Behinderung, Familie

guten Morgen

Das war wieder einmal eine harte Nacht mit Sirdischen. Obwohl der Kerle diesen Ausdruck gar nicht mehr benutzt, kommen sie dennoch um ihn zu entführen. Erst will er nicht einschlafen und dann weint er plötzlich in der Nacht bitterlich. Schreit und lässt sich nicht beruhigen! Unser Verhältnis ist im Moment nicht besonders gut. Wir haben Differenzen mit der Lautstärke. Ich schreie: Mach deine Musik leiser. Carsten dreht am Regler, um ihn keine 2 Minuten wieder aufzudrehen. Ich mach’s leise, er motzt. Ich schreie. Er schreit zurück und das Töchting mischt sich ein und kreischt. Zum Glück in dieser Nacht nicht.

In dieser Nacht waren nur in des Kerles Zimmer die Entführer, sie ließen sich nicht vertreiben, schon gar nicht mit Cola bestechen und ein Umzug in mein Bett wurde kategorisch abgelehnt. „Ich bin ja schließlich kein Baby mehr!“ Mir war kalt, so im Nacht-T-Shirt, aber weggehen sollte ich auch nicht. Schlussendlich haben wir uns auf ein kleines Licht geeinigt.

Kaum, dass ich wieder Bett lag, kommt aus dem anderen Zimmer ein kläglicher Ruf: „Ich muss aufs Klo!“ Gerade noch rechtzeitig rauscht der Bach…

Alltag, Behinderung, Familie

frieren im Sommer

Heute friere ich. Wir sind alle viel zu luftig angezogen, tragen keine Socken und nasse Füße nach dem Sturzregen laden die Erkältung geradezu ein. Der Kerle hustet: „Mama, was ist das für ein Sommer?“ Ich hole das Handtuch und rubble ihn warm. Das Töchting will nicht angefasst werden: „Lass mich.“ sagt sie und zieht sich das nasse T-Shirt alleine aus, verlangt ein neues und den ‚Kuschelpullover‘. Mir selbst ist inzwischen wieder warm, kann mich aber noch nicht umziehen, weil Carsten bibbernd an der triefenden Hose zerrt. Habt ihr schon mal einen zitternden Menschen mit Spastik in den Beinen ausgezogen – gestaltet sich nicht einfach und wenn er auch noch motzt, dass das Wetter kacke, doof und – nee, ich sag die Wörter nicht – ist, dann macht das keinen Spaß. Er sitzt endlich eingemummelt in der Decke vorm Tablett. Wiebke singt und trinkt warmen Pfefferminztee und ich zieh mir Socken an…

Familie, Junioren, Kuddelmuddel

Tête de la course

Im Fernsehen läuft Tour de France, auf den Tablet der Junioren schon eine ganze Weile. Der Opa vom Kerle und dem Töchting hat sich vor Jahren, als Tour de France im Fernsehen lief, immer Bockwürstchen und Alsterwasser an den Sessel bringen lassen. Selbst ist er vermutlich niemals mehr als fünfzehn Kilometer am Stück mit dem Rad gefahren – ich habe ihn eigentlich nie Radfahren sehen! Aber sobald die Radfahrsaison begann, gab‘s für ihn nichts anderes mehr.
„Gertrud, bring mir noch ein Schnäpsken!“
„Auguste, sind die Würstchen heiß?“
„Kann mal jemand Zigaretten holen gehen?“
„Ist es vielleicht möglich, dass das quengelnde Kind woanders brüllen kann?“

Das quengelige Kind von damals hockt jetzt selbst vor der Glotze und ruft: „Mama, ich hab Durst!“

An der Spitze der ersten Gruppe tut sich nicht viel – wie ein Eilzug ziehen sie durch die Landschaft. Sich kontinuierlich abwechselnd, ist immer ein anderer vorne. Als mein Schwiegervater Radsport guckte, hatten die Fahrer noch keine Helme auf, hatten noch keinen Knopf im Ohr. Die Männer an der Spitze hatten ihre Wasserträger, der träge Mann im Sessel seine Lakaien und mein Sohn hat mich…

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18:35 Uhr – übrigens, der andere Opa, der Großvati genannt wurde – mein Vater – war ebenso ein fanatischer Fernsehsportgucker. Aber er war im realen Leben, zwar nicht auf dem Fahrrad, aber wandernd, kletternd und skifahrend unterwegs.