schief, klagt über Hüftschmerzen und weint bitterlich, als ich sie korrigiere. Also schnell anziehen und auf den sicheren Rollstuhl setzen. – Zwischennotiz: es fällt mir gerade ein, dass ich beiden ihre THC-Tropfen nicht gegeben habe. – Als sie endlich auf dem Rolli saß, lachte sie auch schon wieder! 

Des Kerles 10 Minuten waren vorbei und ich schnappte ihn mir, um ihn anzuziehen und zu wickeln. „Och Mama, die Hose mag ich nicht. Gibts keine andre?“ Na klar gibts eine andere. Das war das Stichwort für Wiebke: „Mama guck mal, ich hab mich vollgeschmiert.“ Sehr genüsslich zeigt sie mir ihr verstecktes T-Shirt, das einen kleinen Kakaofleck hat. Ich zeige ihr den Vogel und ziehe den Hoodie runter.

Zum Frühstücken bleibt nicht viel Zeit, Kakao trinken und das Vesper einpacken. Der Kerle verirrt sich schon wieder in den Weiten des Weltalls und muss Galaxien retten. Das Töchting guckt aus dem Esszimmerfenster und beobachtet sehr genau, was und wer vorbeiläuft. Als der Werkstattbus endlich vor der Einfahrt steht und der Busfahren nicht sofort ins Haus kommt und stattdessen mit dem hilfsbereiten Nachbarn noch ein Schwätzchen hält, wird sie unruhig – es passt nicht in ihren Plan, dass J. nicht sofort zur Haustür kommt. Das bekommt er auch sofort zu hören! Er lacht es weg, der Mann ist einfach klasse. Aber dann muss noch das Bilderbuch mit und Carsten braucht ein bestimmtes Spielzeugauto und die Trinkflasche ist nicht bruchsicher verpackt und den Anorak will sie dann doch lieber daheim lassen …

 

 

Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

es sind nicht die anderen

Es ist sogar niemand bestimmtes, nichts konkretes, was mir Angst macht. Es sind die Umstände, in der wir alle leben. Es sind die Krankenstände in der Pflege. Im Schnitt waren im letzten Jahr Pflegekräfte 29,8 Tage im Jahr krankgeschrieben. In der Altenpflege sogar 34,2 Krankentage. Das kann ich mir nicht leisten, ich versorge meine Junioren auch mit Leistenzerrung und Kopfschmerzen. Hilfe gibt es nicht – ich habe keinen Plan B, habe keinen Ersatz, der kurz mal eben einspringen kann… Es geht immer weiter und ich bin heilfroh darüber, dass die Junioren eine Wochenstruktur haben. Eine sehr ausgedünnte zwar und diese Woche nur heute und morgen, aber immerhin sind sie am Tag für ca. 7 Stunden versorgt. Diese Woche ist besonders. Mittwoch besuchen Carsten und Wiebke ein Schlagerkonzert – sie können an dem Tag nicht in die Werkstatt, weil sie sonst den Abend nicht aushalten. Donnerstag müssen sie ausschlafen und am Freitag geben sie selbst ein Konzert. Zum Matthias-Reim-Konzert werden sie begleitet, das kostet mich pro Nase ca. 200€ – den Rest mache ich komplett alleine. Betreuung inklusive beim eigenen Konzert. Diese Woche wird hart werden, weil‘s die letzte schon war. Alles alleine! Wenn jetzt der Ratschlag kommt, sich nach Hilfe umzugucken, dann retoure ich den Schlag – Woher soll ich die nehmen? Es ist niemand da. Ich beobachte die Krankheitstage im Förder- und Betreuungsbereich und das ist bedenklich. Sie haben Kopfschmerzen und bleiben weg. So passiert es, dass Carstens Windel nur halbherzig zugemacht ist, die Hose auf Halbmast hängt und das Unterhemd in der Windel steckt. Oder Wiebkes Hose ist komplett verdreht oder die Hygienebinde ist verknuddelt in der Unterhose. Bei ständiger Unterbesetzung passieren eben Fehler und es muss schnell gehen. Auf wessen Kosten? Wer muss es ausbaden? Wer leidet (ein großes Wort) darunter? Wem zwickt es? 

Liebe Morgengrüße