Alltag, Behinderung, Junioren

Pille nehmen

Auf keinen Fall möchte ich mein Töchting bloßstellen, nichts liegt ferner. Aber simple Medizin nehmen – außerhalb der, die sie täglich nimmt – gestaltet sich oft als Drama. Sie muss ein Antibiotikum nehmen und wir wissen alle, dass so ein Medikament konsequent eingenommen werden muss. Töchting sieht das anders! Sie sieht nur die große Pille und weigert sich.

„Ich will nicht, brauch ich nicht!“ W. schiebt meine Hand weg. Ich setze meine Tochter aufs Klo, da kann sie wenigstens nicht abhauen. Aber schon das ausziehen der Unterhose geht in die Hose. W. schreit. Ohne ihr zutun ist es für mich ein Kraftakt. Unter Tränen schaffen wir es. Sie bekommt die Pille in die Hand. 5 Minuten, 10 Minuten, sie hat die Pille in der Hand. W. redet. Was sie sagt, verstehe ich nicht. Sie ist aufgebracht und quengelt. Nebenbei fließen Krokodilstränen. Es ist nicht wie immer. Es geht nicht nach ihrem Plan. Sie ist frustriert. Mit Argumenten kann ich sie nicht erreichen. Sie sitzt immer noch auf dem Klo. Ich davor. Inzwischen habe ich die gesamte Morgenroutine erfüllt – die Rollos hochgezogen, gelüftet, mir meine Schuhe angezogen usw. Mein Töchting hat die Pille noch in der Hand. Zum Glück nicht weggeworfen. Ein neues T-Shirt, eine frische Unterhose und immer wieder gutes zureden. Diskutieren! Sie muss die Pille selber nehmen, sonst wird das nichts.

Endlich steckt sich W. das weiße Ding in den Mund. Sie fängt an zu husten, ich zucke zusammen. Alles bleibt drin. Wir diskutieren um den Schluck Flüssigkeit hinterher. W. gewinnt!

8:22 Uhr:

W. lacht jetzt, singt ihre skurrilen Morgenlieder und hat ihren gewohnten Alltag wieder.

[Einklappen]
Alltag, Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

Gott erhalte mir meine Vorurteile

Diese Überschrift hatte ich schon einmal! Diesmal ist es anders und doch wieder nicht! Es geht um mein momentanes Hauptthema – um pflegende Angehörige und ihre nicht vorhandene Lobby. Es geht auch allgemein um Pflegekräfte und dass sie nicht gesehen werden. Dass alles, was sie machen ja wunderbar löblich ist, aber selten honoriert wird. Mir gehts dabei noch nicht einmal um Geld. Davon kann ich mir keine Freunde kaufen! Mir gehts darum, nicht übersehen zu werden. Ich fühle mich als Mutter manchmal nur als Mittel zum Zweck. Dass es meinen Junioren gut geht, dass sie zur Bandprobe kommen, dass die vollgepinkelten Hosen gewaschen werden etc. pp. Handlanger, aber bitteschön im Hintergrund. Nicht in die erste Reihe gehen, auf gar keinen Fall. Dass ich mich dann auch noch erdreiste Gedichte zu schreiben! Aber auch da beschleicht mich das Gefühl, dass diese kaum gesehen werden. Eifersüchtig bin ich auf andere Gedichteschreiber*innen. Es ist ja nur ein Hobby von einer unausgelasteten überlasteten Mutter, die sonst nichts zu tun hat.

Was ich hier im Blog schreibe, ist ein Bruchteil dessen, was bei uns passiert. Ohne Routine, die aber auch Arbeit ist, wäre hier schon längst Schicht im Schacht. Stellt euch vor, ihr hättet seit über vierzig Jahren eine*n zwei bis dreijährige*n zu versorgen. Stellt euch das einfach mal vor!

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Alltag, Gedanken

schlafen

Schlaf ist für den Mensch, wie das Aufziehen für eine Uhr!

Heut ist meine Uhr gut aufgezogen. Nicht automatisch. Eher sehr bewusst. Kränkungen und Ärger habe ich im Wohnzimmer gelassen. Erholung und Ruhe habe ich mir über die Nacht gerettet.
Den Alptraum des Töchtings – in der Nacht ist sie fast aus dem Bett gefallen – konnte ich umerzählen.
Der Kerle hat sehr krumm in den sicheren Armen des Morpheus gelegen.

Guten Morgen Tag, auch wenn du kalt wirst, du bist willkommen!