Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

höfliche Lebensart

Zur Lebensart gehört, dass man auch gegen sich selbst höflich sei.

Jean Paul

Höflich sein zu sich selbst, was bedeutet das für Euch?

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Für mich bedeutet es zum Beispiel, dass ich mich bei Bedarf zurückziehe. Dass ich mir Nischen schaffe und mir Zeit und Raum gebe. Nicht immer einfach. Besonders dann nicht, wenn ich meinen Junioren gerecht werden möchte. Carsten hat heute Nacht bis um zwei Uhr am Tablet gespielt und Wiebke um sechs Uhr begonnen (mit) zu singen. Ein jeder von ihnen hat sich von dem anderen belästigt gefühlt. Abbekommen habe ich es.

Bücher, Familie, Junioren, Kuddelmuddel

Lesezeichen

Eigentlich ist es der Einkaufszettel. Uneigentlich ist es manchmal eine Eintrittskarte, es war auch schon mal eine Rechnung aus einem Café, oft ist es auch nur ein Eselsohr.

Dann bekam ich ein besticktes Exemplar geschenkt, das mag ich sehr. Dann war es wieder nur eine Quittung oder ich habe ein Satinband aus dem Nähkästchen geklaupt.

Noch vor einem halben Jahr habe ich mehr gelesen, konnte mich besser konzentrieren. Heute – in dieser Zeit und nach meiner Krankheit – lese ich eher Bücher, die ich in einem Rutsch verschlinge, weil sie nicht sonderlich viel Verstehenmüssen voraussetzen. Da brauche ich keine Lesezeichen. Da sind sie nicht notwendig – jedenfalls für mich persönlich nicht.

Anders ist es mit Büchern, die ich vorlese (es ist aber nicht Max und Moritz). Da sind es für Carsten die Unterbrechungen, die den Text reizvoll machen. Eine kleine Spannung muss aufgebaut werden, damit das Interesse nicht verloren geht. Einmal schlafen, dann kann man weiterlesen. Nur ungefähr die letzten dreizehn oder mehr Seiten, die müssen zu Ende gelesen werden. Atemlosigkeit gehört ja auch ein bisschen zum Vorlesen, so sehe ich es jedenfalls.

Ich werde mir aber jetzt ein Buch aus meinem Fundus heraussuchen, um bewusst so zu lesen zu beginnen, dass ich ein Lesezeichen suchen muss. Ich bin neugierig, was es wohl sein wird! Was ich nehme und ob ich es schaffe, keine Eselsohren zu machen.

Behinderung, Familie, Junioren, Kuddelmuddel

Guten Morgen

Meine „Schutzbefohlenen“ sind beide noch im Bett. Der Kerle pennt und das Töchting singt, ich muss ausmisten! Wenn ich denn wüsste, wie! Nach welchen Kriterien schmeiße ich was weg und vor allen Dingen wohin? Seit die Junioren daheim sind, quillt der Mülleimer über. Die kleinen Fläschchen der Astronautenkost sind ökologisch der reinste Wahnsinn – ich habe nur keine Ahnung, wie ich das anders machen soll.

„Wann darf ich denn eigentlich wieder in die Werkstatt?“ Carsten fragt und Wiebke will wissen: „Wann kann ich wieder arbeiten?“ Dass es dem Kerle um seine sozialen Kontakte geht und dem Töchting um die Produktivität, das sind zwei Paar Schuhe – meine Tochter ist zufrieden, wenn sie sich alleine beschäftigen kann, mein Sohn vermisst seine Kumpel und quatschen mit anderen. Er kann nicht mit seinen Freunden telefonieren, er sieht sie nicht, er vermisst sie. Leider kann ich sie ihm nicht ersetzen, ich kann nur dafür sorgen, dass nicht zu große Langeweile aufkommt. Behinderte Menschen sind in diesen Zeiten noch benachteiligter, als sonst sowieso schon. „Wann können wir denn mal wieder schwimmen gehen?“ „… oder in ein Museum?“ Ich wäre schon froh, wenn wir ins Gartencenter kämen, um dort Blumen für die Terrasse zu kaufen. Aber auch da besteht die Pflicht Mund-Nasenschutz zu tragen und Wiebke will das nicht und Carsten bekommt keine Luft darunter. Okay, sie bräuchten ihn nicht, aber die Blicke der anderen Kunden sprechen Bände.

Es gibt viel zu tun. Wir machen was. Aber ich darf auch ziemlich viel organisieren damit es den Junioren nicht so langweilig, wie im Wohnheim wird …

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Nachtrag um 10 : 30 Uhr: Im Mai wird das nichts mehr mit der Werkstatt für die Junioren!