Gedanken

vergiss den Gesang des Augenblicks nicht

Kaffeeduft liegt im Schlafzimmer, es ist Montagmorgen und eigentlich noch viel zu früh. Zu kurz war die Nacht. Erst konnte ich nicht einschlafen und dann bin ich auch so zeitig aufgewacht.

Ist das eigentlichen ein Altersthema? Wo bleiben meine Altenthemen? Ich bin’s doch auch inzwischen. Alt! Ich kann da gar nicht mitreden. Schon wieder nicht mitreden. Hab kein Interesse daran, jedes Zipperlein zu kommentieren und zu erzählen. Es ermüdet mich. Wenn zum Beispiel die Pastorenfreundin – ja, es gibt sie noch – jedesmal wenn wir telefonieren erst einmal eine Viertelstunde von ihren Blähungen und den Magenproblemen, samt Rückenschmerzen und Schmerzmitteln erzählt, wohlweislich fast immer wortwörtlich dasselbe, dann bin ich schon mal gemein, sie sieht mich ja nicht und lege den Hörer aufs Küchenbord und erledige nebenbei meine Arbeit.
Aber auch ich ertappe mich, dass ich von Wehwehchen erzähle. Von der Atemnot. Vom Luft holen und ich denke, das ist nicht nur somatisch, da spielt die Psyche eine große Rolle. Ich werde älter. Auch mir tut hier und da was weh. Ich versuche es so weit wie möglich zu verdrängen. Wie geht ihr damit um? Wir haben keine Waage im Haus. Kein Blutdruckmessgerät. Jetzt einen Pulsoxymeter. Und an Schmerzmittel nur die Cannabistropfen der Junioren. Ich habe eine Schmerzmittelallergie. Darf nur Opiate, bei allen anderen freiverkäuflichen bekomme ich einen anaphylaktischen Schock bzw. schlimme Urtikaria.

Oh Himmel, jetzt habe ich doch so viel übers Kranksein geschrieben. Dabei zieht mir der frische Kaffeeduft in die Nase und ich freue mich auf den ersten Schluck. Mit Milch, ohne Zucker, heiß und ganz allein für mich im Bett. Es ist Montag. Die Woche fängt an. Eine, hoffentlich ohne Ausreißer nach unten und oben …

Veröffentlicht von piri

Ich bin ganz schön viel und ganz schön wenig, ich bin Mutter, Hausfrau und Dichterin in allen Lebenslagen. Im Autismus-Spektrum bin ich obendrein. In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ❤️ | ✨ Kommentare sind herzlich willkommen.

6 Gedanken zu „vergiss den Gesang des Augenblicks nicht“

  1. Richard Horn sagt:

    Ich bin auch schon wach… Senile Bettflucht…

    Ja, vielleicht ist das ein Altersding… Mein Schlafmuster hat sich verändert. Ich schlafe kaum länger als vier oder fünf Stunden am Stück. Dafür habe ich mir einen späten Mittagsschlaf angewöhnt. Oder ich döse abends vor dem Schlafengehen schon mal eine Stunde weg,

    Ansonsten geht es mir unverschämt gut. Ich fühle mich nicht alt (mit 62 Jahren), und bei Gesprächen über die üblichen Wehwehchen kann ich nicht mithalten.

    Verdient habe ich das nicht, denn ich treibe wenig Sport und esse, was mir schmeckt.

    Vielleicht tut mir ja die Siesta am Nachmittag gut…

    Liebe Grüße von Richard

    1. piri sagt:

      Nun, dann frisch ans Werk!

  2. B. sagt:

    Ich schlafe ähnlich wie du. Ich bin oft nachts wach. An anderen Tagen wache ich sehr früh auf. Ich merke einfach, dass man im Alter empfindlicher wird. Stress merke ich sofort oder wenn mich etwas belastet.
    Ich versuche meine gesundheitlichen Probleme selbst zu lösen, wenn es geht. Ich lese viel darüber nach. Das geht aber nicht immer und dann gehe ich zum Arzt.
    Aber reden tue ich eigentlich nie darüber. Ich sehe es als einen Prozess an, den wir durchleben.

  3. Margrit CH sagt:

    Ich bin mein ganzes Arbeitsleben um 5 aufgestanden und das ist mir als Rentnerin immer noch im Blut.
    Ich habe schon seit ca. 50 Jahren meine Baustellen. Manchmal fühle ich mich am Morgen uralt. Ich sage mir, jammern hilft nicht, ich mache das beste draus und irgendwie geht es. Ich habe das Privileg einfach mal nichts tun wenn es arg schmerzt. Die Arbeit rennt nicht davon, leider.
    Ich weiss, du hast sehr viel um die Ohren. Ich finde du machst es sehr gut und darfst auch mal jammern.
    Euch wünsche ich eine gute Zeit ohne viele Katastrophen.

  4. Edith sagt:

    Piri, auch ich zähle mich zu den Alten, ach, ich bins. Aber auch ich bin immer nur die Zuhörerin, kenne von vielen so viele Leiden. Würde diese Menschen jemand fragen, wie gehts eigentlich Edith? Kaum jemand könnte da eine Antwort geben. Was soll das auch, mit solchem Austausch wird niemand gesünder, es zieht einen eher runter. Sitzen wir im Freundeskreis zusammen, dann sage ich zu aller erst: Es wird nicht über Krankheiten gesprochen. Glaubs, es gelingt nie.
    Dir einen frohen Montag weiterhin.
    herzlich, Edith

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