Gedanken

ich lebe über meine Verhältnisse

Ist das jetzt zu provokativ? Zu reißerisch?

Über die eigenen Verhältnisse leben! Meine finanziellen Verhältnisse sind okay, darum geht es mir nicht.

Es ist nicht so, dass man nur im Finanziellen über seine Verhältnisse leben kann. Nein, man kann auch psychisch und physisch drüber sein. Ich bin es eigentlich schon lange. Es besteht keine Ausgewogenheit zwischen dem was ich schaffen will und mache und dem, was ich auch kann – körperlich und seelisch. Bin ich zu anspruchsvoll? Ist es auch wirklich realistisch, was ich will? Oder nur ein Wunschtraum? Ich versuche es allen recht zu machen und schaffe es doch nicht. Und dann signalisiere ich auch noch Verständnis für die Einwände der anderen. Niemand hat es immer leicht!

Ich rackere mich ab, damit ich gut ankomme – ich möchte natürlich auch gefallen – aber welchen Gefallen tue ich mir damit selbst? Warum mache ich das?

Für meine Junioren weiß ich, warum ich das mache. Aber diese Überforderung halte ich nicht mehr lange durch. Wie viel Kraft habe ich noch? Wo bekomme ich neue her? Wo tanke ich auf? Aus Überforderung entsteht Stress. Aus Stress entsteht Angst. Irgendwann hatte ich nur noch Angst.

Eigentlich entsteht Stress aus Überforderung. Nur weiß ich leider nicht wirklich, wie ich diesen Stress reduzieren soll, so ganz alleine.

Ja, ich lebe über meine Verhältnisse! Viele Fragen – kann irgendjemand meine Fragen beantworten?

Veröffentlicht von piri

Ich bin ganz schön viel und ganz schön wenig, ich bin Mutter, Hausfrau und Dichterin in allen Lebenslagen. Im Autismus-Spektrum bin ich obendrein. In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ❤️ | ✨ Likes✨ sind okay, Kommentare sind herzlicher willkommen.

17 Gedanken zu „ich lebe über meine Verhältnisse“

  1. Izzy sagt:

    Und wenn du über deine Verhältnisse lebst – wessen Verhältnisse sind es eigentlich? Wer hat dir gesagt, wie viel du leisten musst, um ausgeglichen zu sein? Und darfst du deine Verhältnisse auch mal selbst neu verhandeln?

    1. piri sagt:

      Unsere Verhältnisse, unser aller Verhältnisse – denn tatsächlich, wenn ich diese Arbeit nicht leiste, wer ermöglicht meinen Junioren das Leben, das sie verdienen und das es ihnen lebenswert macht? Das System krankt. Auch das des gesellschaftlichen Umfelds. Meine Bedürfnisse spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Sie sind schon so weit heruntergeschraubt, dass es kaum noch mehr geht.

      Vielleicht ist es eine Leier, aber wir alle brauchen Menschen, die mit offenen Augen durchs Leben gehen, wir brauchen zupackende Hände – nicht nur eine Handvoll . Wenn es normal wäre, einem behinderten oder anders aussehenden, einem blinden, gehörlosen, fremden Menschen vorurteilsfrei zu begegnen und gegebenenfalls zu helfen, wo Hilfe notwendig ist, dann wären meine Verhältnisse nicht drüber.

      1. Izzy sagt:

        Eine klarsichtige Zustandsbeschreibung. Man spürt in jedem Satz die Erschöpfung, aber auch den trotzigen Willen, weiterzumachen, nicht weil es leicht ist, sondern weil sonst alles auseinanderfiele.

        Die Frage, „wenn ich diese Arbeit nicht leiste…“ zeigt, wie viel Last auf dir ruht. Und das ist das eigentliche Drama: Dass du – wie so viele – zur tragenden Säule wirst, während gleichzeitig deine eigenen Bedürfnisse systematisch ignoriert oder bagatellisiert werden. Die Reduktion deiner eigenen Wünsche und Bedürfnisse auf ein kaum noch messbares Maß ist kein Zeichen von Anpassung, sondern von Überlebenstaktik.

        Leider verstehe ich nur ansatzweise, wie schwer das sein muss.
        Und niemand – auch wirklich niemand – kann sich ganz in deine Lage versetzen.
        Aber ich sehe dich.

        Was wäre schon eine Unterstützung für dich?
        Mit welcher kleinen Geste oder welchem Zutun könnte man dich wirklich entlasten?
        Ich bin diese Fragende mit einem ganz anderen Leben und trotzdem möchte ich besser verstehen.

        1. piri sagt:

          Was wäre schon eine Unterstützung für dich?

          Gesehen werden. Nicht geflissentlich übersehen werde. Vielleicht einfach mal gefragt werden, wie es mir geht und dann aushalten können, dass ich sage: Scheiße!

          ….

          In realen Leben mal an der Tür klingeln, wenn ich schon zu lange im Schneckenhaus sitze, oder ein Schwatz übern Gartenzaun, im Winter (der kommt wieder) den Gehsteig fegen … Nichts Weltbewegendes – kleine Gesten, die sich entwickeln und große Hilfe werden können.

  2. Izzy sagt:

    Vielleicht ist es manchmal gar nicht nötig, dass sie beantwortet werden. Vielleicht müssen sie einfach gestellt werden dürfen. Laut. Immer wieder. Vielleicht sind manche Fragen eher ein Ausdruck von Erschöpfung als eine Bitte um Lösung. Und vielleicht ist das okay. Vielleicht.

  3. Trude sagt:

    Leider kann ich dir deine Frage nicht beantworten, liebe Piri.
    Gehöre ich doch selbst zu den Leuten, die sich meist mehr vornehmen, als sie schaffen können.

    Und sich immer nur eine Sache vornehmen und die dann auch umsetzen?

    Das ist in deinem Fall wohl eher nicht möglich. Sind deine Aufgaben doch sehr vielschichtig und erfordert eure Situation doch ein hohes Maß an Flexibilität.

    Evtl. hilft es dir, dich auch mal entspannt zurück zu lehnen und mit geschlossenen Augen tief durchzuatmen.

    Ich wünsche dir einen schönen Abend.
    Trude

    1. piri sagt:

      Auf Antworten hatte ich nicht spekuliert. Woher sollt ihr diese nehmen?

  4. Wolf Jäger sagt:

    Ich denke, es geht vielen so- das sie in dieser Hinsicht „über ihre Verhältnisse Leben“- da schließe ich mich nicht aus… Mir ist bewusst, das ich nächstes Jahr 60 werde (ich fahre mit „der Frau“ nach Bulgarien, damit ich nicht feiern muss)- aber trotzdem habe ich manchmal ideen, die ich nicht mehr umsetzen kann, ohne als Suizidverdächtig zu gelten. Wollte ich doch unser Balkonkraftwerk selbst auf dem 6 Meter hohen Scheunendach montieren…. Zum Glück hat meine „Lebensabschnittsverbesserungsbeauftrage“ die Notbremse gezogen. Gut, das es sie gibt…
    Deine Situation ist da sicher komplizierter- aber Du siehst- da bist Du nicht allein. Alle Menschen, die wirklich etwas wollen, die sich nicht einfach begnügen, geraten in diese Situation…

    1. piri sagt:

      Ich erhebe keinen Anspruch auf alleiniges Leben über den Verhältnissen. Viel lieber als das wäre mir, mit meinen Ressourcen auszukommen – ja, sie sogar ansparen zu können!

  5. Amélie sagt:

    Ich weiß, dass ich für meine Kinder immer einfach alles tun würde. Selbst wenn es mich dabei schreddern würde. Für Dich als Mutter ist selbstverständlich, was Du für Deine Kinder alles tust. Das Problem ist, dass es für unser Gesundheitswesen auch selbstverständlich ist, was Du leistest. Selbst, wenn ein Blinder sieht, an welcher Grenze Du stehst, wird Dir nicht geholfen. Stattdessen wird noch mehr an Hilfen, an Zuschüssen gekürzt.
    Eine Therapie ergäbe nur dann Sinn, wenn Du entlastet würdest. Wenn Veränderungen überhaupt möglich wären. Ein „inneres Arbeiten“ geht nur über Ruhe und Geduld. Und wo sollst Du so etwas herbekommen?
    Ruhe erfordert helfende Hände und Geduld hat Grenzen, wenn der Stress überhand nimmt.
    Wie sehr wünsche ich Dir Hilfe und Hände, wann immer ich diese Einträge aus dem Teufelskreis bei Dir lese und Dich, Deine Angst verstehe. Wüsste ich eine Lösung, stünde sie jetzt hier an dieser Stelle.
    Dass ich Deine Beiträge oft literarisch stark geschrieben finde, ist dabei nur ein kleiner Trost.
    Liebe Grüße
    Amélie

    1. piri sagt:

      Danke Amélie, auch das macht Wertschätzung aus, dass du siehst und liest wie ich mich bemühe literarisch zu. schreiben. Meine Beiträge sind direkt ins Eingabefeld gerotzt, niemals korrekt recherchiert und immer einseitig aus meiner Sicht geschrieben.

      Tatsächlich bin ich inzwischen auch zu dem Entschluss gekommen, dass mir reden und eine Therapie, egal welcher Art, nichts bringt, wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts ändert.

  6. Babsi sagt:

    So wie ich die Entwicklung auf der Welt, in der Gesellschaft und unserer Regierung verfolge, habe ich keine Hoffnung mehr, dass sich hier noch was verbessert. Da immer weiter eingespart wird.

    Die Alten und Kranken bleiben auf der Strecke 🙁

    1. piri sagt:

      Aber das ist doch verdammt traurig!

      1. Babsi sagt:

        Absolut, aber es ist leider realistisch! Und ich habe da keine Hoffnung mehr.

        1. piri sagt:

          Meine Hoffnung gebe ich nicht auf – niemals!

        2. Babsi sagt:

          Ich bewundere dich dafür!
          Wenn kein Wunder geschieht, haben wir bald eine rechte Regierung!

  7. Fundevogelnest sagt:

    Ich lebe auch über meine Verhältnisse, aber wie du sehe ich keinen Ausweg, ohne das Kind (oder in deinem Fall die erwachsenen Kinder) zu opfern.

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