Kategorie: Behinderung

bis zum Hals

… klopft mein Herz!

Es soll nicht so dramatisch erscheinen – für mich ist es das aber trotzdem. Die Dramatik liegt im einzelnen Betrachten und ist auch im Grunde nichts Besonderes, weil andere Menschen andere Situationen als beklemmend empfinden und darin ihre Dramatik sehen.  Hui, ganz schön viel Allgemeinplätze.

Konkret ist es so, dass ich auf wackligen Beinen stehe. Mir zieht’s den Boden unter den Füßen weg – buchstäblich. Mein zusammengeschustertes Helfergerüst hat eine massive Schieflage erhalten, weil die Haupthelferin – aus triftigen persönlichen Gründen – sehr kurzfristig ausgefallen ist, ja vielleicht sogar gar nicht wieder kommt. Um in Bildern zu bleiben, hänge ich mehr schlecht als recht an einem dünnen Seil im klapprigen Gerüst und mache die gesamte Freizeitgestaltung und Pflege alleine.  Das, so könnt ihr mir glauben, ist nur für einen kleineren Teil ein Problem. Wir sind ein eingespieltes Team und die Routinen flutschen. Morgens gibt es zwar immer wieder Gezeter und wir motzen uns auch schon mal gehörig an, aber eigentlich gehört das zu einem normalen Familienleben dazu. Die Abende sind manchmal langweilig und eben unsere Essenszeiten. Ein Hauptthema – unser roter Faden, mein Angstthema. Die Angst davor, dass Carsten verhungert und nicht nur meine Angst. Wiebke hat sie auch. Da täte uns ein Helfer (egal ob Mann oder Frau, aber couragiert sollte die Person schon sein) gut. Jemand mit Ideen, wie wir die Tischsituation entzerren können, oder wie und wo und was wir essen können. Denn es ist ein zentrales Thema – essen muss der Mensch. Aber genau das überfordert potentielle Helfer. Jemand Außenstehendes kann gar nicht begreifen, dass Nahrungsaufnahme so ein Kampf sein kann…

Und tatsächlich richtet sich auch die Freizeitgestaltung daran aus. Wenn wir zum Beispiel schwimmen gehen, dann isst Carsten anschließend wenigsten ein bisschen. Schwimmen gehen, kann ich aber nicht alleine mit zwei körperbehinderten Menschen, die im Wasser Schwimmflügel brauchen. Wenn ich mich umhöre und frage, ob jemand mitgeht, traut sich das kaum jemand zu – dabei sind der Kerle und das Töchting Meisterwasserratten.

Zu Konzertbesuchen begleitet uns auch (fast) niemand – dabei ist auch das eigentlich kein Hexenwerk. Rolli schieben, trinken anreichen, gucken, dass es den beiden gut geht – einfach miteinander Spaß haben und vielleicht mal Wiebke aufs Klo setzen, wenn’s kalt wird Jacken anziehen – eben ein bisschen mitdenken.

Museumsbesuche machen wir inzwischen alleine, das geht schon – macht aber mit anderen natürlich mehr Spaß und ich könnte mir die Exponate auch mal angucken und müsste nicht ständig ein Auge auf zwei Rollis haben, die eventuell irgendwo anecken könnten.

Für all diese Helfer habe ich ein bestimmtes Budget zu Verfügung. Die großen Hilfsorganisationen würden mich auch gerne bei der Suche nach geeigneten Kräften unterstützen, verlangen aber für ungelernte Hilfskräfte 26.89€ in der Stunde. Das ist dann keine Heilerziehungspflegerin, Krankenschwester oder ähnliches – oft ist es ein junger Mann oder eine junge Frau, denen ich sagen muss, was sie machen sollen – und das ist im Grunde eine Mehrarbeit für mich. Es sind Wirtschaftsbetriebe und haben einen Rattenschwanz an Verwaltung – ganz abgesehen davon, dass sie auch keine Leute finden. Ich kann diesen Preis nicht bezahlen – allein schwimmen gehen dauert mindestens 6 Stunden!

Mir bleibt jetzt die Möglichkeit privat zu suchen, mit Aushang – doch wer hängt noch aus? Die Fachhochschulen haben keine schwarzen Bretter mehr und virtuell, so sagte mir die Sekretärin, müsste ich ein klar umgrenztes Aufgabengebiet aufzeigen. Kann man das mit Menschen, mit besonderen Menschen? Wo bleibt da die Spontanität?

Jetzt, da die Haupthelferin abgesprungen ist, liegen sogar Gelder brach. Wenn ich nicht nachweisen kann, dass ich diese ausgebe, werden sie mir für das kommende Jahr gestrichen.

12,50€ Stundenlohn gibt es bei uns. Eintritte in Veranstaltungen werden bezahlt, Fahrt ist frei, Essen und trinken auch. Es sollte jemand sein, der Spaß hat, mit Menschen zusammen zu sein, der selbst Ideen einbringen kann, deutsch redet – denn die Junioren können keine Fremdsprache… Solche Leute muss es doch geben, oder?

Wo habe ich angefangen? Bei meiner Angst, dass das momentane wacklige Gebilde auseinanderbricht – lange kann ich nämlich nicht mehr mit 180 Touren fahren.

…und wieder ist dies nur ein Kuddelmuddelbeitrag – lange nicht ausgereift. Mein unstrukturiertes Hirn bräuchte ein Meeting mit Fachleuten – nur bin ich eben nicht vernetzt.

Wenn ihr wollt, könnt ihr uns gerne etwas Gutes tun!

 

kein Botox, dafür unterirdische Werte

… und ein Besuch im Audiforum, leckeres Essen – wovon der Kerle mal wieder nichts gegessen hat – und ein ergaunertes Fernsteuerauto!

Aber fangen wir vorne an.  Das Nervengift hilft leider bei Carstens Schiefhals nichts, im Grunde ist diese Fehlstellung seinem verkorksten Rückgrat geschuldet. Die Wirbelsäule ist in jede Richtung verschoben, in sich gedreht und eine Operation ist schon vor Jahren nicht möglich gewesen. Carsten meinte nur zum Orthopäden: Dann ist es wenigstens gut, dass der Kopf nicht noch krummer auf dem Hals hängt! Botox würde lediglich ein bisschen Spannung herausnehmen, aber keine wesentliche Verbesserung bewirken.  Wärme ist gut und Entlastung, manuelle Therapie und Gymnastik. Möglichst viel Beweglichkeit aufrechterhalten, ohne zu überlasten. Sprich – die eierlegende Wollmichsau!

Bei der Knochendichtemessung sind alarmierende Werte ermittelt worden und auch da gibt es leider keine erfolgversprechende Therapie. Vorsorglich Calcium geben, mit all den bekannten Nebenwirkungen, lehne ich ab – denn jedes Medikament ist ein Eingriff in den Minikörper des Kerle!

War mal wieder ein Vormittag der unter dem Motto: Außer Spesen nichts gewesen,  lief!

Da wir aber nun schon in Neckarsulm waren, konnte ich den Junioren einen Wunsch erfüllen. Schon seit längerer Zeit pensen sie mich und wollen ins Audi-Forum, Neuwagen gucken! Für Selbstabholer gibt es ein hervorragendes Restaurant und da ich weiß, dass mein Töchting gerne auswärts isst, Großmutti sich auch sehr gerne verwöhnen lässt und ich die leckeren Speisen sehr zu schätzen weiß, habe ich einfach beschlossen, noch mal essen zu gehen. Es hat sich gelohnt! Carsten hat das Graupenrisotto zwar über den grünen Klee gelobt – gegessen hat er lediglich ein Löffelchen voll und einen Steinpilz…

Im Forum gibt es auch historische Fahrzeuge und einen Verkaufsshop. Und da stand es – das Fernsteuerungsauto, mit dem man sogar Probefahren konnte. Der Junioren Augen wurden größer, sie schauten ihre Großmutti an, sie schauten die Verkaufsdamen an, sie schauten mich mit blauen Rehaugen an und gemeinsam – keine Ahnung, wie das geschehen konnte – hatte wir uns zusammengetan, etwas gehandelt, den Preis gedrückt und der kleine rote Flitzer gehört nun den beiden, ach so bemitleidenswerten Menschen in den flotten Rollstühlen. Wer jetzt  wo Kompromisse gemacht, schlussendlich egal – für einen Spottpreis fährt – wenn ich denn endlich Batterien besorge – das ferngelenkte Auto durchs Haus!

Zwei grinsende Menschen sitzen mir gerade gegenüber …

 

geht auch ohne Überschrift

So dieses Gedicht:

Was wäre
wenn Mut

sich erhöbe
und flöge

glücklicher
Friede

©petra ulbrich

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…und dann habe ich mal wieder nichts gemacht  -wie durch Geisterhand haben sich meine Einstellungen für die Tonaufnahme geändert. Nein, nein, ganz bestimmt habe ich nichts dran gedreht. Nur nachgeguckt, warum der Ton so laut ist und dann habe ich ihn geändert. Kann auch sein, dass ich damit eine winzige Einstellung verstellt habe – aber nur ganz wenig. Nee, damit unterbreche ich doch nicht die Aufnahme, wenn ich nichts sage.

Ein kleiner Fehler, noch nicht einmal bewusst gemacht – denn dann wüsste ich, was ich gemacht habe – dieser kleine Einstellungsfehler bringt mich an einen anderen Wahnsinn. Ich kann gerade keine Gedichte einsprechen! Ich habe selber schuld – natürlich und ich weiß auch, dass ich das wieder hinkriege. Solche Problemchen sind gut, sie lenken ab, richten den Fokus auf andere Dinge.

Ab morgen haben die Junioren frei – ihre Großmutti kommt sie besuchen. Wir werden die Zeit nutzen und jeden Tag auf Achse sein. Museen besuchen, schwimmen gehen, vielleicht in einen Zoo, Zug fahren  etc. pp.

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