Gedanken

sie schaut mich ja nicht einmal an

Für Patienten, die an einer Störung aus dem Autismus-Spektrum erkrankt sind, kann direkter Augenkontakt unangenehm sein. Einige Betroffene beschreiben es sogar als „brennendes Gefühl“. Von Mitmenschen und Teilen der Forschung wurde der fehlende Augenkontakt als Desinteresse gegenüber der Umwelt gewertet. Neuere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass subkortikale Strukturen wie die Amygdala, der Thala­mus, das Pulvinar und die superioren Colliculi bei Patienten eine fehlerhafte Informa­tionsverarbeitung verursachen. Das subkortikale System ist bereits bei Neugeborenen aktiv und fördert eine natürliche Hinwendung zu Gesichtern. Es scheint auch an der emotionalen Verarbeitung von Blicken beteiligt zu sein.

Hilfe, diese obige Erklärung macht mich wütend. Zum einen ist man nicht am Autismus-Spektrum erkrankt und per se kein Patient deswegen. Zum anderen ist es dermaßen verquer geschrieben. Die Quelle werde ich nicht angeben!

Ich gucke bei Gesprächen meinen Gesprächspartnern sehr ungern in die Augen, weiß sehr oft nicht (eigentlich nie) welche Augenfarbe mein Gegenüber hat. Menschen beim sprechen anzugucken verwirrt mich, bringt mich aus dem Konzept. Das hat nichts mit mangelnden Interesse zu tun. Es ist purer Selbstschutz, ich kann mich einfach sonst nicht auf das Gespräch konzentrieren.

Veröffentlicht von piri

Ich bin ganz schön viel und ganz schön wenig, ich bin Mutter, Hausfrau und Dichterin in allen Lebenslagen. Im Autismus-Spektrum bin ich obendrein. In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ❤️ | ✨ Kommentare sind herzlich willkommen.

8 Gedanken zu „sie schaut mich ja nicht einmal an“

  1. andrea sagt:

    Ich habe es als „bissl merkwürdiges Gefühl“ beschrieben, wenn mich das Gegegnüber beim Gespräch nicht anschaut., ich habe es nicht als Desinteresse interpretiert. Desinteresse äußert sich nach meinem Dafürhalten anders. Übrigens schaue ich beim Reden auch manchmal auf die Seite , wenn ich mich ganz intensiv aufs Thema konzentriere. Das ist aber etwas anderes, als wenn jeman ständig auf die Seite schaut, meistens unruhig. Ich habe dann eher das Gefühl, dass das Gegenüber sehr unsicher ist. Oder sehr, sehr nervös.

    1. piri sagt:

      Dein Gefühl täuscht dich nicht. Nervös trifft es aber nur zum Teil. Gespräche können Stress sein, besonders für Menschen im Spektrum, weil sie oft mir ihrer Wortwahl oder Intonation haarscharf daneben liegen ohne es zu wollen.

      Danke für deine Reaktion und liebe Grüße

  2. Walter sagt:

    Das mit dem Patienten verstehe ich. Als Mensch mit einer Mobilitätsbehinderung reagiere unwirsch, wenn ich als krank betrachtet werde, wo ich doch nur (!) behindert bin.

    Aber was ist am Rest des zitierten Textes so verquer? Er klärt doch nur aus neurologischer Sicht über das Nicht-in-die-Augen-sehen-Können von SpektrumsautistInnen – was für ein Wort! – auf.

    1. piri sagt:

      Ich hab das schon verstanden, finde es aber viel zu verkopft ausgedrückt!

  3. Gudrun sagt:

    Naja, es ist das Ärzteblatt. Die schreiben weniger für uns.
    Das mit der „Erkrankung“ erinnert mich an die Schwiegermutter meiner Tochter. Die macht den Eltern Vorwürfe, nicht intensiv nach einem guten Arzt zu suchen. Der könnte die Krankheit des Enkels heilen. Sie sind schlechte Eltern.
    Mein Enkel wird von einem Autismuszentrum in L.A. betreut und meine Tochter ist Psychologin. Das zählt alles nicht.
    Ich schaue nicht jemand während eines Gesprächs permanent in die Augen. Da fühlt der sich ja aufgefressen.

  4. Verwandlerin sagt:

    Meine Tochter hasst es geradezu, wenn andere Menschen sie angucken…

  5. Margrit sagt:

    Spannend.

    Ich schiele. Da ist auch eine Herausforderung beim Anschauen und Sich-angeschaut-fühlen :yes:

  6. Izzy sagt:

    Diese Stempelmentalität – Kommunikation kann doch ganz unterschiedlich aussehen. Wichtig ist, dass jeder seinen eigenen Weg findet, der wirklich zu ihm passt.

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