Das fremde Lächeln
Mich hält ein leises Lächeln gebannt.
Es hing
Ganz licht und lose am Lippenrand
Einer schönen Frau, die vorüberging.
Die fremde Frau war schön und schlank,
Und fühlte ich gleich, es zielte ihr Gang
In mein Leben.
Und dies Lächeln, das ich in Glut und Scham
Von ihren zartblassen Lippen nahm,
Hat mir ein Schicksal gegeben.
Wie ist dies alles so wundersam,
Das Lächeln, die Frau und mein sehnender Traum
Versponnen zu törichten Tagen.
Mein Herz verirrt sich in Frage und Gram,
Woher dieses seltsame Lächeln kam,
Und weiß ich doch kaum,
Wieso mir das heimliche Wunder geschehn,
Daß ich, erglutend in Glück und Scham,
Ein Lächeln aus fremdem Leben nahm
Und in das meine getragen.
Ich fühle nur: seit
Ich das Lächeln der leisen Lippen getrunken,
Ist die Ahnung einer Unendlichkeit
In mein Leben gesunken.
Meine Nächte leuchten nun still und lau
Wie ein Sternengezelt
In beruhigtem Blau.
Und der zarte Traumglanz, der sie erhellt,
Ist das Lächeln der Frau,
Der viellieben Frau,
Der schönen, an der ich vorüberging,
Der fremden, von der ich ein Schicksal empfing.
Stefan Zweig
∙∙∙∙∙
Guten Morgen! Wenn ich auch huste, der Tag beginnt mit einem Lächeln und der besten Laune der Junioren.
Violine sagt:
Einen wunderschönen guten Morgen! Möge der Tag ein guter werden!
quersatzein sagt:
Dass ein fremdes, seltsames Lächeln so grosse Auswirkungen haben kann, grenzt schon an ein Wunder. Ob eines einer weniger schönen und schlanken Frau die selbe Wirkung erzielt hätte, wage ich allerdings zu bezweifeln. :–)
Dir und euch einen rundum guten Tag mit viel Heiterkeit. (Das Foto ist spitze.)
Lieben Gruss, Brigitte
Trude sagt:
Probier es aus und lächele alle an, die dir auf der Straße begegnen. Du wirst überrascht sein.
piri sagt:
Ach nee!
Nachtrag am Abend: ich mag keine Ratschläge und seien sie auch noch so liebevoll gemeint.
Trude sagt:
Ich lächele heute ebenfalls. Ich habe frei, die Sonne scheint und du teilst so ein schönes Gedicht mit uns.
Vielen Dank dafür.
:bye:
Amélie sagt:
So ein romantisches Gedicht. Und ein so wunderbares Bild eines lichten Lächelns, das so lose am Lippenrand herumhängt. Fremde sind Freunde, die Du noch nicht kennen gelernt hast, hörte ich mal ein Zitat in einem Film und verleibte es mir zutiefst idealistisch einfach ein. Wie schön wäre unsere Welt, wenn dieser Spruch allgemeingültig sein dürfte. Erstaunlich oft jedoch entpuppen sich Fremde auch als Freunde. Die anderen musst du meiden. Bloß- wie das unterscheiden? Ich traue keinem Lächeln an Lippenrändern. Auf die Augen kommt es an.
Liebe Grüße von Amélie
Amélie sagt:
P.S. Meinen Morgenkaffee genieße ich vorzugsweise aus einem rosa Kaffeepott, darauf prangt in weißen Lettern der Befehl; Smile!
Meine Tochter brachte vor Jahren diese Tasse an und irgendwann hatte sie kein Interesse mehr daran und die Tochter zog fort, die Tasse blieb da und fabriziert in mir Wehmut und Vermissen. Doch der Befehl ist eindeutig: Smile!
Die Botschaft kommt in rosa daher. Und es gibt Morgen, an denen ich dem Smile!-Befehl ein trotziges englisches zweiwortiges Duweisstschonwas entgegen knarze. Die Tasse beeindruckt mein Gefluche nicht die Bohne. Das wiederum beeindruckt mich. Und irgendwann muss ich lächeln. Und die Tasse hat wieder gewonnen.
Anne Seltmann sagt:
Das ist wunderschön und ich kannte es noch nicht.
Ich lächle,
wenn die Sonne durch das Fenster fällt
und der Morgen nach Neubeginn duftet.
Ich lächle,
wenn ein fremdes Gesicht
mir Wärme schenkt, ohne ein Wort.
Ich lächle,
wenn Erinnerungen an vergangene Tage
wie Federn in mir aufsteigen.
Ich lächle,
auch wenn der Regen fällt,
weil ich weiß, dass danach Klarheit kommt.
Ich lächle,
weil ich bin.
© Anne Seltmann