Kuddelmuddel

quasi Ausgangssperre

Selbstverordnet – mit vollster Überzeugung. Außer zu zwei Personen, keinen Kontakt näher als zwei Meter. Und dennoch rückt die Nachbarschaft enger zusammen. Meine Kürbissuppe teile ich mit dem Gärtnernachbarn – übern Zaun reden wir miteinander, er bringt meinen Garten auf Fordermann – in der einen Ecke und ich stelle ihn die Suppe an die andere Ecke. So wunderbar!

Die Welt steht lange nicht still. Keine 100 Meter von mir wird ein Einkaufsmarkt neu gebaut. Es wuselt nicht nur auf dieser Baustelle, denn 100 Meter in eine andere Richtung wird eine Weinstube mit Pension aus dem Boden gestampft. Nicht die ganze Wirtschaft liegt brach. Aber, bis auf die Bauarbeiter laufen – die Menschen werden vorsichtig – maximal drei Menschen gemeinsam herum. Es sind wenige unterwegs. Die Apothekerin von gegenüber arbeitet zur Zeit Vollzeit und hat mir zugerufen, dass Leute inzwischen Medikamente hamstern. 

… und ich hätte gerne ein Ölbad für meine rote schuppende Haut. Wenn andere Zeiten wären, würde ich testen, ob mein Auto anspringt und zur Drogerie fahren und pflegendes, stark rückfettendes Badezusatz kaufen. Geht ja nicht, so creme ich mit mit der Sonnenmilch vom Vorjahr ein – riecht auch gar nicht ranzig!

Kuddelmuddel

unsicher

So langsam werde ich es. Jeder erzählt mir was am Telefon. Alle machen sich Sorgen um mich. Ja – einerseits schmeichelt es mir, andererseits, habe ich das Gefühl, sprechen die Anrufer mir Eigenverantwortung ab. Und ich höre in meinen geschwächten Körper hinein. Ich bin sehr sensibilisiert. Der Bluterguss um die Niere herum ist nicht kleiner geworden und ein Kawentsmann, aber das machte mir bis dato keine Beschwerden! Jetzt spüre ich irgendwas. Aber, ist das vielleicht nicht nur Einbildung? Auch ist der eisernen Heinrich um die Lunge wieder da und gestern Abend habe ich mich beim Husten ertappt. Halsschmerzen habe ich auch wieder. Und? Ist das jetzt schon eine neue Krankheit, oder nur  die Ausläufer meines Komplettausfalls? 

Je mehr ich denke – und ich denke einfach viel zu viel – steigt ein bisschen Angst in mir auf. Ich glaube, ich habe zu viel Zeit. Nadelfilzen ist nicht meins, das habe ich festgestellt – mein Daumen mag es nicht … Oder meine Fantasie ist lahmgelegt, denn Mäuschen, Schmetterlinge und eventuell Zwerge oder andere Märchenfiguren, dazu sehe ich keinen Sinn, diese herzustellen/zu basteln. Alles, was ich mache, sollte auch noch ein Quentchen praktischen Hintergrund haben – zumindest mir gefallen und meine Machwerke mag ich nicht, zu unperfekt und irgendwie unfertig. 

Ich lerne jetzt Socken stricken! Aber was mache ich mit meinem geschundenen Körper? Jedes kleine Piep verunsichert mich!

Kuddelmuddel

leere Wartezimmer

Dennoch unendliche Wartezeiten! Mein zweiter Nachsorgetermin ist wieder warten, warten, warten! Aber meine Blutwerte könnten nicht besser sein. Dass ich zu viel von mir verlange, das bemängelt die Ärztin. „Sie sind furchtbar,“ sagt sie mit einem Lächeln;  „Sie wollen drei Schritte auf einmal machen! Einer reicht doch auch …“
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