Behinderung

Vorsicht

Angst ist eine schlimme Krankheit, die außerdem die Tür zu anderen Krankheiten öffnet.

Viele von uns haben heute Angst. Auch ich habe Angst. Angst vor der Zukunft, Angst vor der Arbeitsüberlastung, Angst davor zu wenig Geld zu haben, zu wenig Zeit für mich. Die Kunst ist, heute gelassen zu bleiben, Gottvertrauen zu entwickeln und in aller Ruhe das Richtige zu tun. Doch was ist das Richtige? Wie schaffe ich es mit den Mitarbeitern der Lebenswerkstatt zu sprechen, ohne dass sich eine Partei auf den Schlips getreten fühlt. Sie sind unterbesetzt und zum großen Teil neu, kennen die Menschen nicht richtig und obendrein ist Pandemiezeit. Ich, als Mutter sehe aber, dass einiges im Argen liegt. Nur wird nicht kommuniziert! Der Kerle kommt immer wieder mit voll gespuckter Wäsche heim und erzählt: „Es gab Stress! Ich habe es nicht geschafft! Die Mitarbeiter haben mich in die Küche gestellt!“ Wiebke bringt ihr Frühstück unangetastet wieder heim und das, was ich ins Mitteilungsheft schreibe, wird nicht abgezeichnet!

Mich bedrückt das. Die Junioren sind unausgeglichen und kommen gestresst heim. Ich muss dann versuchen, das was sie in der Werkstatt nicht gegessen und getrunken haben Zuhause in sie hineinzureden …

Behinderung

es geht wieder los

Schon wieder! Ich mag nicht mehr! Darüber will ich auch nichts schreiben – es ist viel zu nervenaufreibend. Meine Nerven, die der Junioren und wahrscheinlich auch die, der Mitarbeiter in der Lebenswerkstatt. Wenn diese denn wenigstens kommunizieren würden? Irgendwas läuft schief. Der Kerle kotzt wieder regelmäßig, das Töchting trinkt genauso wenig wie er und zudem bringt sie ihr Frühstück wieder mit heim.

Ich weiß, dass die Abteilung unterbesetzt ist – ich weiß tatsächlich mehr, als andere Angehörige, weil meine Junioren reden können. Aber was ich ihnen glauben kann, das weiß ich nicht. Die Mitarbeiter hüllen sich in Schweigen und das klärende Gespräch, das ich mit deren Vorgesetzten geführt habe, hat nichts gebracht. Es werden noch immer keine Mitteilungsheftnotizen abgezeichnet. Ich weiß also nicht, ob sie überhaupt lesen.

Was mich am meisten belastet ist, dass meine Junioren irgendwie versorgt werden und diese blöde Pandemie hindert mich daran, ein Gespräch mit allen Beteiligten zu führen. Sie haben eh schon keine Zeit, die notwendigen Arbeiten zu machen, da ist ein außerplanmäßiges Treffen erst recht nicht drin.

Behinderung

und da ist

Da ist dieser weiße Fleck auf meinem Handy – irgendeine App oder ein Lesezeichen. Ich könnte nachschauen was es ist, aber ich mag es gerade nicht. Mögen tue ich grad gar nichts.

Es ist kurz vor einundzwanzig Uhr und dieser Tag hat mich geschafft. Zwei Menschen mit Halsweh und Kratzestimme, aber fröhlich sind sie allemal. Was legales Cannabis doch bewirken kann? Dem Kerles Rückenschmerzen sind, so sagt er: „Wie von Geisterhand verflogen!“ und des Töchtings Hüfte tut lange nicht mehr so weh! „Da nehm‘ ich doch gerne ein bisschen Halsschmerzen in kauf!“ Nur gegessen haben sie wieder nichts und getrunken auch nur das, was ich ihnen in den Hals geredet habe.

Sie sind just im Bett und wollen morgen in die Werkstatt – mal schauen was draus wird? Ich bin kaputt und dennoch froh, dass meine Schulter nicht schlapp gemacht hat. Vielleicht trinke ich noch einen GinTonic und dann habe ich die nötige Schwere und schlafe hoffentlich fest in Morpheus Armen.

Da interessiert mich ein weißer Fleck auf dem Handy einen Dreck…