Ich bin eine Mutter. Ziemlich allein und im Autismusspektrum.
Ich bin Pflegerin, Kämpferin, Antragstellerin, Seelsorgerin, Advokatin. Meistens alles gleichzeitig. Ich bin erschöpft und gleichzeitig stärker, als ich je sein wollte.
Ich bin nicht perfekt, bin oft müde, zweifle und bin verzweifelt. Ich hadere mit mir und den Umständen und sage Dinge, die andere lieber nicht hören wollen.
Weil ich hinschaue und nicht mehr wegsehen will.
Doppelt- und Dreifachbelastung – wer sieht’s? Alles normal! Wenn Cola auf den Teppich plörrt, höre ich: Ich muss jetzt gehen, auf Wiedersehen! – und hinterher entschuldige ich mich noch, dass ich ob der Sauerei laut wurde …
… und es interessiert kaum jemanden!
Kira sagt:
Was für eine kraftvolle und ehrliche Momentaufnahme! Deine Worte berühren sehr – sie zeigen all das, was so oft unsichtbar bleibt: die Stärke, die Erschöpfung, das ständige Kämpfen und das Gefühl, mit all dem zu wenig gesehen zu werden. Es braucht Mut, so offen über die Herausforderungen des Alltags zu schreiben. Gerade deshalb ist dein Beitrag so wertvoll – für alle, die sich in ähnlichen Situationen befinden und Trost oder Verständnis suchen. Danke, dass du hinschaust und nicht weg siehst, und dass du uns mitnimmst in deine Gedanken- und Gefühlswelt. Du bist nicht allein!
piri sagt:
Ich bin nicht allein und dennoch werden wir (da schließe ich die anderen mit ein) alleingelassen und werden kaum gesehen, kaum wahrgenommen.
Da fällt mir ein, über Wertschätzung möchte ich auch einmal etwas schreiben.
Babsi sagt:
Die Pflege daheim ist häufig eine große und unsichtbare Last, die kaum jemand wahrnimmt. Es sind oft die Pflegebedürftigen selbst, die diese Arbeit wertschätzen können – und das ist viel, aber es braucht auch den Blick und die Anerkennung von außen. Manchmal fühlt es sich an, als wäre die Pflege eine ‚Privatsache‘, die von der Gesellschaft kaum gesehen wird, obwohl sie so zentral ist für das Leben vieler Menschen. Gleichzeitig sind es genau diese unsichtbaren Tätigkeiten, die die Lebensqualität der Pflegebedürftigen sichern und unglaublich viel Kraft und Liebe brauchen. Du machst das Bemerkenswerte, auch wenn es nicht immer gesehen wird – und das verdient großen Respekt und Wertschätzung.“
Wichtig ist anzuerkennen, dass Pflege zu Hause eine zumeist unerkannte, belastende und doch so wichtige Aufgabe ist, die nur ein enger Kreis wertschätzen kann, während die Gesellschaft oft wenig von dieser Last oder Leistung mitbekommt. Gleichzeitig könnte man betonen, dass Unterstützung, Anerkennung und Wertschätzung nicht nur von den Pflegebedürftigen selbst, sondern auch von Familie, Freunden und Gesellschaft nötig sind, um die Pflegenden zu entlasten und sichtbar zu machen
piri sagt:
Was erzählst du da wem? Erzähl es lieber anderen, nicht unbedingt mir – ich weiß das alles.
Gudrun sagt:
piri, bitte, sei nicht so ruppig. Das ist jemand, der dich wertschätzt und da polterst du rein. Das ist an der Stelle nicht gut.
mo sagt:
Liebe Gudrun, als poltern habe ich piris Antwort nicht gesehen. Deinen Kommentar empfinde ich dagegen als übergriffig. Steht es Anderen zu piri zu maßregeln?
Gudrun sagt:
Weißt du, ich kenne piri schon sehr lange. Und deshalb dachte ich, auch das mal sagen zu dürfen. Andere enthalten sich vielleicht und genau das soll nicht passieren. Man kann seine Worte immer anders wählen und nur das war gemeint. Wenn es übergriffig ist, dann verkneife ich mir das Kommentieren eben auch.
piri sagt:
Ich habe mich gekränkt gefühlt – sehr sogar. Du kennst mich schon lange, du weißt auch, dass ich keine Ratschläge mag und du wirst dich möglicherweise auch gekränkt fühlen, wenn ich dir auf deinen anderen Kommentar antworte.
Anne Seltmann sagt:
Ich lese dich.
Nicht zwischen den Zeilen – sondern mitten im Satz. Du schreist nicht. Du beschreibst. Und gerade das macht laut.
Du bist viele Rollen in einer Person, und doch wirst du zu oft übersehen – als wärst du Kulisse statt Hauptfigur. Aber ich sehe dich.
Deine Stärke ist kein Heldinnentum, das glänzt. Sie ist die Stärke, die sich morgens aufrappelt, die mit müden Händen Formulare ausfüllt, die Grenzen verschiebt, damit das Kind Platz hat.
Und du mit?
Du hast jedes Recht auf Erschöpfung. Auf Zweifel. Auf Zorn. Auf ein „Nein“ und auf ein „Ich kann nicht mehr“. Dass dich kaum jemand fragt, wie es dir geht, heißt nicht, dass es egal ist. Es heißt nur, dass du in einem System lebst, dass oft blind ist für leise Heldinnen.
Ich sehe dich, wenn auch nicht persönlich. Und wünsche dir Menschen, die bleiben, auch wenn die Cola klebt und du kurz laut wirst. Denn das bist nicht du allein – das ist deine Kraft, die keinen Platz mehr hat.
Und sie verdient Gehör.
piri sagt:
Danke Anne, und wieder weiß ich nichts zu antworten. Danke fürs gesehen werden! Mehr mag ich jetzt nicht sagen. Aber manchmal reicht ja ein einfaches Dankeschön.
Gudrun sagt:
Manchmal ist es zu viel, was manche bewältigen müssen. Es wird nicht besser werden, denn im Sozialbereich, auch beim Personal, will man kürzen. Ich überlege die ganze Zeit, wie man selber Hilfe anbieten und organisieren kann, aber es gelingt nur im ganz Kleinen.
Was mir auch weh tut ist, dass du fast gar keine Zeit mehr für dich hast. Was ist mit deinem Zeichnen? Was mit Schreiben, außerhalb vom Blog? Ich weiß, dass du das hervorragend kannst und dass sich viel entwickeln könnte. Aber wäre, hätte, könnte reicht halt nicht.
piri sagt:
Mag sein, dass du denkst, ich wäre auf Krawall gebürstet. Bin ich nicht – überhaupt nicht. Ich bin es leid, zu hören, dass der Sozialbereich nun mal so ist, wie er ist. Wenn niemand die Finger in die Wunde legt, ändert sich nichts und es ist löblich, dass du im Kleinen (wo auch immer) organisierst. Hilft mir nur nicht!
Ich habe Zeit für mich. Ich tue auch was. Es gibt nicht nur dies Blog – es gibt auch noch anderes. Ich weiß sehr wohl etwas mit mir anzufangen!