Warum ist es eigentlich so viel leichter, in Rollen zu schlüpfen, als authentisch zu sein?
Ich habe gelernt, dass manche Menschen gerne Kategorien haben, in die sie ihr Gegenüber stecken möchten. Da war es oft für mich sehr schwierig, mein eigenes Ich positiv darzustellen. Als Kind habe ich nicht verstanden, warum meine Art nicht ankommt. So habe ich eine andere angenommen! Eine, die zumindest kein Stirnrunzeln hervorgerufen hat. Nur war ich nicht mehr mit mir im reinen.
Als Mutter von zwei behinderten Kindern bin ich auch in eine Rolle gesteckt worden. Man hat von mir verlangt, herauszufinden warum beide Kinder behindert sind. Verwandte wollten wissen warum die Behinderung da ist und ob sie auch betroffen sein könnten! Die Rolle von mir war vielfältig. Einerseits musste ich Forscherin sein, andererseits liebevolle, aufopferungsvolle, fürsorgliche Mutter und es wurde (damals) verlangt, dass ich mein Leben hintenan stelle. Der Vater war der Ernährer der Familie und MamS hat seinen Beruf vorangetrieben und Kariere gemacht. Außerhalb der Familie hat er auch seine Rolke gespielt.
Ich habe mich in der Behindertenarbeit engagiert – ja sogar noch eine Berufsausbildung angefangen, die in diese Richtung ging. Meine Interessen sind verebbt. Zum Glück hatte ich einen Partner, der mir Freiräume schuf, so sie denn machbar waren.
Aber, immer dann wenn ich authentischer werden wollte, bin ich auf Grenzen gestoßen, die mich ausgegrenzt haben – oder ich mich selbst ausgegrenzt habe. Selten habe ich Gleichgesinnte gefunden, die auf derselben Wellenlänge tickten. Zeit zum suchen fehlte mir. Ich war oft allein. Heißt authentisch sein, allein sein?
Kuddelmuddelgedankenchaos am Samstagmorgen.
piri sagt:
Dass mit dem mögen oder nicht mögen, hat meiner Meinung nichts mit Authentizität zu tun. Man kann auch jemanden mögen – oder gerade deswegen, wenn er/sie authentisch ist. Und sogar verurteilen, wenn man nur eine Rolle ausübt.
Verwandlerin sagt:
Scheiß auf Rollen und Schubladen! Habe ich eigentlich schon immer.
piri sagt:
Das muss man sich auch leisten können!
Verwandlerin sagt:
Weiß nicht. Ist das so? Ich meine damit nur, dass es mir egal ist, was andere über mich denken. Also ob ich deren Rollenerwartungen erfülle. Klar, führt das zu Reibereien, aber wenn man kompentent und freundlich ist, akzeptieren die Menschen meiner Erfahrung nach, dass man nicht den üblichen Vorstellungen einer Lehrerin, Mutter oder 49-Jährigen entspricht. Und Schüler:innen und deren Eltern sagen mir sogar oft, dass sie das inspirierend finden. Und meine Tochter ist depressiv, hat ADHS, Diskalkulie und ist lesbisch und daraus mache ich auch kein Geheimnis, genauso wenig wie sie.
piri sagt:
Zu sehr vielen Dingen stehe ich auch – zu den mir wichtigen sowieso!
karfunkelfee sagt:
Du kannst so sein wie andere es von Dir erwarten, doch das ist auf Dauer anstrengend und macht unzufrieden oder sogar krank. Du kannst so sein wie Du bist, dann hast Du vielleicht nur sehr wenige Freundschaften, doch die sind dann maßgeschneidert für Dich und nicht für die Erwartungen anderer. Freundschaftspflege ist wichtig, nacheinander zu fragen, sich füreinander zu interessieren und da zu sein, nicht nur wenn es gerade mal brennt, es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Auch wenn dich jemand aus der Familie schon dein Leben lang kennt, bedeutet das noch lange nicht, dass er dich auch versteht oder auf dich eingeht…das können Freunde meistens sogar besser, denn die Menschen in Deiner Familie kannst Du Dir eben nicht aussuchen.
Mit lieben Grüssen
Amélie
piri sagt:
Zum Glück sind Freunde da! ❤️
freiedenkerin sagt:
Dem schließe ich mich Wort für Wort an!
karfunkelfee sagt:
Du bist schon knorke❣️
momfilou sagt:
Knorke! Jawohl, das passt genau auf dich, Petra!
piri sagt:
Ihr seid lustig – knorke hat noch nie jemand zu mir gesagt. Mir gefällt das! Wirklich sehr! DANKESCHÖN
Myriade sagt:
Und wie ist das dann, wenn jemand völlig authentisch widerwärtig ist?
piri sagt:
Dann ist das völlig okay!