Kuddelmuddel

geht weiter

Wiebke hat Fieber und nöckelt. Es ist nicht lustig – aber sie macht es ja nicht mit Absicht. Kopfweh hat sie. Hört das eigentlich nie auf? Dieses ewige kränkeln! 

Der Kerle ist fit. Carsten freut sich auf die Logopädin. Aber auch seine Atmung ist angeschlagen und er schnauft schwer. Das nervt ihn und so hat er miese Laune und als ich ihm heute Morgen die Zehennägel schneiden wollte, hat er Dinge geschrien, von denen ich schockiert war. „Ausländer raus!“ Wo hat er das her? Er sagt, aus der Werkstatt. Was geht da ab? 

Wir hatten ein langes Gespräch. Der Kerle ist geknickt – ich glaube, er hat verstanden. Aber wahrscheinlich wollte er mich nur provozieren… Dennoch besteht großer Handlungsbedarf und wir müssen reden, reden, reden!

Veröffentlicht von piri

In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. | Viel lieber als Likes, sind mir Kommentare herzlich willkommen.

10 Gedanken zu „geht weiter“

  1. karfunkelfee sagt:

    Miteinander Sprechen bei woanders aufgeschnappten Sachen…die in einer Wut so schnell dahingesagt sind…ist das Beste…und ich wünsche Wiebke schnelle Besserung und Euch anderen, dass Ihr gesund bleibt. Winter in Deutschland ist für Atemwegsanfällige keine Kleinigkeit…
    Liebe Feengrüße ✨

    1. piri ulbrich sagt:

      reden, reden, reden, miteinander sprechen – immer wieder!

  2. wildgans sagt:

    ja, das ewige kränkeln, das ewige erziehen müssen, da pflichte ich dir bei, das würde mich auch runterziehen. zum glück gibt es die ewige hoffnung, die erreichten erfolge, das einsehen, das heil werden…

    1. piri ulbrich sagt:

      alles wird gut – alles ist, wie es ist und das ist okay!

  3. mijonisreise sagt:

    Gute Besserung für die Tochter … Und das andere? Aufgeschnsppt und unbedacht nach geplappert. Nicht schön, aber gut zu klären. Eine schöne Zeit für dich

    1. piri ulbrich sagt:

      Nicht unbedacht – sehr kontrolliert eingesetzt. Provozierend und absichtlich!

  4. mijonisreise sagt:

    Mhh … ein normales Verhalten, um dich zu testen. Ich wünsch dir viel Ruhe und Gelassenheit, sowas kann einen echt aus der Bahn werfen.

    1. piri ulbrich sagt:

      Nein, nicht normal, er wollte mich herausfordern und provozieren, weil es ihm nicht passt, wenn ich Zehennägel schneide. Carsten konnte sich nicht anders zur Wehr setzen.

      Es kostet, auf beiden Seiten, starke Nerven.

  5. isa sagt:

    Kennst du die Geschichte: „Ausländer raus!“?
    Ein Märchen vom Auszug aller „Ausländer“
    von Helmut Wöllenstein
    Es war einmal, etwa drei Tage vor Weihnachten, spät abends. Über dem Marktplatz der kleinen Stadt kamen ein paar Männer gezogen. Sie blieben an der Kirche stehen und sprühten auf die Mauer die Worte „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“. Steine flogen in das Fenster des türkischen Ladens gegenüber der Kirche. Dann zog die Horde ab. Gespenstische Ruhe. Die Gardinen an den Fenstern der Bürgerhäuser waren schnell wieder zugefallen. Niemand hatte etwas gesehen.
    „Los kommt, wir gehen.“ „Wo denkst Du hin! Was sollen wir denn da unten im Süden?“ „Da unten? Da ist doch immerhin unsere Heimat. Hier wird es schlimmer. Wir tun, was an der Wand steht: ‚Ausländer raus‘ !“
    Tatsächlich: Mitten in der Nacht kam Bewegung in die kleine Stadt. Die Türen der Geschäfte sprangen auf. Zuerst kamen die Kakaopäckchen, die Schokoladen und Pralinen in ihrer Weihnachtsverkleidung. Sie wollten nach Ghana und Westafrika, denn da waren sie zu Hause. Dann der Kaffee, palettenweise, der Deutschen Lieblingsgetränk: Uganda, Kenia und Lateinamerika waren seine Heimat.
    Ananas und Bananen räumten ihre Kisten, auch die Trauben und Erdbeeren aus Südafrika. Fast alle Weihnachtsleckereien brachen auf. Pfeffernüsse, Spekulatius und Zimtsterne, die Gewürze aus ihrem Inneren zog es nach Indien. Der Dresdner Christstollen zögerte. Man sah Tränen in seinen Rosinenaugen, als er zugab: Mischlingen wie mir geht’s besonders an den Kragen. Mit ihm kamen das Lübecker Marzipan und der Nürnberger Lebkuchen.
    Nicht Qualität, nur Herkunft zählte jetzt. Es war schon in der Morgendämmerung, als die Schnittblumen nach Kolumbien aufbrachen und die Pelzmäntel mit Gold und Edelsteinen in teuren Chartermaschinen in alle Welt starteten. Der Verkehr brach an diesem Tag zusammen … Lange Schlangen japanischer Autos, vollgestopft mit Optik und Unterhaltungselektronik, krochen gen Osten. Am Himmel sah man die Weihnachtsgänse nach Polen fliegen, auf ihrer Bahn gefolgt von den Seidenhemden und den Teppichen des fernen Asiens.
    Mit Krachen lösten sich die tropischen Hölzer aus den Fensterrahmen und schwirrten ins Amazonasbecken. Man musste sich vorsehen, um nicht auszurutschen, denn von überall her quoll Öl und Benzin hervor, floss in Rinnsalen und Bächen zusammen in Richtung Naher Osten. Aber man hatte ja Vorsorge getroffen.
    Stolz holten die deutschen Autofirmen ihre Krisenpläne aus den Schubladen: Der Holzvergaser war ganz neu aufgelegt worden. Wozu ausländisches Öl?! – Aber die VW’s und BMW’s begannen sich aufzulösen in ihre Einzelteile, das Aluminium wanderte nach Jamaika, das Kupfer nach Somalia, ein Drittel der Eisenteile nach Brasilien, der Naturkautschuk nach Zaire. Und die Straßendecke hatte mit dem ausländischen Asphalt auch immer ein besseres Bild abgegeben als heute.
    Nach drei Tagen war der Spuk vorbei, der Auszug geschafft, gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest. Nichts Ausländisches war mehr im Land. Aber Tannenbäume gab es noch, auch Äpfel und Nüsse. Und die „Stille Nacht“ durfte gesungen werden – Allerdings nur mit Extragenehmigung, das Lied kam immerhin aus Österreich!
    Nur eines wollte nicht in das Bild passen: das Kind in der Krippe, sowie Maria und Josef waren geblieben. – Ausgerechnet drei Juden! Wir bleiben, hatte Maria gesagt,denn wenn wir aus diesem Land gehen, wer will ihnen dann noch den Weg zurück zeigen – zurück zur Vernunft und zur Menschlichkeit?

    1. piri ulbrich sagt:

      Danke isa, die Geschichte kannte ich, hab sie aber vergessen. Carsten wird sie nicht verstehen – aber er weiß es auch so, dass es Mist war, was er heute Morgen gesagt hat.

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