Behinderung, Junioren, Kuddelmuddel

heute am Morgen

Heute Morgen habe ich mich gefragt, was ich eigentlich mit diesem Weblog erreichen will? Ganz ehrlich? Ein bisschen Verständnis für pflegende Angehörige und natürlich Verständnis für mich. Pflegende Angehörige sind so individuell, wie andere Menschen auch. Man kann sie nicht katalogisieren. Besonders dann nicht, wenn sie selbst auch noch eine irgendwie geartete Behinderung haben. Man kann Menschen generell nur als Individuum sehen. Das macht es schwer! Weil wir alle, und da nehme ich mich nicht aus, gerne in Gruppen denken. Wir wollen, so sehr wir als Einzelpersonen wahrgenommen werden wollen, auch irgendwo dazugehören. Ich möchte auch dazugehören. Möchte ein Teil eines Ganzen sein und nicht das Ganze!

Ist das jetzt zu kompliziert? Ambivalent? Meine Junioren sind sehr speziell, ihre Behinderung gibt es weltweit nicht oft. Wir haben innerhalb Deutschland noch niemanden gefunden, der oder die vergleichbar ist. Ich kann ja noch nicht einmal meine eigenen Kinder vergleichen. Dabei wünsche ich mir nichts sehnlicher, als einen Austausch auf Augenhöhe. Aber bei den Menschen mit Glasknochen ist das nicht möglich, weil der Kerle und das Töchting kognitive Beeinträchtigungen haben. Bei den geistig behinderten Menschen ist es schwer, weil sie so zart sind und auf dem Rollstuhl sitzen. Bei den kleinwüchsigen Leuten ist entweder wieder das körperliche Anderssein oder das kognitive Denken ein Hindernis. Mein Töchting ist autistisch veranlagt, der Kerle das genaue Gegenteil. Essen ist für beide ein Problem. Gesellschaftliche Aktivitäten scheitern oftmals an meiner oder der Junioren Kraft. Ich habe auch wieder andere Interessen, als meine Kinder – auch untereinander. Gemeinsam sind wir ein Haufen Individualisten. Es liegt an mir, das unter einen Hut zu packen. Könnt ihr euch vorstellen, dass das verdammt schwer ist?

Ich hoffe dennoch immer noch auf ein bisschen Verständnis! Und ich hoffe darauf, dass ich hier und da auch einmal Resonanz bekomme…

Behinderung, Kuddelmuddel

keine Schafe da

Da, wo noch vor vielen Jahren die amerikanischen Soldaten stationiert waren und am 11. Januar 1985 ein Pershingunfall war, da ist jetzt ein Naherholungsgebiet, das auch herrlich rollstuhltauglich ist. Die Waldheide von Heilbronn!

Wir waren heute dort spazieren – ganz ohne Auto. Mit dem Bus haben wir eine kleine Ausfahrt gemacht und wollten eigentlich schon gleich wieder runterfahren, als wir die vielen Autos auf dem Parkplatz gesehen haben. Haben wir zum Glück nicht gemacht, denn auf dem weitläufigen Gelände sind wir nur sehr wenigen Menschen begegnet. Allerdings waren auch die Schafe nicht da und die Bienenvölker fliegen woanders. Ein älterer hutzeliger Herr fiel mir auf. Er schob einen schweren Rollstuhl und darin saß ein stattlicher Mann. Dieser war der Sohn, sehr kontaktfreudig. Er winkte uns neugierig zu sich. Ein bisschen Smalltalk und abtasten, ob sich die Leut eventuell kennen. Das taten sie aber nicht! Mein Kerle kannte den behinderten Mann nicht. Wir zogen weiter! Gingen einen schmalen Weg und setzten uns in die Sonne auf eine Bank. Das war gut so. Die beiden Männer begegneten uns so ein zweites Mal. Mir war in der Zwischenzeit so einiges durch den Kopf gegangen. Wo ist der Mann in der Woche? Geht er in die Lebenswerkstatt? Was macht er in seiner Freizeit? Ich musste den Vater ansprechen und habe erfahren, dass die betagten Eltern mit 88 Jahren ihren Sohn daheim alleine betreuen und pflegen. Sie kennen nicht die Offenen Hilfen, die uns inzwischen eine lieb gewordene Institution geworden ist. In meinem Hirn ratterte es. Der Mann braucht andere Menschen um sich, nicht nur seine Eltern und diese brauchen ab und zu ein wenig Entlastung. Weiß ich doch ganz genau, wie das ist, wenn man jemanden pflegt. 24/7 – das ist auch für zwei fitte so alte Menschen heavy!  Kackfrech habe ich nach der Telefonnummer gefragt und dem Vater versprochen, dass ich den Kontakt herstelle. Was sie schlussendlich draus machen, liegt nicht in meiner Hand. Aber die Mutter, die beim Ausflug nicht dabei war, mit der ich aber vor einer halben Stunde sehr ausführlich telefoniert habe, ist nicht abgeneigt und mir scheint, sie hat sich gefreut. 

… und ich denke Zufälle gibt es nicht. Unser toller Hausarzt ist auch deren Arzt. Ob meine Junioren nun was mit R. machen, glaub ich nicht – sie sind vom Naturell dann doch zu unterschiedlich, aber es gibt Angebote bei der OH, die genau das Richtige für R, sind. Ich hoffe sehr, dass ich da einen Stein angestoßen habe … 

Kuddelmuddel

wie ist das eigentlich mit gar nicht?

Gelernt habe ich: gar nicht, wird gar nie zusammengeschrieben!  Ich gebrauche das sowieso selten, weil es Garnichts bei mir nicht gibt. Es ist schon verrückt, das eine Wort wird auseinandergeschrieben und wenn ich es zusammenschreibe, kreidet es mir die Rechtschreibkorrektur von WortPress nicht an und beim Substantiv zeigt es einen Fehler. Versteh einer die Welt!

Die Welt – hat nicht jede*r seine/ihre andere? Aber ich sehe, dass nicht nur meine aus den Fugen geraten ist. Der Frühling ist da, wir sitzen  mit älteren Helfern auf der Terrasse – ein vorgezogener Osterkaffeenachmittag. Es wird nicht über den Krieg gesprochen und gar nicht über Corona. Sie sitzen im Sonnenschein, essen Kuchen und reden. Die Junioren sitzen dabei und hören zu. Sie reden übers Wetter, ihre Krankheiten, darüber, dass es schön ist, endlich wieder draußen sein zu können und wann und wie oft sie zum Arzt gehen. Ich bin froh, Gastgeberin zu sein – so kann ich mich nicht richtig am Gespräch beteiligen. Die Menschen am Tisch sind zufrieden. Denen geht’s gut. Das freut mich. Auch der Kerle ist glücklich, zwar müde, aber er hält sich tapfer auf dem Rollstuhl. Das Töchting strahlt den älteren Mann an, beim MenschÄrgereDichNicht-Spiel gewinnt sie haushoch.

Mir geht’s gar nicht mal so schlecht…