Ich versteh das Internet nicht. Obwohl ich es nutze. Ich verstehe nicht warum etwas ankommt und etwas nicht. Das Nischendenken verstehe ich nicht, aber all das hat vermutlich mit dem Internet wenig zu tun. Ich bin eh eine schlechte Versteherin. So viel prasselt auf mich ein, so wenig kann ich filtern, so sehr möchte ich dabei sein, dabei überfordert mich das alles. Dann ziehe ich mich zurück und die Sehnsucht nach Nähe beginnt von vorne. Ist das Internet die richtige Adresse, frage ich mich dann immer? Social Media wie Instagram oder keine Ahnung was bringen mich in Panik. Ich habe dort das Gefühl, ich muss ständig präsent sein und das macht mir Stress. Ich finde keinen Mittelweg. Es heißt: entweder oder! Ambiguität – ich bin total widersprüchlich, das weiß ich. Ich krieg‘s nur nicht gebacken.
Jetzt verreisen die Junioren für eine Woche und ich habe mal wieder nichts geplant. Selbst zu verreisen, dazu fehlt mir die Kraft, aber allein daheim bleiben, zumal meine Freundin im Familienurlaub ist, ist auch nicht so der große Burner…
Oh Himmel – ich jammere schon wieder!
dergl sagt:
Ich finde es kein Jammern und ich glaube, die Gedanken haben sogar viele Leute, Vielleicht kommt das, weil es so viele unterschiedliche Erwartungen gibt, an das, was das Internet jeweils für eine Person sein soll. Behinderte und chronisch kranke Menschen benutzen es oft als barrierefreies Kommunikationsmittel und die Kommunikation ist ihnen gleichwertig oder sogar höherwertig als Offlinekommunikation, weil es offline nicht barrierefrei möglich ist, wieder andere (sowohl behinderte als auch anders marginalisierte) nutzen es für Aktivismus und wieder andere Leute, meist ohne irgendeine Marginalisierung nutzen es zur Unterhaltung und für Spaß et cetera – alle erwarten und wünschen sich verschiedenes. Also sind auch viele Leute verwirrt und finden nichts, was sofort so richtig passt und insbesondere die „Großen“ Twitter/Instagram/TikTok sind undurchsichtig und durch das Echtzeitmedium auch rasend schnell, das kann überfordern, insbesondere wenn man nicht den ganzen Tag Zeit oder Lust hat sich die passende Umgebung zu gestalten.
Gleichzeitig gibt es das auch aktuell oft diskutierte Phänomen, dass zum Beispiel im ruhigeren Fediverse (das ist die Gruppe von Sozialen Netzwerken, zu denen beispielsweise Mastodon gehört) viele Leute nachdem sie mal reingeschaut haben nicht geblieben sind, weil es viel langsamer ist als die großen Player, weil man zumindest in der ersten Zeit oft viel selbst zusammensuchen muss, was Instagram/Twitter/etc. von sich aus vorschlagen etc., so dass leider auch komplette „Bubbles“ wieder zu gehen scheinen, weil es denem ZU langsam ist oder man dort zu viel als Person und nicht als Marke/Inhalt präsent ist.
piri sagt:
Ich will ja eigentlich raus aus der Blase – nur geschützt und überschaubar sollte es dennoch sein.
dergl sagt:
Wenn du nicht in einer Blase sein möchtest, aber trotzdem Kontrolle drüber haben möchtest, wer dir folgt, nicht überschwemmt werden magst, aber trotzdem täglich ein bisschen Interaktion, könnte eine kleinere Mastodon-Instanz vielleicht das sein, dass deinen Bedürfnissen nahekommt.
Es gibt im Mastodon-Konto drei Timelines, die man sich anzeigen kann:
a) die Föderierte, wo man alle öffentlichen Posts von allen Servern, mit denen der eigene föderiert sehen kann (wenn man da gar nicht hinschaut, ist man weniger überfordert)
b) die vom eigenen Server (wenn man sich einen Server gesucht hat, wo das Hauptthema eins ist, das eine*n sehr interessiert, kann man da spannende Sachen finden und nette Kontakte knüpfen)
c) die, die man sich selber erstellt, durch die Konten, denen man folgt, da wird angezeigt, was die posten und teilen, das heißt, man kann damit in der Blase bleiben oder auch nicht und wenn man nicht gerade 100 aktiven Leuten folgt wird man auch nicht erschlagen und es bleibt sehr überschaubar.
Man kann sofort einstellen, dass nur Leute folgen können, die man selber freigibt und es gibt eine Möglichkeit, dass man Posts so einstellt, dass sie nur von Leuten, die einemr folgen gesehen werden können, die können dann auch nicht geteilt werden. Man ist natürlich auch selbst dafür verantwortlich wie man den eigenen Account schützt, ob man zun Beispiel bestimmte Sachen oder Leute sofort blockt. Und was ganz wichtig ist, man muss sich einen Server suchen, wo die Regeln für einen passen und die Moderation so ist wie man sich das wünscht, also wo man das Vertrauen hat, dass die nichts Schlimmes stehenlassen.
Wenn man das alles beachtet, dann kommt man nach 2-3 Tagen oft gut klar. Ich will dich da nicht hinködern, aber vielleicht wäre das die Art von Netzwerk (oder ein anderes in Fediverse), das dir mehr entgegenkommt, wenn du was zum Netzwerken suchst.
piri sagt:
Auch das überfordert mich schon!
dergl sagt:
Uff. Ich glaube, was NOCH ruhigeres zu finden ist unmöglich. Zumal, wenn ich es richtig verstanden habe, du ja auch mal ein bisschen mit Leuten quatschen willst, ein bisschen Ansprache haben willst.
piri sagt:
Ja genau quatschen und nicht schreiben bzw. mit Fremden telefonieren! Das sind doch alles Leute, die ich nicht kenne!
karfunkelfee sagt:
Ich kann Dich sehr gut verstehen. So fundiert Rat geben wie dergl. kann ich nicht, weil ich nur wegen meiner Kinder Insta- und Facebook-Accounts habe, dort jedoch nur ungern bin: zu schnell, zu unpersönlich, zu laut, zu bunt, zu viel.
Als Bloggerin bin ich mit Beiträgen bei WP langsamer geworden, lese, kommentiere mehr und lernte über die Jahre, dass virtuelle Nähe physische Nähe niemals ersetzen kann, egal wie warm Worte auch gemeint sein mögen – die Leute hinter den Worten bleiben immer nur unbegreiflich, bleiben Buchstaben, Bilder, Satzzeichen.
Nächste Woche soll das Wetter sehr schön werden, Deine Kinder genießen eine Freizeit und Du hast auch frei?
Auch wenn Du noch nichts geplant hast, wünsche ich Dir Erholung in dieser Zeit zu finden und vielleicht auch die eine oder andere gute Begegnung, die Dir gut tun könnte.
Liebe Grüße von
Amélie
piri sagt:
Mir würden schon die wenigen Kontakte reichen, wenn sie nicht nur einseitig wären.
andrea sagt:
Ich glaube ja, dass es einfach dauert, bis man in seiner „freien Zeit“ auch ankommen kann. Und diese Phase zwischen der Zeit, wo man praktisch ständig nur am Rand seiner Möglichkeiten und Kräfte herumlaviert, und einer Zeit, wo plötzlich so viel Raum da ist, ist (gemeinerweise) unangenehm. Zumindest kenne ich das von mir. Als ob man plötzlich allein in einem ganz leeren Raum wäre. Nichts unangenehmer, als wenn die Leute dann sagen: erhol dich doch. Mach was Schönes! Entspanne dich doch. – Es geht einfach nicht. Wobei es (glaube ich) letztlich egal ist, ob es um virtuelle oder reale Räume und Kontakte geht.
Aber eine Woche ist mehr als ein, zwei Tage … ich wünsche dir (und glaube das irgendwie auch, weil ich das Gefühl habe, dass du ein Mensch bist mit jeder Menge „Material“ in sich drin), dass in deine freie Zeit auch noch Fülle kommt. Gute Fülle!
Liebe Grüße, Andrea
piri sagt:
Etwas zu tun habe ich immer und etwas tun, werde ich. Etwas, was mir Spaß macht und ganz sicher kreativ ist!