Familie, Kuddelmuddel

zwitschern

Liebe Geschwister – ich weiß, dass ihr hier mitlest – ich freue mich auf euch. Wir werden zum großen Geburtstag der Mutter kommen. Dennoch weiß ich nicht, wie ich euch begegnen soll! Leben wir doch in völlig verschiedenen Welten. Meine besteht nicht aus höher, schneller, weiter und ich bin lange nicht so weitgereist, wie ihr. Ich habe nicht studiert, habe noch nicht einmal Abitur und Ingenieurin oder gar Juristin bin ich auch nicht. Meine Kinder haben keinen Führerschein, sie können beide nicht einmal richtig lesen …
Ich lese wahrscheinlich auch nicht das, was ihr lest. Aber, ich weiß ja nicht einmal, was ihr lest. Bücher sehe ich bei kaum einem von euch. Aber auch bei mir stehen im Wohnzimmer keine Bücherregale.

Familie kann man sich nicht aussuchen! Stimmt! Trotzdem seid ihr meine Brüder und Schwestern.

Mein Wunsch an euch ist: Nehmt mich, wie ich bin! Vor allen Dingen möchte ich, dass ihr mich und die Junioren respektiert, meine Lebensumstände seht und meine Leistung anerkennt. So wie ich euch im Gegenzug respektvoll und anerkennend gegenübertrete.

Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

Wecker

Von irgendwoher tönt eine Glocke. Nicht Bimbam oder Klong-Klong oder ein hektisches Bimmeln, nein ein wohltuendes sanftes Läuten. Fast ist es ein Lied, das in mir singt. Es macht mir Mut, ich trage etwas in mir, dass raus muss – familientechnisch gesehen!

Denn schwerer als alles Ausgesprochene wiegt manchmal das Ungesagte. Der Augenblick, in dem etwas Bestimmtes zu sagen wäre und den man dann verstreichen lässt, aus Angst oder Zögern, und dann ist er um und kommt niemals wieder. Gewiss gibt es Ungesagtes, das besser ungesagt bleibt: Unbedachtes, verletzendes, das nichts zum Guten verwandelt, sondern zerstört. Diese Art Ungesagtes wiegt nicht schwer, sondern wird leichter  und leichter im Herzen dessen, der es für sich behält. Anders die andere Art Ungesagtes. Ungesagtes, das die Kraft besäße, in Sekundenkürze ein ganzes Leben zu verändern oder doch zumindest  den Tag dessen, dem die Worte gelten. Worte, die gesagt sein wollen, seien es unangenehme oder angenehme.

Wer den Mut aufbringt, sie auszusprechen, dem gehört das Leben voll und ganz. Ich möchte, das mir das Leben gehört und so habe ich heute Morgen  – nach dem sanften Wecken – an meine Familienangehörigen geschrieben und um Unterstützung bei einem großen Familienfest gebeten. Mal sehen, wer sich meldet?