Heute Morgen, ich stehe auf und friere. Dabei ist es bei uns im Süden nur windig und lange nicht so kalt, wie schon im Norden. So unverhofft wie der Sommer gekommen ist, so unverhofft ist er gegangen. Nein, nein ich glaube es nicht, denn durch die grauen Wolken scheint sie doch, die Sonne! Ein Licht, das schon an den Herbst erinnert und das ich noch nicht sehen will. Mit bloßen Füßen über die Wiese gehen ist ein anderes Gefühl, als gestern und auch der Wind bläst mir unsanft ins Gesicht. Schon schiebt sich eine Wolke vor das Licht, die Stimmung ändert sich und auch mein Bauchgefühl erzählt mir, dass eines meiner Leibgerichte nicht mehr weit entfernt ist. Noch sind die Birnen nicht reif und die Bohnen brauchen die Restsonne um grün zu werden – oder täusche ich mich und alles steht schon bereit? Ich bin keine Landfrau, werde es nie werden und mein Garten ist einer, in dem kein Gemüse wächst. Schrebergärten gibts hier nicht und der Wein hängt auch noch an den Reben. Nicht mehr überall. Erst gestern hat Carsten einen Vollernter gesehen und bekannte Wengerter sind auch schon zur Vorlese in die Weinberge gezogen. Bald, sehr bald wird vor unserer Haustür der Verkehr an Traktoren zunehmen, mit Anhängern voll Trauben. Erst die weißen, dann die roten! Wenn die Trecker rollen, dann sind auch hier die Sommerferien vorbei. Es wird noch schöne Tage geben. Der Herbst wird sonnig sein. Die kleinen Fliegen werden fliegen. Der Wein geerntet sein. Es wird regnen, endlich mal ein bisschen länger. Wir werden uns deswegen beschweren. Wir wollen die Sonne wieder und erinnern uns nicht an 38 °C, wenn es nur 18 °C sind. Die Junioren werden frieren, besonders Carsten und ich werde die Fensterbänke freiräumen, um besser lüften zu können.
Dieser besondere Sommer beginnt zu schwächeln. Aber nur die Jahreszeit. Die Besonderheit wird in den Herbst getragen und in den Winter und in den Frühling und den nächsten Sommer … Wird es noch einmal so sein, wie früher?
Annett Kuhr – ich habe sie wiedergefunden! Diese Stimme bringt mich heute auf den Boden zurück.
Wolfgang sagt:
Wird es noch mal so sein wie früher? In den Gedanken ja, aber sonst, nein. Es gibt kein wie früher mehr, bis auf die „Kleinigkeiten“ im Alltag. Dein Gefühl heute hatte ich eben genau so und werde auch noch darüber schreiben…
piri ulbrich sagt:
Zu Carsten sage ich: Es wird nie wie früher sein. Die Zeit ändert sich, wir ändern uns und wir machen immer das, was gut erscheint. Ob es gut ist, zeigt die Zeit. Aber zurückdrehen können wir nichts und das ist auch gut so!
dergl sagt:
Ich mag deinen letzten Absatz. Ich sprach letztens mit dem Kind darüber, wie er diesen Sommer empfindet, da für ihn ja nun einiges ganz anders ist (er kann auch nirgendwo mehr alleine hin, weil man durch Masken eben kein Mundbild sieht, was bedeutet, er kann sich nicht mal mehr selber Döner kaufen, was hier zeitweise zu großen Spannungen geführt hat) und sein Tonus war, ja, es ist alles scheiße [ich würde nicht sagen alles, aber es hat sich sicher einiges nicht positiv verändert], aber es ist auch gut, weil die Hörenden und die Nichtbehinderten sich jetzt auch mal verändern müssen und nicht immer nur wir alles weggenommen bekommen, die sind jetzt auch mal dran. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Wobei es mich freut, dass er seine positive Grundstimmung behalten kann. Er hätte genügend Grund einfach nur dauergereizt zu sein.
Ich persönlich war froh als ich am Wochenende das Steppbett wieder einziehen und die Kleidung im Schrank umräumen konnte, aber das liegt daran, dass ich schmerztechnisch mit warmen Wetter nicht gut klarkomme. Außerdem ist es morgens jetzt wieder dunkel wenn ich aufstehe, das tut mir auch gut. Ich fühle mich oft schon gehetzt, wenn ich wach werde und es ist hell. Im Dunkeln ist noch alles ganz in Ruhe.
piri ulbrich sagt:
Dass es morgens dunkel ist, wenn ich aufstehe, das begrüße ich auch sehr. Ich mag es nicht bei Hellem ins Bett zu gehen und wenn’s schon hell ist, wieder aufzustehen. Im Sommer schlafe ich definitiv zu wenig!
dergl sagt:
Ich auch. Ich muss wegen schlechter Sauerstoffversorgung des Gehirns für die Neurologie unter anderem Schlafdauer dokumentieren und ich kam im Sommer – also spät dunkel und früh wieder hell – oft auf mehrere Nächte pro Woche mit maximal zwei bis drei Stunden Schlaf. Das und dazu schon dieses angespannte Aufstehen – nicht gut, weder körperlich noch seelisch. Ich hoffe, dass sich das jetzt wieder gibt. Jetzt ist morgens um kurz vor fünf noch dunkel, da kann man die Psyche austricksen Guck mal, Psyche, es ist noch gar nicht Tag, du brauchst noch gar nicht los zu stressen und kannst jetzt erstmal Kaffee trinken und du brauchst auch gar nicht Licht anzumachen, denn hier ist dein LED-Kerzchen und so was. Das fühlt sich schon besser an, dann wach zu werden. Ich habe morgens auch nicht sofort Nachrichten oder irgendein Geflimmer an, das passt schon.
(Ja, ich weiß, LED-Kerzen geben nicht so schönes Licht wie echte Kerzen, aber ich möchte nicht durch eine ungelenke Bewegung das Haus in Brand setzen.)