Kategorie: Kuddelmuddel

Wach auf

Am Strand – ich bin als Kind fast nie am Strand gewesen, wir waren meistens in den Bergen oder wandern. Aber jetzt war ich am Meer. Die See flutet auflandig und eine leichte Brise weht. Scharf am Wasser laufe ich. Ich bin allein. Es ist frühmorgens, noch niemand ist wach. Bin ich wirklich weggelaufen?  Ich kann es nicht glauben! Es ist Herbst und ich bin das erste Jahr in der Schule. Direkt am Meer kann ich gut laufen, der Sand ist fest und dennoch sind meine Schuhe nass. Es ist mir egal, ich will nur weg. Gestern gab es wieder dicke Bohnen und Speck und ich musste so lange sitzen bleiben, bis der Teller leer war. Mein Trick war, alles in die Backentaschen zu stecken und dann gleich aufs Klo zu gehen. Nur war der Trick nicht neu! Nie, niemals nicht mehr, so habe ich mir geschworen, will ich labbrigen Schweinespeck essen müssen. Aber am nächsten Tag gab es ihn, in anderer Variante, wieder – ich sollte ja zunehmen. Klebrige Graupensuppe mit Speck! Und wenn du das nicht aufisst, bekommst du keinen Nachtisch! Was habe ich auf diesen Nachtisch gepfiffen, ich wollte nur weg – nach Hause, zu meiner Oma, wo es Milchreis und Gemüsesuppe ohne Speck gab.

Dieser Morgen war günstig. Die Aufseherin musste mal aufs Klo und ich auch. Aber sie hatte nicht gesehen, dass ich schon vollständig angezogen war. So rutschte ich, als sie gerade an der Strippe zog, durch die Hintertür, vor der sie noch vor kurzem rauchend stand und war in der Dämmerung allein auf der Insel. So kam es mir jedenfalls vor. In welcher Richtung war noch mal die Fähre? Egal, nur weg vom Speck! Tränen liefen mir übers Gesicht. Was sollte ich in diesem Heim? Kindererholungsheim! Ich war nicht mager, vielleicht ein bisschen sehr schlank, aber das waren alle Kinder, die nicht mit Speck gemästet wurden. Wenn mir denn wenigstens beim Mittagsschlaf meine Bücher gelassen wären, dann hätte ich das andere auch ausgehalten. Aber weder Pipi noch Susi und Strolch oder meine anderen Bücher waren mir geblieben: Du sollst zu Kräften kommen und nicht lesen. Wenn nicht mittags, wann sollte ich das sonst tun? Abends, im Schlafsaal mit 30 anderen Mädchen? Ohne eigene Nachttischlampe?

Dieser Morgen am Wasser endete bald. Von hinten zog mich eine Hand harsch zurück und schon hatte ich sie im Gesicht. Zum Frühstück gab es am Katzentisch keinen Kakao und nur ein Schwarzbrot mit Margarine, dafür mittags extra viel Speck und Bratkartoffeln. Ich sehnte das Ende herbei – oder endlich die leise fürsorgliche Stimme meiner geliebten Oma: Wach endlich auf, die Schule wartet nicht auf dich!

Kino

Wir waren gestern im Kino!  Pavarotti haben wir uns angeguckt.  Unsere Begleitung war skeptisch, ob es den Junioren gefallen könnte und war erstaunt, wie viel Freude beide an der Musik hatten. Manchmal muss man etwas wagen – und dann gewinnt man!  https://youtu.be/Zlmg0yzxKvQ

Akzeptanz

So langsam begreife ich, dass es mir in meiner Beziehung zu anderen Menschen nicht hilft, wenn ich so tue, als wäre ich jemand, der ich nicht bin, nur um anderen zu gefallen. Es hilft nicht, ruhig und freundlich zu tun, wenn ich eigentlich wütend und ärgerlich bin. Es hilft nicht, immer eine Antwort zu haben und immer alles selber zu machen, wenn ich weder weiß, was ist, noch es machen kann. Es hilft auch nicht, den liebevollen Menschen zu spielen, obwohl ich gerade voller Zorn bin. Es hilft mir nicht, so zu tun, als sei ich gesund, wenn ich huste, wie ein Brüllbär.

So wie ich verstanden habe, dass ich meine Ängste äußere, so fühle ich, dass ich mir selbst und den Umständen gerechter werde, wenn ich mir erlaube, so zu sein, wie ich bin – mit abgebrochenen Ecken und scharfen Kanten. Es wird nicht allen Leuten gefallen. Aber es steht ihnen frei, selber so zu handeln, wie es ihrer momentanen Situation entspricht. Wenn ich mich so, wie ich bin, akzeptiere, mich annehme, dann ändere ich mich und werde ehrlicher, mir selbst gegenüber und den anderen auch …

Schauspielen ist etwas schönes, aber im wahren Leben hat es nichts zu suchen!

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