Behinderung

Mairegen lass mich wachsen

Wir wachsen alle über unsere Verhältnisse, werden geduldiger – notgedrungen! Der Mai bringt Regen. Gott sei Dank! Meine Kräuter wachsen. Wir werden in anderer Sache geduldig sein müssen und das hat nichts mit wachsen zu tun, eher etwas damit, dass nichts wächst, nichts größer wird und Carstens Hals und Rücken vollständig in Beschlag nimmt. Diese vermaledeite Pilzinfektion  verschwindet auch mit guter Pflege nicht.


Der Kerle ist kaputt – ja, so sagt er es selber: „Mama, ich bin völlig kaputt!“ Er hat winzige Augen und ich bin verleitet ihm Handschuhe anzuziehen. Solche, die er als Baby hatte, damit er sich seine allergiegeschundene Haut nicht aufkratzt. „Du, Petra!“ manchmal, sehr oft nennt er mich einfach beim Vornamen: „Du Petra, es ist saublöd – am liebsten würde ich mich nackt in den Regen stellen oder Dauerduschen, dann juckt’s nicht so!“ Salbe reicht also nicht! Carsten braucht anscheinend doch ein Antimykotikum zum Einnehmen. Unser Doc ist da sehr skeptisch, weil es wohl auch den Appetit beeinträchtigt und das kann Carsten gar nicht gebrauchen. Was machen wir? Geht ja gut los – der Mai!

Behinderung, Kuddelmuddel

Eric Bibb

Ich hab‘ den Blues – wir leben in den Tag hinein. Der Kerle hat gestern bis 4 Uhr gedaddelt, ich war hundemüde und habe in der Nacht, wie ein Kleinkind in Mutters Schoß geschlafen, Carsten dagegen war hellwach! Böse kann ich ihm nicht sein, es ist sein eigener Schaden oder Vergnügen  – je nach dem wie man es sieht! Dabei ist der blöde Hautausschlag – er hat eine heftige Pilzinfektion am Hals und auf dem Rücken, niemand aus der Wohngruppe war mit ihm beim Arzt – ich bin deswegen mittelprächtig sauer – der Ausschlag ist zum Glück nicht mehr so stark, aber auch nur deswegen, weil ich gleich am Dienstag mit ihm beim Arzt war und eincreme und 2stündlich salbe. Damit nicht zum Arzt zu gehen, war grob fahrlässig.

Es ist der 1. Mai. Es gab keinen Tanz in ihn hinein, es gibt ( hier) keine Demos und nicht genug Regen. Den Kerle werde ich pennen lassen und das Töchting wird bald baden  …

Behinderung, Kuddelmuddel

Intermezzo

Auch wenn ich nicht über Carstens Esserei schreibe, so ist sie dennoch ein angstbeladenes Dauerthema. Momentan sogar noch verschärft, da Wiebke auch streikt und beide fast nichts trinken. Jeden Tropfen, wirklich jeden Tropfen rede ich meinen Kindern ein. Es darauf ankommen zu lassen, dass sie ja, wenn sie Durst hätten, bestimmt selber danach verlangen würden – das kann ich nicht riskieren, denn richtiges Durstgefühl haben sie nicht. Gestern hatte ich bei Wiebke vergessen, ständig zu motivieren und prompt war sie unleidlich, hatte sehr trockene Lippen und war sogar ein bisschen desorientiert. 

Heute hat Carsten auch Daheim gekotzt. Er hat viel zu schnell getrunken – der Schuss ist also nach hinten losgegangen. Denn zu dem, was er getrunken hat, kam auch noch das wenige was er vorher gegessen hat wieder raus.  

Eigentlich ist das mein täglicher Kleinkram. Jeden Tag von morgens an, immer in Habachtstellung mit den Ohren im Juniorenzimmer, wenn ich nicht von einem zum anderen flitze. Versteht mich nicht falsch, die Arbeit ist mir nicht zu viel – aber ich möchte es nur noch mal in Erinnerung rufen. Eltern unter euch kennen das – es ist so ähnlich, als sei das Kind drei Jahre alt – ständig und das über Jahre, ja sogar Jahrzehnte…