Alltag, Familie, Gedanken, Junioren

Frauen

Frauen die nichts fordern, werden beim Wort genommen – sie bekommen nichts.

Auch wenn es so schön rosa daherkommt, so stimmt es dennoch. Internationaler Frauentag ist noch nicht. Doch ist nicht jeder Tag ein Tag für alle? 

Ich bin irre alt! Ein bisschen macht mich das, nicht nur wehmütig, sondern auch traurig. Okay, körperlich bin ich fit und ich denke, es bleibt so. Dennoch weiß ich, dass meine Kräfte schwinden. Schwinden – wie das klingt – sie werden weniger, oder mein Töchting wird schwerer. Heute Morgen war es kein Problem sie aus dem Bett zu holen. Es gab aber auch schon Tage, da musste ich schwer schnaufen. Ich lese immer noch Elke Heidenreichs Buch, jetzt die letzten Seiten, und dies Buch …

Mir geht’s gut. Ich lebe mit den diffusen Ängsten, habe es gelernt. Ich werde auch noch lernen, diese, wenn nicht vollständig zu vertreiben, so doch wenigstens ab und zu zu vergessen. Vielleicht ist es auch nur gut zu akzeptieren, dass sie zu mir gehören.

Vorm Haus rasen die Autos vorbei. Es ist eine Dreißiger-Zone, aber seit im Dorf die Hauptstraße teilweise gesperrt ist, nehmen viele die Abkürzung durch unser Mischgebiet. Die Sonne kommt raus!

Gedicht, Kuddelmuddel

nicht aufgeben

möchte nicht aufgeben
nur verzweifeln
will ich auch nicht

werde mich anstrengen
und kämpfen
um mein Glück

will nicht verlieren
doch gewinnen
auf Kosten andrer, geht nicht

wünsche mir inneren Frieden
werde gelassen Dinge angehen
die ich beeinflussen kann

erbitte mir Hilfe
will nicht hilflos dastehen
wenns nicht weitergeht

verlange von mir
und den Anderen nichts
was nicht zu machen ist

erhoffe mir aber Verständnis
eine starke Hand, die mich hält
und immer ein offenes Ohr

mir gefällt es nach vorne zu schauen
nicht zurück, denn Vergangenes
soll Vergangenes sein

© petra ulbrich

Familie, Gedanken, Junioren

Aufruhr

Ich denke, wünschen hilft. | Rahel Varnhagen von Ense 

Vorab – ich bin monothematisch und werde es vermutlich – aber wer weiß das schon?, noch nicht einmal ich selbst – in der nächsten Zeit immer wieder sein.

Die Zukunft von uns allen liegt vor uns. Inwieweit wir sie beeinflussen können, liegt nicht immer in unserer Hand. Ich habe die Zukunft von drei Menschen zu planen und einmal wieder eine Heidenangst. Auch in Anbetracht der letzten aufwühlenden Debatten im deutschen Bundestag, in der es um Zuwanderung von Migranten geht. (Ist das nicht doppeltgemoppelt, denn Migranten sind ja Menschen, die von einem Ort an den anderen übersiedeln.) Wer pflegt unsere Alten? Wer pflegt unsere behinderten Kinder und Mitmenschen? Wer versorgt sie? Sind es doch zum großen Teil ausländische Mitbürger!  Aber das ist eigentlich auch nur ein Thema am Rande. Denn meins ist, meine behinderten Kinder und deren Zukunft. Dabei ist es gar nicht unbedingt so, dass ich um sie Angst habe, es geht ihnen gut. Es wird ihnen auch gut gehen, ohne mich. Davon bin ich überzeugt. Sie sind im Grund zufriedene ausgeglichene Menschen und sie sind anpassbar – was ja in meinen Augen schon wieder nach hinbiegen klingt.

07:52 Uhr – Unterbrechung: Wiebke ist wach geworden und braucht ein bisschen Aufmerksamkeit.

Die Zukunft meiner Junioren ist abhängig von Assistenzkräften und so vielen mehr. Was mich allerdings in Aufruhr versetzt ist, dass ja auch noch meine Zukunft gibt.

07:58 Uhr – der Kerle hat schlechte Träume. Ich nehme ihn in den Arm.

Ihr lest/seht, ich scheue mich davor es auszusprechen: Meine Zukunft ist, wenn die Junioren ausziehen, ohne Aufgabe. Mein ganzes Leben lang  habe ich ich mich um die Belange anderer Menschen gekümmert. Seit ich denken kann. Schon mit 12 Jahren hatte ich Verantwortung für meine kleine Schwester. Ich kann nichts anderes! Dazu kommt, dass ich Einzelkämpfer bin (ich mag kein Kämpfer sein!). Schon von jeher war ich viel auf mich alleingestellt, hatte und habe kaum Freunde. Auch der Tatsache geschuldet, dass ich im Autismus-Spektrum bin, was mir erst sehr spät klar wurde. Wenn jetzt die Junioren nicht mehr bei mir wohnen würden, wäre ich isolierter denn je. Es gibt kaum Kontakte außerhalb der Pflege, die würden dann wegfallen. Ich habe es in meinem Leben nicht gelernt Kontakte zu knüpfen . Ein Fehler, ein vergangener Fehler! Aber ich bin inzwischen auch sehr menschenscheu geworden und habe eine ausgeprägte Sozialphobie  entwickelt. Dazu kommt die Angst. Auch Angst vor der Angst. Die Hilflosigkeit und das alleine gelassen werden, wenn ich um Hilfe bitte. Denn es ist nicht so, dass ich auf Hilfe pfeife – ich lasse sie mir nur ungerne überstülpen.

Natürlich weiß ich, dass ein Blog nicht das geeignete Medium ist und ich erwarte hier auch keine Ratschläge. Manche Kommentare machen mich sogar wütend. Aber abstellen mag ich sie dann dennoch nicht, weil hin und wieder sehr kluge Gedanken dabei sind. Ich weiß, ich weiß; jetzt habe ich wieder einmal Kommentatorinnen verprellt. Aber ich möchte gerne ehrlich sein können …

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Ich schreibe kein journalistisches Blog. Kein Blog, das Anspruch hat, vielen Menschen ihre Gegenwart zu spiegeln; ich möchte meine Gegenwart erzählen und da ist es eben nicht immer Sonnenschein und gute Laune. Ich habe kein sehr optimistisches Gemüt, aber eins kann ich euch sagen, in der Depression bin ich nicht gefangen.

Ich schreibe blind, denn durch meine Brille sehe ich nichts – sie ist voller Tränen. Es ist eben Kuddelmuddelgedankenchaos.