Alltag, Behinderung, Familie, Gedanken, Kuddelmuddel

Alltag | schon Juni

Dieser Sommer kommt spät, aber sicher nicht zu spät. Im Grunde genommen, kommt alles immer rechtzeitig, auch wenn es vordergründig nicht so scheint!

Diese kleine Reihe von Ulli, vom Alltag zu erzählen, ertappt mich immer dann, wenn es bei mir Nackenschläge gegeben hat. Und die Nackenschläge treffen besonders hart, wenn etwas vorher schön war. 

Am letzten Tag im Mai habe ich, leider viel zu kurz, eine langjährige Freundin endlich einmal wiedersehen können. Dass es Carsten so schlecht geht und er nicht lange aushalten konnte, stark abgebaut hat in der warmen Sonne und dass er nörgelig wurde und nach Hause wollte, das konnte ich nicht ahnen, denn dann wäre ich ohne Junioren zum Treffen gegangen. So hatte ich kaum Gelegenheit ein gutes Gespräch zu führen – meine Gedanken sind hin und her gesprungen, waren bei den Kindern, meiner Begleitung – ob sie auch gut versorgt und nicht überstrapaziert ist – meine Gedanken waren bei meinen Fragen an die Freundin und meine Gedanken waren nirgends und überall. Nur nicht im Hier und Jetzt!

Carsten macht mir Kummer! Sein körperlicher Zustand ist – nicht nur für mich – beängstigend. Da braucht es nicht viel um mich aus der Bahn zu werfen. Da bräuchte ich Stabilität und habe sie nicht. 

Nicht nur Stabilität habe ich nicht, sondern auch  – aber das kennen die Leserinnen hier – auch einen vertrauten Menschen habe ich nicht, dem ich Auge in Auge, von Angesicht und auch manchmal in den Arm nehmend, meine Angst schildern kann. Da ist der Sommer auch kein Trost. Wenn mir denn dann noch kleine Nickelichkeiten des Vermieters an den Kopf geschmissen werden, die stark unterhalb der Gürtellinie sind, die Baustellen vor der Haustür mich ständig einen neuen Parkplatz suchen lassen, weil die Gemeinde mir immer noch keinen Behindertparkplatz ausgewiesen hat und die Palisaden zum Nachbargrundstück peu a peu wegbrechen und uns den Zugang zum Haus erschweren, dann ist ein vollgepisstes Bett und umgekippte Cola Pipifax. 

Der ganz alltägliche Kram, das Überleben sichern von Carsten, die Betreuung der Junioren – die unterschiedlicher nicht sein könnten, jedoch „Arsch auf Eimer, Topf auf Deckel“ sind – diese Herausforderung ist anstrengend und wunderbar zugleich. Ein Alltag, der für mich selbstverständlich ist und den andere – das weiß ich – nicht bewältigen könnten. Darauf bin ich stolz und doch hätte ich es gerne manchmal ein bisschen leichter.

Heute ist der Sommer da. Auch heute werde ich unser Leben meistern und es wird sich rechtzeitig alles finden.

Wenn ihr wollt, könnt ihr uns gerne etwas in den imaginären Hut werfen!

 

Familie, Kuddelmuddel

Scheißspiel

Meine Eltern haben uns Kinder zu Egoisten erzogen. Bei mir wurde dieser Zahn relativ schnell gezogen – auch deswegen, weil ich 2 behinderte Kinder habe. Egoismus finde ich per se gar nicht so schlecht, nur sollte man dabei den anderen nicht aus dem Auge verlieren und verletzen. Das tut ein Großteil meiner Geschwister. Besonders meine blöde Schwester – ich werde keine Rücksicht mehr nehmen, sie tut es auch nicht. Heute bin ich mittelprächtig angepisst, ich fühle mich beschissen und kann nicht einmal genau sagen warum!

Der Kerle hat versprochen, nicht zu kotzen. Mein Kardiologentermin war, gelinde gesagt, unbefriedigend bis gut. Einen Termin beim Pneumologen zu bekommen, gestaltet sich außerordentlich schwierig: „Dieses Jahr haben wir keinen mehr frei!“ Dieses Jahr! Es ist Ende Mai! Ich habe geredet, mit Engelszungen geredet – zugegeben etwas weinerlich – aber ich habe vorzeitig einen Termin bekommen. Mit Wartezeit! Und die Zusage, dass, wenn jemand absagt, ich angerufen werde! Denn, meine Probleme, sind keine Herzprobleme – es ist die verdammte Lunge. Dies bescheuerte Lungenemphysem, dabei habe ich nicht richtig geraucht. Dass mein Herz okay ist, hat mich beruhigt, aber, dass meine Lunge so viel schlechter geworden ist, gefällt mir nicht. Baustellenverschiebung!

Inzwischen hat Carsten doch wieder Wechselwäsche an. Dicke Wollsocken habe ich inzwischen keine sauberen mehr – ich kann nicht stricken, Carsten braucht reine Wollsocken und da möglichst welche mit sehr dichter dicker Wolle!

Ich/wir leben – so habe ich das Gefühl – in einem Kokon! Das, was in der Außenwelt passiert, kommt nicht richtig rein, weil es einfach zu wenige Berührungspunkte gibt. Ich merke es am Zusammenspiel mit meinen Geschwistern. Ihr Leben ist ein komplett anderes. Berufsleben ist trillionenweit entfernt – sie leben in ihrer Welt und so sehr ich mich auch bemühe, ich komme nicht rein! Ein Zeitproblem, wenn andere ausgehen, bin ich daheim bei meinen Junioren! Sie könnten mich besuchen kommen oder ich sie – wenn denn die äußeren Bedingungen stimmen täten!

Angefangen habe ich diesen Beitrag heute Morgen mit einem Mordsgroll auf meine Geschwister, auf ihre Ignoranz mir in keiner Weise zu antworten, auf die Art und Weise wie sie leben, auf ihre Unabhängigkeit und ihren Egotripp. Aber woher sollen sie es wissen, unsere Eltern haben auch nur sich selber gesehen …

Sorry, aber das musste raus!

Behinderung, Familie

es fängt schon wieder an

Heute ist der zweite Tag, an dem Carsten mit Wechselklamotten nach Hause kommt! Angekündigt hat es sich schon am Morgen – beziehungsweise das war ja auch schon die Fortsetzung von gestern. Der Kerle kotzt wieder! Warum? Keine Ahnung.

Der Urlaub war gut. Er hat gegessen. Sehr wenig, zu wenig, aber Carsten hat zumindest nicht gekotzt! Mein Sohn sieht beschissen aus – grau, dürr und er ist unkonzentriert, jetzt wieder unterzuckert und zittrig. Carsten redet wirr.

Ich habe Bauchschmerzen, mir ist schlecht, ich mache mir heftige Sorgen und weiß nicht was ich machen soll. „Was wollen Sie?“, das fragte mich eben die Dame der Krankenkasse bei der Ernährungsberatung. „Haben Sie es schon mal mit Astronautenkost probiert?“ Ich bin es leid, immer wieder neu erklären zu müssen, worum es eigentlich geht. Was mein Problem ist – was Carstens Essensproblem ist. Mich kotzt das auch so langsam an …