Kuddelmuddel

Morgenmusik

Es war eine unruhige Nacht. Jetzt schlafen sie – die Junioren! Ich lasse sie. Gesund werden! Mit Kaffee gehe ich nun ins Bett…

Behinderung

manchmal möchte ich es auch

 Nein, nicht Wäsche zusammenlegen, obwohl das sicherlich nötig ist – nein, etwas anderes! Einfach abkotzen! Carsten hat es getan – nach längerer Zeit einmal wieder. Jetzt wird es eben eine Weile unseren Alltag begleiten. 

Wiebkes Ohrenschmerzen werden auch nicht wirklich besser. Sie ist sehr weinerlich, inzwischen mit erhöhter Temperatur und kalkweiß im Gesicht. Ich werde in erreichbarer Nähe auf dem Sofa schlafen, um schnell zur Stelle zu sein. Vermutlich wird die Nacht nicht nur um zwei Uhr routinemäßig geteilt. In der Zeit, da ich diesen Beitrag schreibe (bestimmt 3mal unterbrochen), habe ich im Kerlezimmer ein Schüsselchen deponiert: „Mama, ich glaube, ich muss mich übergeben!“ und beim Töchting heiße Tränen getrocknet. 

Hört das denn nie auf? Ich möchte mal wieder eine Nacht durchschlafen! Jede Nacht um zwei oder kurz vorher oder etwas später tappe ich und drehe Carsten vom Bauch auf den Rücken, damit er nicht wund liegt und Wiebke schiebe ich ins Bett zurück, damit sie nicht herausfällt. Meinen Kritikern würde ich diesen Job gerne einmal eine oder zwei Wochen überlassen…

… ich schicke es ab. Wiebke wimmert – sie braucht mich jetzt. 

Behinderung

Was grausam

…oder: haut drauf!

Oder denkt euch euren Teil – ich mag grad nicht konform sein und ständig Kompromisse machen. Ich möchte mich auch nicht immer unterordnen und Dinge tun, die ich für andere mache! Gut, oft ist es unumgänglich – besonders dann, wenn ich mit den Junioren unterwegs bin. Und sich einer Gruppe unterzuordnen ist per se ja auch erst einmal keine Schande und dient der Gemeinschaft und einem friedlichen Miteinander. Aber mich komplett verleugnen, um dabei zu sein, nein, das will ich nicht mehr.

Gestern habe ich – der Tag war im Gesamtfazit gut – ein Experiment gemacht. Ich weiß, es ist etwas perfide, aber mir war danach, als wir zum wer weiß wievielten Mal warten mussten; ich erzählte den Mitwartenden in einem ernsten Ton einen offensichtlichen Schmarrn, den Carsten sofort durchschaute. Mein Sohn hat mich total perplex angeguckt, ich habe ihm vermittelt, dass er den Blödsinn nicht aufdecken sollte. Ich wollte einfach die Begleiter testen – mir war so danach. Natürlich ist es unschön und schon gar nicht fein, aber wenn der Helfer, den ich anfrage, einfach noch andere Leute mitschleift und einer von denen zu einem Tagesausflug kein Geld, nichts zu trinken oder zu essen mitnimmt, dann darf mich das doch nerven, wenn dieser voraussetzt, dass ich die Zeche und den Eintritt bezahle! Und, wenn der sich dann auch noch nicht einmal bedankt …

Wiebke hat Carsten den Becher Cola aus der Hand geschlagen, sein T-Shirt war getränkt mit dem süßen Zeug – verständlich, dass er da zornig und ungehalten war. Ich war es auch! Wiebke habe ich ausgeschimpft. Und dann kommt eine Passantin und gafft, schüttelt ihr Haupt und eschauffiert sich über mein Verhalten, dass ich meine Tochter (ein behindertes Kind!) gemaßregelt habe, zetert und stiert, statt einfach weiterzugehen oder zu helfen. Wir sind doch keine Zootiere! Ein bisschen bin ich mir so vorgekommen. Es waren viele Menschen unterwegs und wir haben eben auch viel gesessen und gewartet – auf die Frau, die jede Bank ausprobiert hat, weil sie nicht laufen konnte. Aber warum ist sie mitgekommen, wenn sie doch – oder ihr Bruder, der unser akquirierter Helfer war – wusste, dass wir auf einen Baumwipfelpfad wollten?

Versteht mich nicht falsch, der Tag war schlussendlich schön. Aber es gab so viele Dinge zu bedenken, Sachen zu klären, auszuhalten, Streit zwischen den Geschwistern zu schlichten, Carsten zu waschen (auf einem winzigen Klo), Wiebke in einem winzigen Klo drauf zu setzen, Carsten im Auto zu wickeln – ohne ausreichende Hilfe, außer der tollen Schiebehelferin.

Ich glaube, ich kann es hier gar nicht vermitteln, was es für eine Arbeit ist mit zwei behinderten Menschen zu wohnen und am Leben teilhaben zu wollen. Die körperliche Arbeit ist nachrangig – sicherlich nicht zu unterschätzen und auch schwer. Viel schwerer wiegt aber, dass ich und andere Behinderte immer gegen Vorurteile ankämpfen müssen und besonders angepasst sein sollen. Nicht auffallen scheint die Devise zu sein und damit seine eigenen Bedürfnissen hinten anzustellen!