Behinderung, Kuddelmuddel

lange oder kurze Nacht

Die Nacht ist zum Schlafen da! Sag das einer mal meinem Sohn. Der Kerle macht durch. Als ich ihn ins Bett gebracht hatte, sagte ich, dass er ein bisschen länger machen könnte, ich käme in der Nacht nicht ihn zu drehen. Dass er die ganze Nacht spielt und Bücher guckt und Musik hört (leise und sehr rücksichtsvoll), dieses alles hat mich dann doch schockiert als ich um halb vier schauen wollte, ob die Junioren nicht aus dem Bett gefallen sind. Carsten war wach. Ob er überhaupt geschlafen hatte, konnte er mir nicht genau sagen. Ist auch egal! Wiebke lag wieder quer im Bett, mit dem Hintern fast draußen. Sie ist jetzt wach und singt ihr morgendliches Lied. Ansprechen darf ich sie aber dennoch nicht, es ist schließlich Sonnabend und da bestimmt sie in einem gewissen Rahmen wann sie aufstehen will. Ich bin da  – für beide. Bin gerne da. Trinke Kaffee mit Kakao. Atmen nicht vergessen, ein- und aus. Ausatmen doppelt so lang, wie ein. Ich schaff das. 

Das Gedankenkarussell beginnt sich zu drehen, bleibt stehen – ein guter Freund hat einen Hirntumor. Er ist vor zehn Wochen operiert worden und der Tumor wächst wieder. Ich habe nicht viele Freunde. Seiner Frau möchte ich zur Seite stehen und kann es nicht. Andere Freunde weiter weg sind ebenfalls krank, aber unglaublich stark. Dafür bewunderte ich sie! Der Kerle hat in der Nacht auch vom Freund geredet. Carsten weiß um den Zustand und kennt auch Hospize. „Aber da können wir ihn nicht besuchen. Wegen diesem blöden Corona!“  Carsten will noch einmal mit ihm singen, vielleicht MenschÄrgereDichNicht spielen und noch einmal lachen. Hoffentlich schaffen wir das. Ein Mensch, der uns über 20 Jahre begleitet hat, stirbt elend langsam. Ich trinke Kaffee, auch ohne Kakao. Muss atmen. Das fällt mir schwer. Atmen, meine Lunge ist meine Schwachstelle. Mit Kloß im Hals fällt das verdammt schwer.

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Das ist mein ungeordnetes Gedankenkuddelmuddel, in eine Decke gehüllt am Sonnabendmorgen.

 

 

Behinderung, Kuddelmuddel

Schlagergegröle

Du bist die Insel in der Nacht […] in alle Ewigkeit!

Schade, dass ihr nicht hören dürft, wie der Kerle hier Schlager grölt – er hat es mir verboten aufzunehmen. Es ist ansteckend fröhlich! Wenn auch sehr laut und immer mit einer kleinen Verzögerung zum Original. …dann sind wir jenseits von Eden…   Carsten lässt sich nicht einschüchtern, von Corona nicht und von seiner Schwester dreimal nicht, auch wenn sie demonstrativ ihre Zimmertür zuknallt und nörgelt, dass er doch endlich aufhören soll so komische Musik zu hören. Der Musiktherapeut kommt noch zu uns – wir haben ein großes Wohnzimmer und können den gebührenden Abstand halten – ich bin sehr froh darüber, ist ansonsten der Radius sehr eingeschränkt. Heute habe ich Plätzchen gebacken, das ganze Haus duftet und Carsten wird noch Spezialist im Teig kneten. Menschen zum spazieren gehen haben immer dann Zeit, wenn wir keine haben oder es schon stockdunkel ist. „Mama, du glaubst doch wohl nicht, dass ich in meinem Alter noch Laterne laufen gehe?“ Der Kerle spricht aus, was das Töchting sich im stillen denkt!

Wenigstens ist jetzt Drafi Deutscher etwas leiser, die Laterne brennt vor der Haustür, unser Kürbisgeist leuchtet und Wiebke hält mit Country Music dagegen an. Euch allen einen geruhsamen Abend!

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Wenn ihr mögt, würden wir uns sehr freuen, wenn ihr etwas in den wenn auch nur virtuellen Hut werft. Herzlichen Dank! Oder ihr kommentiert, denn viel lieber als alle Likes der Welt mag ich echtes Feedback!